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Bauhaus- und Tessenow-Schülerinnen - KOBRA - Universität Kassel

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Hilde Reiss<br />

[Hildegard Maria] Reiss, Dipl.Arch.<br />

geb. 16.9.1909 Berlin - gest. 14.9.2002<br />

Capitola, CA / USA<br />

Studium an der TH Charlottenburg 1928,<br />

an der Staatlichen Hochschule Weimar<br />

1929 bis 1930, am <strong>Bauhaus</strong> Dessau 1930<br />

bis 1932, Diplom<br />

wurde 1909 als Tochter der Journalistin<br />

Charlotte Dorothea geb. Ruhemann (geb.<br />

1886) <strong>und</strong> des Journalisten <strong>und</strong> Theatergründers<br />

Dr. Walter Arend Reiss (1882-<br />

1950) in Berlin-Charlottenburg geboren.<br />

Hilde Reiss wächst überwiegend bei ihrer<br />

Großmutter Selma Ruhemann in der Carmerstraße<br />

auf. Ihr Onkel Fritz Ruhemann<br />

ist Architekt, dessen Brüder sind Maler. 355<br />

Ihr Onkel Erich Reiss, gründete 1908 in<br />

Berlin den gleichnamigen Verlag.<br />

Hilde Reiss besucht die Fürstin-Bismarck-<br />

Schule in Charlottenburg, wo sie 1928 das<br />

Abitur ablegt um - wie das Abiturzeugnis<br />

ausweist - „Architektur zu studieren“.<br />

Sie immatrikuliert sich zunächst als Gasthörerin<br />

an der TH Charlottenburg <strong>und</strong> absolviert<br />

ihr Baustellenpraktikum im Frühjahr<br />

1929 bei der Fa. Ernst Kuhl in Lichterfelde.<br />

356 Ab dem Sommersemester 1929 studiert<br />

sie für ein Jahr an der Bauabteilung<br />

der Staatlichen Hochschule für Handwerk<br />

<strong>und</strong> Baukunst in Weimar. Diese wurde mit<br />

dem Weggang des <strong>Bauhaus</strong>es 1924 unter<br />

Leitung von Otto Bartning eingerichtet <strong>und</strong><br />

bietet ein praxisnahes Studium, in dem die<br />

Studierenden an Aufträgen der Lehrenden<br />

mitarbeiten. Ernst Neufert leitet die Bauabteilung,<br />

Cornelis van Eesteren bietet in monatlichen<br />

Kursen Städtebau an.<br />

Hilde Reiss wechselt nach zwei Semestern<br />

ans <strong>Bauhaus</strong> Dessau. Hier wird sie zum<br />

Wintersemester 1930/31 direkt ins 3.Semester<br />

aufgenommen. Sie fre<strong>und</strong>et sich im<br />

Studium u.a. mit Ernst Mittag <strong>und</strong> Waldemar<br />

Alder an, studiert zeitgleich u.a. mit<br />

Wilke <strong>und</strong> Müller. 357 Bei Engemann entwirft<br />

sie ein „Kinderheim” <strong>und</strong> ein „Wochenendhaus”,<br />

bei Alfred Arndt entstehen Möbelentwürfe<br />

<strong>und</strong> Möblierungsvorschläge. Bei<br />

einem Wettbewerb für eine Garderobengarnitur<br />

wird ihr Entwurf ausgezeichnet. In<br />

den Semesterferien volontiert sie bei Fritz<br />

Ruhemann, im Sommersemester 1931 ent-<br />

stehen nach Aufgabenstellung bei Hilberseimer<br />

Entwürfe für Kleinwohnungstypen<br />

<strong>und</strong> eine Volksschule. In den Semesterferien<br />

volontiert sie erneut, dieses Mal bei Alfred<br />

Gellhorn, der ihr hinsichtlich ihrer Mitarbeit<br />

an Möbel- <strong>und</strong> Fassadendetails, sowie<br />

an Schnitten <strong>und</strong> Ansichten der Siedlung<br />

Haselhorst attestiert, dass sie „flott<br />

<strong>und</strong> mit handwerklichem Verständnis (..)<br />

ebenso selbständig wie fertig ausgebildete<br />

Kräfte“ arbeite. 358<br />

Reiss entwirft im Wintersemester 1931/32<br />

neben den Kursen der Bau-/Ausbauabteilung<br />

bei Hilberseimer Siedlungsschemen<br />

verschiedener Wohndichte, eine Citybebauung<br />

mit Bürohäusern, eine „Kinderstadt<br />

für die Junkers-Arbeitersiedlung mit<br />

zugehörigen Schulen <strong>und</strong> Wohnhäusern”,<br />

sowie bei Mies van der Rohe ein Wohnhaus.<br />

Es folgen im Sommersemester ein<br />

weiterer Entwurf für ein Einfamilienhaus<br />

sowie eine „Riesengebirgsbaude”. Mit dem<br />

Diplomentwurf „Großstadt-Hotel“ schließt<br />

sie im August 1932 nach vier Semestern<br />

am <strong>Bauhaus</strong> ihr Studium mit dem Diplom<br />

Nr. 89 ab. Arbeiten aus ihrem Weimarer<br />

wie Dessauer Studium sind bisher unbekannt.<br />

Waldemar Alder erwirbt im Oktober<br />

1932 ebenfalls ein Diplom im Bereich Bau.<br />

Beide gehen nach Berlin, wo Reiss am Hafenplatz<br />

eine Wohnung bezieht. Sie arbeitet<br />

erneut im Büro ihres Onkels sowie bei<br />

einem, bisher noch nicht identifizierten Architekten,<br />

der nach ihren Aussagen „merkwürdige<br />

Vorstellungen von sparsamem<br />

Wohnungsbau“ hatte. Hilde Reiss ist politisch<br />

interessiert <strong>und</strong> aktiv, „Waldi“ Alder<br />

seit 1929 Mitglied der KPD. Als sie sich<br />

anlässlich der Reichstagswahlen 1933 an<br />

Flugblattaktionen gegen die NSDAP beteiligen,<br />

drängen die besorgten Eltern auf<br />

Emigration. 359<br />

Reiss verlässt Berlin im Mai 1933, um an<br />

Bord der „Deutschland“ nach New York zu<br />

gelangen. 360 In Manhattan arbeitet sie als<br />

Entwerferin in den Büros von Norman Bel-<br />

Geddes <strong>und</strong> Gilbert Rhode. Mit der remigrierten<br />

<strong>Bauhaus</strong>-Kollegin Lila Ulrich teilt<br />

sie sich ein Apartment. Gemeinsam entwerfen<br />

sie Umbauvorschläge <strong>und</strong> Inneneinrichtungen,<br />

die publiziert aber nicht realisiert<br />

werden. Neben der Bürotätigkeit unterrichtet<br />

Hilde Reiss ab 1936 an der ‘Laboratory<br />

School of Industrial Design’, ab<br />

1938 bis Ende 1940 „Interior Planning” an<br />

der ‘New School of Social Research. 361<br />

Bildrechte für online-Ausgabe nicht verfügbar<br />

Hilde Reiss um 1936<br />

Sie lernt den amerikanischen Kollegen William<br />

Friedman kennen <strong>und</strong> kann mit ihm<br />

einige wenige Projekte realisieren, wie das<br />

Appartment Pollak (1938) oder das Haus<br />

Stein in Pleasantville (1939). 362<br />

Appartment Pollak, New York, 1938<br />

Bildrechte für online-Ausgabe nicht verfügbar<br />

„House Stein”, Pleasantville, 1938, Blick von Südosten<br />

Biografien 387<br />

355 Fritz Ruhemann (1891-1982) studierte an<br />

den THs Charlottenburg <strong>und</strong> München, wo<br />

er 1913 bei Theodor Fischer diplomierte.<br />

Anschließend arbeitete er für verschiedene<br />

Architekten in Berlin, darunter Peter Behrens,<br />

Bruno Paul <strong>und</strong> Alfred Breslauer. In<br />

den 20er Jahren betreibt er ein eigenes Büro<br />

in Charlottenburg. Um 1930 erscheinen<br />

Bauten <strong>und</strong> Entwürfe in dem Buch „Fritz<br />

Ruhemann, Architekt“. Er emigriert 1935<br />

nach England.<br />

356 Lt. Zeugnis vom 9.3.1929<br />

357 Matr.Nr. 458, Immatrikulation am 21.10.<br />

1930. Die beiden Semester aus Weimar<br />

werden anerkannt. Zu diesem Zeitpunkt<br />

gibt es 18 Studierende im „bau/ausbau“.<br />

358 Lt. Zeugnis Alfred Gellhorn vom 26.9.1931 -<br />

Gellhorn publiziert 1932 in der Bauwelt<br />

„Kleinwohnungen“, dort werden als Mitarbeiter<br />

Israel <strong>und</strong> Friedmann genannt, vgl.<br />

Bauwelt, 22.Jg., 1932, H.41, S.1-3<br />

359 Die Einreise in die USA gelingt mit Hilfe eines<br />

durch den Vater ausgestellten Affidavits.<br />

Walter Reiss lebt seit 1928 in New<br />

York. Charlotte Ruhemann ist inzwischen<br />

mit dem Maler Martin Bloch verheiratet.<br />

360 Alder wird kurze Zeit später inhafiert <strong>und</strong><br />

wg. Vorbereitung zum Hochverrat verurteilt.<br />

361 Die New School of Social Research orientierte<br />

sich im Lehrkonzept an europäischen<br />

Reformansätzen wie dem <strong>Bauhaus</strong>.<br />

362 Zu Publikationen <strong>und</strong> Projekten vgl. S.218f.<br />

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