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Bauhaus- und Tessenow-Schülerinnen - KOBRA - Universität Kassel

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„Apartment für eine berufstätige Frau”, 1930, Geyer-Raack, Gr<strong>und</strong>riss<br />

Raack hier eine räumlich flexible Trennung von<br />

Wohn- <strong>und</strong> Schlafbereich vor, die zur Erweiterung<br />

des Raumerlebnisses aufgehoben werden kann. Im<br />

Unterschied zu den in Tag- <strong>und</strong> Nachtnutzung verwandelbaren<br />

minimierten Ein-Raum-Wohnungen dieser<br />

Jahre bieten solch großzügigere Ledigenwohnungen<br />

den Komfort einer abgeschlossenen Küche <strong>und</strong><br />

die Möglichkeit der getrennten Nutzung beider Bereiche.<br />

In der Klarheit der Möblierung entspricht der<br />

Gr<strong>und</strong>riss Geyer-Raacks der 1928 von Norkauer vorgestellten<br />

- wesentlich kleineren - Wohnung für eine<br />

berufstätige Frau.<br />

1933 spricht Gustav Adolf Platz davon, dass die gegenwärtige<br />

Architektenschaft „mit dem Rüstzeug einer<br />

neuen Gesinnung <strong>und</strong> einer klaren Formenanschauung<br />

(..) entsprechend der soziologischen Situation<br />

der Gegenwart diejenigen Wohnungstypen weiter<br />

(..) bildet, die einer starken Schicht von heutigen<br />

Menschen entsprechen“, da „die Verselbständigung<br />

der Frau <strong>und</strong> die Not unserer Zeit einen neuen Menschentyp“,<br />

nämlich die berufstätige Frau geschaffen<br />

habe. 132<br />

Spätestens seit 1929 gehört Katt Both diesem neuen<br />

Menschentyp an. Als Entwerferin findet sie in dem<br />

von ihr bewohnten Zimmer in Berlin auch eine räumliche<br />

Lösung: Ein kompromisslos nur mit einem Sessel,<br />

einem Tisch <strong>und</strong> einer Schlafcouch ausgestattetes<br />

Zimmer. 133 In diesem bereits eingangs gezeigten,<br />

mit großflächigen, orangefarbenen Trolit-Insulite-Platten<br />

verkleideten Zimmer lässt die reduzierte Konstruktion<br />

der frei arrangierten Stahlrohrprototypen<br />

deren Materialität stark hervortreten. In der von Hans<br />

Luckhardt in aufwändigem Tiefdruck herausgegebenen<br />

Bürodarstellung befindet sich eine Abbildung<br />

dieses ‘Damenzimmers’, zu dem - im Unterschied zu<br />

den anderen hier präsentierten Projekten - alle weitergehenden<br />

Angaben fehlen. 134 Hier ist eine ebenso<br />

Blick vom Schlaf- in den Wohnbereich <strong>und</strong> vice versa<br />

eigenwillige wie selbstbewusste Vorstellung eines<br />

Zimmers einer berufstätigen Frau zu sehen.<br />

Wie definieren Architektinnen dieser Generation nun<br />

den ‘room of her own’? Als erkennbar von ihnen in<br />

Besitz genommene Orte? Als Räume, die die Vereinbarkeit<br />

von Berufs- <strong>und</strong> Familienrolle ermöglichen<br />

sollen? Wird die (Berufs-)Tätigkeit der Bewohnerin<br />

eher traditionell kaschiert oder modern abgebildet?<br />

Als Gertraude Herde 1949 ihre Häuser in Nordstemmen<br />

nach <strong>Tessenow</strong>schem Vorbild entwirft, steht die<br />

Geschlechterhierarchie nicht in Frage. Und als Wera<br />

Meyer-Waldeck 1962 bei der Planung eines modernen<br />

Studentinnenwohnheimes die modernen Bedürfnisse<br />

der Bewohnerinnen berücksichtigt, denkt sie<br />

auch an die ‘Studentinnen-Autos’. 135<br />

Offenbar sind eigenständige Lebens- <strong>und</strong> Wohnformen<br />

von Frauen nach 1945 kaum mehr ein Thema.<br />

Bildeten sich in dem 1930 von Marlene Poelzig in der<br />

Tannenbergallee errichteten, eigenen Haus die professionellen<br />

Prioritäten der Hausherrin offen ab - in<br />

Ausschnitt aus dem Bonner Generalanzeiger, 6.11.1962<br />

Projekte, Bauten, Konzepte 255<br />

132 Platz, Gustav Adolf: Wohnräume der Gegenwart, Berlin, 1933,<br />

S.83 resp. S.66. Im folgenden bildet er Schütte-Lihotzkys<br />

Gr<strong>und</strong>risse für ein Frauenwohnheim <strong>und</strong> Studentinnenwohnheim<br />

ab. Ibid, S. 67<br />

133 Vgl. Abbildung S.212.<br />

134 Damenzimmer, in: Luckhardt, Hans: Zur neuen Wohnform. Architekten<br />

BDA Luckhardt <strong>und</strong> Anker, Berlin/Dahlem, Berlin,<br />

1930, unpag. Dieses lässt sich keinem Luckhardtschen Entwurf<br />

zuordnen. Vermutlich handelt es sich bei ihrer Nichtnennung in<br />

diesem Fall um jenen ‘casus knacksus’ ihrer Mitarbeit bei Luckhardt<br />

& Anker, die sie - enttäuscht über das Verleugnen ihrer<br />

Autorschaft - unterbrochen resp. beendet haben soll. Vgl. Petzinger,<br />

1984, S.47 - Schliephacke führt im Verzeichnis der Stahlrohrmöbelentwürfe<br />

Hans Luckhardts fünf um 1929 entwickelte<br />

Prototypen auf <strong>und</strong> erwähnt die im Damenzimmer abgebildeten<br />

Möbel nicht. Schliephacke, Fridtjof F.: Verzeichnis der Modelle<br />

<strong>und</strong> Entwürfe in: Akademie der Künste (Hg.): Brüder Luckhardt<br />

<strong>und</strong> Alfons Anker, Berlin, 1990, S.306. Das ausgeprägte Interesse<br />

an Stahlrohrmöbeln im Büro schreibt er Hans Luckhardts Begegnung<br />

mit englischen Flugzeugsesseln während einer Englandreise<br />

1934 zu, eine Plausibilisierung die schon aufgr<strong>und</strong> der<br />

Datierung kaum nachvollziehbar ist. Ders.: Erinnerungen an<br />

Hans Luckhardt, Ibid., S.98-110<br />

135 Artikel im Generalanzeiger Bonn vom 6.11.1962: Erster Spatenstich<br />

für Frühjahr 1963 geplant, Bauherr Studentenwerk Bonn<br />

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