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Jahresheft 2003 - Murg Stiftung

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34sen. Mit all den vom Jugendlichen formulierten Gedanken undGefühlen, die nicht zwingend mit denen seiner Eltern übereinstimmenmüssen. Mit all den Sparbemühungen unserer sozialenInstitutionen (Krankenkassen und Versicherungen), die zwar verständlich,aber oftmals hemmend bis (zer)störend auf eineBehandlung einwirken können. Mit all den Forderungen undAngeboten der Lehrbetriebe oder Schulen, in die unsere Jugendlichenzurückkehren wollen, sollen oder müssen.Nun wird wohl deutlich, wie unsagbar anspruchsvoll die Arbeitin der Jugendpsychiatrie ist. Deshalb gefällt mir der Terminus«Casemanager» so gut. Gibt es eine komplexere Aufgabe als dieErarbeitung einer gemeinsamen Problemdefinition, die alle relevantenbeteiligten Akteure im Behandlungssystem eines Jugendlichenteilen und damit erst die Voraussetzung für eine effiziente,effektive und zielgerichtete Behandlungsplanung schafft? Wer indieser Arbeit bestehenwill, braucht ein sehrhohes Mass an Kommunikationsfähigkeit,an Rollenflexibilitätund Abgrenzungsfähigkeit.Genau andiesem Punkt wird dieArbeit in der Jugendpsychiatriesehr spannend.Es brauchtPrioritäten, Entscheidungskraftund klare,fachlich und theoriegeleitetlegitimierbare«Es ist immer wiederbeeindruckend undergreifend, wenn sichbei einem Eintrittauf unserer StationJugendliche von ihrenEltern verabschiedenund umgekehrt. Highemotion in Reinformbei allen Beteiligten,und das ist gut so. BewegteGemüter, es tutsich was. Endlich!»Interaktionen jedes einzelnen Mitarbeiters, jeder einzelnen Mitarbeiterin.Was es aber vor allem braucht, ist die menschliche Kongruenz,den klaren eigenen Schatz an Werten, Normen und Überzeugungen,die Fähigkeit, offen und empathisch zu sein, auch imUmgang mit eigenen Entwicklungsschritten und Entscheidungsprozessen.Dies bedeutet auch, dass Jugendpsychiatrie nie «voll easy» seinwird und der Anspruch nach Highspeed-Verfahren wird natürlichauch seine Grenzen haben. Umfangreiche Vernetzungsarbeit undklar strukturierende Absprachen werden ganz zentral bleiben undentsprechend viel Zeit und Geduld brauchen. Das ist doch irgendwieberuhigend und schafft einen fachlich begründeten Gegenpolzum allgemein um sich greifenden «Highspeedismus» unserer verrückendenGesellschaftsnormen. Und dass die grösste schweizerischeJugendpsychiatrie hier in Littenheid, in diesem wundervollenNaturidyll mit Hasen und Füchsen angeboten wird, ist keinZufall, sondern sinnlogische Konsequenz einer zunehmend urbanund marktwirtschaftlich dominierten Lebensweise, die für dieSeele von uns allen wohl als grösster Feind erkannt werden muss.

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