11.07.2015 Aufrufe

3 - brak-mitteilungen.de

3 - brak-mitteilungen.de

3 - brak-mitteilungen.de

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

BRAK-Mitt. 3/2006 Aufsätze 105Ebert, Erfolgshonorar auf <strong>de</strong>m PrüfstandProzessieren hat hinreißen lassen. Dieselbe Überlegung giltbeim PKH-Anwalt, <strong>de</strong>r im Falle <strong>de</strong>s Obsiegens die Gebührennach allgemeiner Tabelle im Wege <strong>de</strong>r Kostenerstattung erhält,o<strong>de</strong>r für <strong>de</strong>n Pflichtverteidiger, <strong>de</strong>r bei Freispruch die Wahlanwaltsgebührenaus <strong>de</strong>r Lan<strong>de</strong>skasse erstattet bekommt.Es bedarf keiner übermäßigen prophetischen Gabe, um dieFeststellung treffen zu können, dass sich – wie immer dasBVerfG entschei<strong>de</strong>t – für Erfolgshonorare eine freizügigere Entwicklunganbahnt. In dieser Erkenntnis hat die Konferenz <strong>de</strong>rGebührenreferenten das Thema in <strong>de</strong>n Mittelpunkt ihrer 52.Tagung in Celle gestellt und insbeson<strong>de</strong>re berufsrechtliche und-politische Aspekte mit folgen<strong>de</strong>n Ergebnissen erörtert:1. In <strong>de</strong>r verfassungsrechtlichen Diskussion überwog letztendlichdie Skepsis, dass <strong>de</strong>r Aspekt <strong>de</strong>r Unabhängigkeit das absoluteVerbot von erfolgsbezogenen Vergütungsvereinbarungenträgt. Probleme könnten sich zu<strong>de</strong>m auch aus <strong>de</strong>mGleichheitssatz ergeben, weil <strong>de</strong>m mittellosen Beklagtenauch im Erfolgsfall Zahlungen nicht möglich sind, ihm alsoeine entsprechen<strong>de</strong> Zahlungsvereinbarung verschlossenbleibt. Von großer Be<strong>de</strong>utung wur<strong>de</strong> das Prinzip <strong>de</strong>r Verhältnismäßigkeitangesehen. Aus ihm scheint sich in je<strong>de</strong>mFall die Notwendigkeit zu ergeben, das Verbot, wenn es<strong>de</strong>nn nicht gänzlich fällt, inhaltlich zu modifizieren und ineiner <strong>de</strong>m Verfassungsrecht entsprechen<strong>de</strong>n Weise zu lockern.2. Die grenzüberschreiten<strong>de</strong> Betrachtung führte zu <strong>de</strong>m Ergebnis,dass auswärtige Rechtsordnungen innerhalb und außerhalb<strong>de</strong>r EU ganz überwiegend Erfolgshonorarvereinbarungenzulassen, wobei die Regelungen unterschiedlich ausgestaltetsind. Ein Verbot ohne je<strong>de</strong> Ausnahme wie in <strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>srepubliksieht im EU-Bereich nur das belgische Rechtvor; weltweit gilt es darüber hinaus in Tansania und Zypern.Der Blick über die Grenzen führt zwangsläufig zu <strong>de</strong>m Ergebnis,dass die bei uns gelten<strong>de</strong> gesetzliche Regelung fastexotischen Charakter hat.3. Die Diskussion, für welche Sachbereiche und ab welchenStreitwerten erfolgsbezogene Vereinbarungen in Betrachtkommen, war sehr differenziert. Es erscheint <strong>de</strong>nkbar, dassbestimmte Tätigkeitsgebiete o<strong>de</strong>r auch einzelne Mandateaus Gesichtspunkten sozialer Verantwortung, <strong>de</strong>s verfolgtenZiels o<strong>de</strong>r auch <strong>de</strong>s Gegenstands <strong>de</strong>s Mandats für Erfolgshonorareungeeignet sind. Das könnte in familienrechtlichenStreitigkeiten bei Auseinan<strong>de</strong>rsetzungen überSorge- und Umgangsrecht, auch bei Unterhaltsansprüchen<strong>de</strong>r Fall sein. Es wird auch zu diskutieren sein, ob bei <strong>de</strong>rGeltendmachung von Ausgleichsansprüchen für persönlicherlittenes Unrecht o<strong>de</strong>r Scha<strong>de</strong>nsersatz bei Arbeitsunfällenein Erfolgshonorar sachgerecht ist. Je<strong>de</strong>nfalls könnendie Überlegungen nicht damit schließen, dass Erfolgshonorarebei je<strong>de</strong>r anwaltlichen Tätigkeit <strong>de</strong>nkbar sind, bei <strong>de</strong>nendas Risiko <strong>de</strong>s Misserfolges besteht. Aus wirtschaftlicherSicht sind Erfolgshonorare nur bei höheren Streitwertenvertretbar, es sei <strong>de</strong>nn, es wür<strong>de</strong> sich um ein Musterverfahreno<strong>de</strong>r einen Prinzipienstreit (Nachbarrechtssache)han<strong>de</strong>ln.4. Die etwaige Zulässigkeit von Erfolgshonoraren kann – unddarf – an <strong>de</strong>m System <strong>de</strong>r Prozesskostenhilfe nichts än<strong>de</strong>rn.So wenig wie <strong>de</strong>rzeit ein mittelloser Mandant auf die Inanspruchnahmeeines Prozessfinanzierers verwiesen wer<strong>de</strong>nkann, so unzulässig wäre es, wenn <strong>de</strong>r Staat etwa die Prozesskostenhilfeaufhebt, weil eine anwaltliche Vertretungüber Vereinbarung von Erfolgshonoraren möglich sei. Demsteht entgegen, dass die Prozesskostenhilfe Ausfluss <strong>de</strong>s Sozial-und Rechtsstaatsprinzips ist. Sie muss ohnehin im Hinblickauf <strong>de</strong>n Beklagten und <strong>de</strong>n Anfall von Gerichtskostenaufrechterhalten wer<strong>de</strong>n.5. Ebenso wenig wird das Prinzip <strong>de</strong>r Kostenerstattung durcherfolgsbezogene Vergütungsvereinbarungen berührt. Allerdingsist die Kostenerstattung auf die gesetzlichen Gebührenbeschränkt. Das gilt auch für je<strong>de</strong> an<strong>de</strong>re Form von Vergütungsvereinbarungen.In je<strong>de</strong>m Fall kann bei Obsiegen das<strong>de</strong>m Anwalt geschul<strong>de</strong>te Honorar nur bis zur Höhe <strong>de</strong>r gesetzlichenGebühren erstattet verlangt wer<strong>de</strong>n. Nichts an<strong>de</strong>resgilt für ein Erfolgshonorar.6. Mit einem Erfolgshonorar wird ein neues Prinzip <strong>de</strong>r Querfinanzierungaktuell, weil erfolglose Mandate von erfolgreichenMandaten mitfinanziert wer<strong>de</strong>n. Das allerdings ist realistischerals die bisherige streitwertbezogene Quersubventionierung,bei <strong>de</strong>r Fälle mit niedrigem Streitwert durch Fällemit höherem Streitwert mitfinanziert wur<strong>de</strong>n. Diese Quersubventionierungentspricht nicht mehr <strong>de</strong>r Realität, weil<strong>de</strong>r Anfall einerseits kleinerer, an<strong>de</strong>rerseits größerer Mandatein <strong>de</strong>rselben Praxis nicht mehr gewährleistet ist.7. Eine Zulässigkeit <strong>de</strong>s Erfolgshonorars wird zu keiner wesentlichenVermehrung von Prozessen führen, weil <strong>de</strong>m die Gesichtspunkte<strong>de</strong>r Kostenerstattung, <strong>de</strong>r Inanspruchnahmevon Prozesskostenhilfe und <strong>de</strong>r Rechtsschutzversicherungentgegenstehen.8. Insbeson<strong>de</strong>re bei Erfolgshonoraren ist <strong>de</strong>r Anwalt verpflichtet,vor Abschluss <strong>de</strong>r Vereinbarung sachgerecht über die Erfolgsaussichtenaufzuklären. Verletzt er diese Pflicht, bestehenAnfechtungsrechte sowie Ansprüche aus culpa in contrahendo,die sich auf Rückgängigmachung o<strong>de</strong>r Anpassung<strong>de</strong>r Honorarvereinbarung beziehen. Deshalb dürfte <strong>de</strong>mGesichtspunkt, <strong>de</strong>r Anwalt könne die Erfolgsaussichten besserals <strong>de</strong>r Mandant beurteilen, keine Relevanz für die Entscheidungüber die Zulässigkeit von Erfolgshonoraren zukommen.9. Für erfolgsbezogene Vergütungsvereinbarungen gilt auchdie Vorschrift <strong>de</strong>s § 4 Abs. 4 RVG. Allerdings stellt sichdann das Problem <strong>de</strong>r Angemessenheit in einem neuenLicht. Hier wird eine an<strong>de</strong>re Inhaltsbestimmung erfor<strong>de</strong>rlich,bei <strong>de</strong>r auch einzubeziehen ist, welcher Erfolgsanteil<strong>de</strong>m Mandanten verbleiben muss. An<strong>de</strong>rerseits muss die zuZiffer 6 angesprochene Quersubventionierung Einfluss aufdie Beurteilung <strong>de</strong>r angemessenen Vergütung haben. Insoweitist die Diskussion noch nicht geführt. In <strong>de</strong>r Tagung <strong>de</strong>rGebührenreferenten wur<strong>de</strong> eine Grenzziehung bei <strong>de</strong>r hälftigenBeteiligung am Erfolg erörtert. Darüber hinausgehen<strong>de</strong>Vereinbarungen könnten als unangemessen zu qualifizierensein.Insgesamt hat die Diskussion gezeigt, dass es mit <strong>de</strong>r verfassungsrechtlichenProblematik allein nicht getan ist. Vielmehrlöst die Zulässigkeit von Erfolgshonoraren eine Vielzahl vonnachfolgen<strong>de</strong>n Problemen in <strong>de</strong>r inhaltlichen Ausgestaltungaus. Insoweit bleibt die Entscheidung <strong>de</strong>s BVerfG und die mitihr zu erwarten<strong>de</strong>n Vorgaben abzuwarten. Allerdings dürfte dieAnwaltschaft gut beraten sein, wenn sie sich <strong>de</strong>n maßgeblichenFragen schon jetzt zuwen<strong>de</strong>t, um vorbereitet in die Diskussionum die möglicherweise gesetzliche Ausgestaltung zu gehen.Ziel dieser Abhandlung ist es <strong>de</strong>shalb auch, eine vertiefen<strong>de</strong>Auseinan<strong>de</strong>rsetzung mit <strong>de</strong>r Problematik etwa zulässig wer<strong>de</strong>n<strong>de</strong>rVereinbarungen von Erfolgsvergütungen auf allen anwaltlichenEbenen anzuregen.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!