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BRAK-Mitt. 3/2006 Berufsrechtliche Rechtsprechung 129Bun<strong>de</strong>sverfassungsgerichtBerufsrechtliche RechtsprechungBun<strong>de</strong>sverfassungsgericht*Leitsatz <strong>de</strong>r Redaktion (Orientierungssatz)Unentgeltliche Rechtsberatung durch pensionierten RichterRBerG Art. 1 § 1 Abs. 1Satz 1; GG Art. 2*Auch die mehrfach geleistete unentgeltliche und altruistischeRechtsberatung eines berufserfahrenen Volljuristen ist zulässig.BVerfG, Beschl. v. 16.2.2006 – 2 BvR 951/04 und 2 BvR 1087/04Aus <strong>de</strong>n Grün<strong>de</strong>n:A. I. Die Verfassungsbeschwer<strong>de</strong>n betreffen die Zulassungeiner „an<strong>de</strong>ren Person“ als Strafverteidiger i.S.d. § 138 Abs. 2StPO vor <strong>de</strong>m Hintergrund <strong>de</strong>r Zulässigkeit „altruistischerRechtsberatung“ nach <strong>de</strong>m RBerG.1. Der Bf. zu 1. – ein pensionierter Richter am OLG, <strong>de</strong>r keineAnwaltszulassung besitzt und auch nicht Rechtslehrer an einer<strong>de</strong>utschen Hochschule ist – kämpft seit langem um die Anerkennung<strong>de</strong>r altruistischen Rechtsberatung. Hierfür bedient ersich u.a. auch <strong>de</strong>r Internetseite seines Vereins, <strong>de</strong>r sich <strong>de</strong>rErforschung und Vermittlung <strong>de</strong>r Be<strong>de</strong>utung und Funktion <strong>de</strong>sRechts und <strong>de</strong>r Justiz im <strong>de</strong>mokratischen Rechtsstaat vor <strong>de</strong>mHintergrund <strong>de</strong>s Justizunrechts im 20. Jahrhun<strong>de</strong>rt widmet. Indiesem Zusammenhang sieht <strong>de</strong>r Bf. auch die Vorschriften <strong>de</strong>sRBerG, das 1935 geschaffen wur<strong>de</strong>, um jüdischen Juristenauch die letzte Möglichkeit zu nehmen, rechtsberatend tätig zuwer<strong>de</strong>n.2. Unter <strong>de</strong>m 30.6.2003 hat <strong>de</strong>r Bf. zu 1. bei <strong>de</strong>m LG H. einenAntrag nach § 138 Abs. 2 StPO auf Bestellung als (weiterer)Verteidiger in einem Verfahren gegen <strong>de</strong>n Bf. zu 2. wegenDiebstahls gestellt. Er fügte eine Vollmacht <strong>de</strong>s Bf. zu 2. beiund wies darauf hin, dass er bereits zwei Mal vom AG B.wegen unerlaubter geschäftsmäßiger Besorgung frem<strong>de</strong>rRechtsangelegenheiten verurteilt wor<strong>de</strong>n war.3. Die Staatsanwaltschaft H. hat gegen <strong>de</strong>n Bf. zu 1. wegeneiner Ordnungswidrigkeit gem. Art. 1 § 1 Abs. 1, § 8 Abs. 1Nr. 1 RBerG eine Geldbuße von 600 Euro festgesetzt.4. Das LG hat die Genehmigung nach § 138 Abs. 2 StPO versagt,weil <strong>de</strong>r Bf. zu 1. bereits zwei Mal wegen Verstoßes gegenArt. 1 § 1 RBerG verurteilt wor<strong>de</strong>n war. Nach dieser Vorschriftbedürfe auch die unentgeltliche, rein altruistische Rechtsberatung<strong>de</strong>r behördlichen Erlaubnis, sofern sie geschäftsmäßig undnicht nur einmalig betrieben wer<strong>de</strong>. Dies räume <strong>de</strong>r Bf. zu 1.ein; er besitze die <strong>de</strong>shalb erfor<strong>de</strong>rliche Erlaubnis nicht. Weilseine Tätigkeit einen erneuten Verstoß gegen Art. 1 § 1 RBerGbe<strong>de</strong>ute, komme eine Zulassung nach § 138 Abs. 2 StPO nichtin Betracht.5. Gegen diesen Beschluss haben die Bf. jeweils Beschwer<strong>de</strong>nzum OLG eingelegt, die es als unbegrün<strong>de</strong>t verworfen hat.a) Zur Begründung hat das Gericht hinsichtlich <strong>de</strong>s Bf. zu 1.ausgeführt, es lägen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass er dieVerteidigertätigkeit nicht geschäftsmäßig i.S.d. Art. 1 § 1 RBerGvornehme. Da zu<strong>de</strong>m die Genehmigung nach § 138 Abs. 2StPO die nach Art. 1 § 1 RBerG erfor<strong>de</strong>rliche Genehmigungnicht ersetzen könne, müsse <strong>de</strong>r Bf. zu 1. mit großer Wahrscheinlichkeitdamit rechnen, erneut in einem Ordnungswidrigkeitenverfahrenbelangt zu wer<strong>de</strong>n. In dieser Situation könneihm die Genehmigung nach § 138 Abs. 2 StPO nicht erteiltwer<strong>de</strong>n. Es wi<strong>de</strong>rspreche <strong>de</strong>m überwiegen<strong>de</strong>n Interesse <strong>de</strong>r imRahmen <strong>de</strong>r Zulassungsentscheidung nach § 138 Abs. 2 StPOzu berücksichtigen<strong>de</strong>n Rechtspflege, wenn eine Person ineinem Strafverfahren mit gerichtlicher Genehmigung die Verteidigungübernehme, die damit gleichzeitig gegen gelten<strong>de</strong>sRecht verstoße. Auch müsse mit einer erheblichen Belastung<strong>de</strong>s Berufungsverfahrens durch ein möglicherweise gleichzeitiggegen <strong>de</strong>n als Verteidiger Tätigen laufen<strong>de</strong>s Bußgeldverfahrengerechnet wer<strong>de</strong>n.b) Das OLG hat über die Beschwer<strong>de</strong> <strong>de</strong>s Bf. zu 2. erst auf <strong>de</strong>ssenNachfrage entschie<strong>de</strong>n, seinen Beschluss hinsichtlich <strong>de</strong>sBf. zu 1. ergänzt und die dort gegebene Begründung wie<strong>de</strong>rholt.II. 1. Gegen einen Bußgeldbescheid <strong>de</strong>r Staatsanwaltschaft B.gem. Art. 1 § 8 Abs. 1 Nr. 1 RBerG wegen eines Verstoßesgegen Art. 1 § 1 Abs. 1 RBerG, gegen die entsprechen<strong>de</strong> Verurteilungdurch das AG B. und <strong>de</strong>n diese bestätigen<strong>de</strong>n Beschluss<strong>de</strong>s OLG B. hatte <strong>de</strong>r Bf. zu 1. in <strong>de</strong>m Verfahren 1 BvR 737/00Verfassungsbeschwer<strong>de</strong> erhoben.2. Die 3. Kammer <strong>de</strong>s Ersten Senats <strong>de</strong>s BVerfG hat am29.7.2004 beschlossen, <strong>de</strong>n Beschl. <strong>de</strong>s OLG B. v. 1.3.2000 –… 5/00 – und das Urt. <strong>de</strong>s AG B. v. 13.10.1999 – …/99 – aufzuheben,weil sie <strong>de</strong>n Bf. in seinem Grundrecht <strong>de</strong>r allgemeinenHandlungsfreiheit gem. Art. 2 Abs. 1 GG verletzt. DieSache wur<strong>de</strong> an das AG B. zurückverwiesen. Die weitergehen<strong>de</strong>Verfassungsbeschwer<strong>de</strong> wur<strong>de</strong> verworfen (vgl. BVerfGK3, 348 ff.).B. I. 1. Der Bf. zu 1. hat fristgerecht Verfassungsbeschwer<strong>de</strong>erhoben, mit <strong>de</strong>r er rügt, die Ablehnung <strong>de</strong>r von ihm beantragtenZulassung als Verteidiger nach § 138 Abs. 2 StPO verletzesein Grundrecht aus Art. 2 Abs. 1 GG. Er beantragt die Aufhebung<strong>de</strong>r Beschl. <strong>de</strong>s LG H. und <strong>de</strong>s OLG K. v. 31.3.2004.2. Mit seiner fristgerecht erhobenen Verfassungsbeschwer<strong>de</strong>rügt <strong>de</strong>r Bf. zu 2., die Ablehnung <strong>de</strong>r von ihm beantragtenZulassung <strong>de</strong>s Bf. zu 1. als Verteidiger nach § 138 Abs. 2 StPOverletze sein aus Art.2 Abs.1 GG sowie Art.20 Abs.3 GG(Rechtsstaatsprinzip) folgen<strong>de</strong>s Grundrecht auf freie Verteidigerwahl.Er beantragt die Aufhebung <strong>de</strong>r Beschl. <strong>de</strong>s LG H. und<strong>de</strong>s OLG K. v. 31.3.2004 und v. 3.5.2004.II. Das BMJ, <strong>de</strong>r Präsi<strong>de</strong>nt <strong>de</strong>s BGH und das JustizministeriumBa<strong>de</strong>n-Württemberg haben von einer Stellungnahme abgesehen(§ 94 Abs. 1 BVerfGG).Das BVerfG hat die Akten <strong>de</strong>s Ausgangsverfahrens beigezogen(… – …/03, AG S.).C. I. Die Verfassungsbeschwer<strong>de</strong> <strong>de</strong>s Bf. zu 1. ist teilweiseunzulässig.

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