doktorarbeit
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Kapitel 2<br />
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Kann immaterielle Wertschöpfung nach den gleichen Gesichtspunkten organisiert<br />
und nach den gleichen Kriterien, etwa den Kriterien industrieller Produktivität und<br />
Effizienz, bezahlt werden wie die materielle Wertschöpfung?<br />
Ein wesentliches Kriterium bei der industriellen, materiellen Produktion ist ein effizienter<br />
Umgang mit (natürlichen) Ressourcen. Dieser ist für die industrielle Produktion<br />
unverzichtbar und bleibt für diese ein maßgebliches Kriterium. Für die Arbeit am<br />
Menschen ist jedoch Hinwendung, ja in gewissem Sinne verschwenderische Zuwendung<br />
und echtes Interesse maßgeblich. Ein „sparsamer Umgang“ wäre hier verfehlt.<br />
Man stelle sich beispielsweise einen Lehrer vor, der im Unterricht sparsam mit seinem<br />
Wissen und seiner Hinwendung ist. Oder ein Orchester, das nach der Geschwindigkeit<br />
beurteilt und bezahlt wird, mit der es ein Musikstück spielt. Der Widersinn<br />
eines solchen Vorgehens ist bei diesen Beispielen offensichtlich. In anderen<br />
Feldern der immateriellen Arbeit ist er weniger leicht zu erkennen. Als Beispiel kann<br />
die Organisation der gewerblichen Pflegearbeit herangezogen werden. Die Kriterien<br />
der Industriearbeit („Akkord“) sind hier gegenwärtig täglich gelebte Praxis – zum<br />
Leidwesen sowohl der Pflegerinnen und Pfleger als auch der Gepflegten. Wenn Beratungsunternehmen<br />
nach Effizienzkriterien, die bei der Steigerung der Effizienz industrieller<br />
Produktion völlig gerechtfertigt sind, Pflegedienste, Krankenhäuser, Betreuungseinrichtungen,<br />
sogar die Seelsorge und andere kirchliche Dienstleistungen<br />
„strukturieren“, erfolgt dies meist zu Lasten der Qualität der Betreuung beziehungsweise<br />
der persönlichen Zuwendung. In den aufgezählten Bereichen, wie auch für alle<br />
anderen Betätigungsfelder für „Kulturarbeit“ (WERNER (2008)) ist diese jedoch maßgeblich.<br />
Zwar ist auch in Einrichtungen der Kulturarbeit ein sparsamer Umgang mit<br />
Ressourcen erforderlich, etwa beim Umgang mit Nahrungsmitteln in einer Großküche,<br />
mit Reinigungsmitteln bei der Gebäudereinigung oder aber bei der Anschaffung<br />
von Mobiliar oder eines mobilen Tomographen für mehrere Krankenhäuser. Sobald<br />
es jedoch um den unmittelbaren Umgang mit den Menschen geht, versagen diese<br />
Kriterien, das heißt der Bereich wird verlassen, in dem Effizienzorientierung gerechtfertigt<br />
ist. Wird auch hier nach Effizienzkriterien organisiert, laufen die Empfehlungen<br />
auf Maßnahmen zur Schließung von Ambulanzen oder Notfallaufnahmen von Krankenhäusern<br />
aus „mangelnder Kostendeckung“ hinaus. Oder es werden in der Pflege<br />
Leistungen abgerechnet nach dem Prinzip „Kämmen 1,70 Euro, Zähne putzen 2,30<br />
Euro“. Das nach herkömmlichen Kriterien „messbare“ Ergebnis steigt dann mit der<br />
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