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BRAK-Mitt. 3/2006 Berufsrechtliche Rechtsprechung 141Anwaltsgerichtliche Rechtsprechungterten Art in Ausnahmefällen dann nicht stan<strong>de</strong>swidrig sei,wenn <strong>de</strong>r Verteidiger quasi als „ultima ratio“ zum Schutze <strong>de</strong>sAngeklagten die weitere Mitwirkung am Verfahren aus triftigemGrund ablehne (vgl. BGH, a.a.O., OLG Hamm, JMBl. NRW1967, 105; Dahs, Das Handbuch <strong>de</strong>s Strafverteidigers, 6. Aufl.,Rdnr. 764).Keine „ultima ratio“-RechtfertigungEine solche Rechtfertigung istjedoch nur dann gegeben, wenndurch das Verhalten <strong>de</strong>s Vorsitzen<strong>de</strong>nbzw. <strong>de</strong>s Gerichts in dieRechte <strong>de</strong>s Angeklagten o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>s Verteidigers rechtswidrig inmassiver Weise eingegriffen wird. Ein solcher Sachverhalt warhier erkennbar nicht gegeben. Dies hat das OLG K. bereitszutreffend festgestellt. So war die Verwerfung <strong>de</strong>r ersten dreiBefangenheitsanträge als unzulässig wegen Verschleppungsabsichtnicht offensichtlich rechtswidrig. Hierbei hat dieKammer zu Recht auch das Vorverhalten <strong>de</strong>s Verteidigers in<strong>de</strong>n vorangegangenen Terminen herangezogen. Schon dieunzulässige Beschwer<strong>de</strong> gegen die Verwerfung <strong>de</strong>s erstenBefangenheitsantrags konnte nur <strong>de</strong>r Verfahrensverschleppungdienen. Dem Angeschuldigten als Fachanwalt für Strafrecht wardies auch bewusst. Gleiches gilt für <strong>de</strong>n auf einen – für ihnerkennbaren und erkannten – falschen Sachverhalt gestütztenzweiten Befangenheitsantrag. Dass ihm bewusst war, dass <strong>de</strong>rBeschluss, mit <strong>de</strong>m über die Befangenheit <strong>de</strong>s abgelehntenRichters entschie<strong>de</strong>n wor<strong>de</strong>n war, vor <strong>de</strong>r erneuten Terminierungergangen war, ergibt sich bereits aus <strong>de</strong>m obenwie<strong>de</strong>rgegebenen Inhalt seiner Beschwer<strong>de</strong>. Dass seine Rechtsausführungenim Schriftsatz v. 29.10.2002 zur Frage, wann <strong>de</strong>rstreitige Beschluss ergangen sei, ersichtlich rechtsfehlerhaftsind, war auch <strong>de</strong>m Angeschuldigten bewusst. Er kann keinesfallsernsthaft vertreten wollen, dass <strong>de</strong>r Beschluss, welcherihm gleichzeitig mit <strong>de</strong>r Ladungsverfügung v. 28.8.2002 zugesandtwor<strong>de</strong>n war, erst nach <strong>de</strong>r Ladungsverfügung „ergangen“sei. Hier wollte er sich einen erkennbaren und von ihm erkanntenSchreibfehler <strong>de</strong>r Kanzlei für verfahrensfrem<strong>de</strong> Zielezunutze machen. Die Befangenheitsanträge, die ersichtlichohne sachlichen Grund in <strong>de</strong>r Hauptverhandlung v. 9.12.2002gestellt wur<strong>de</strong>n, waren daher zu Recht als unzulässig verworfenwor<strong>de</strong>n. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen,dass dies nichts mit <strong>de</strong>r vom BGH in seiner Entscheidung v.27.2.2004 (BGH – 2 StR 496/03) gerügten Vorgehensweise zutun hat. Der BGH hat in <strong>de</strong>r auch vom AnwG herangezogenenEntscheidung die Zurückweisung „offensichtlich unbegrün<strong>de</strong>ter“Ablehnungsanträge als „unzulässig“ gerügt. So liegt <strong>de</strong>rFall hier nicht. Die Anträge sind nicht etwa als „offensichtlichunbegrün<strong>de</strong>t“, son<strong>de</strong>rn als in Verschleppungsabsicht gestelltals unzulässig zurückgewiesen wor<strong>de</strong>n. Dies ist im Gesetz sovorgesehen (§ 26a Abs. 1 Nr. 3 StPO). Dass <strong>de</strong>r Angeschuldigteletztlich dieses Ziel (<strong>de</strong>r Verschleppung) tatsächlich auch verfolgte,ergibt sich aus weiteren Äußerungen im Rahmen <strong>de</strong>rVerhandlung vor <strong>de</strong>m Senat. Ziel <strong>de</strong>r Verhandlungsführung wares offensichtlich, <strong>de</strong>m als unbequem empfun<strong>de</strong>nen Vorsitzen<strong>de</strong>nzu entgehen. Wie <strong>de</strong>r Angeschuldigte selbst erklärte, warihm damals schon bekannt, dass dieser im folgen<strong>de</strong>n Jahr (dieHauptverhandlung fand im Dezember statt) eine große Strafkammerübernehmen sollte.Auch die Erklärung <strong>de</strong>s Vorsitzen<strong>de</strong>n, weitere Befangenheitsanträge,die sich auf bereits ergangene Beschlüsse <strong>de</strong>r Kammerbeziehen – ohne dass das Verfahren seinen Fortgang genommenhat – nicht mehr zu beschei<strong>de</strong>n und die Fortsetzung <strong>de</strong>rHauptverhandlung, ohne <strong>de</strong>n daraufhin gestellten viertenBefangenheitsantrag beschie<strong>de</strong>n zu haben, stellt kein solchesrechtswidriges Verhalten dar, dass <strong>de</strong>r Angeschuldigte die Aussetzung<strong>de</strong>r Hauptverhandlung erzwingen durfte. Wie bereitsdas OLG K. zu Recht ausgeführt hat, fand die Vorgehensweiseihre prozessuale Stütze in § 29 Abs. 2 StPO. Das Gericht durftedie Hauptverhandlung zunächst fortsetzen, ohne über dieBefangenheitsanträge zu befin<strong>de</strong>n. Dies war auch in je<strong>de</strong>mFalle sachgerecht. Zu be<strong>de</strong>nken ist, dass die Zeugen zwischenzeitlichbereits zum dritten Male zu einer Hauptverhandlunggela<strong>de</strong>n wor<strong>de</strong>n waren. Auch im Interesse dieser Zeugen warihre sofortige Vernehmung zwingend geboten.Die tatsächlichen Voraussetzungen für eine Rechtfertigunglagen somit nicht vor. Da <strong>de</strong>m Angeschuldigten diese Tatsachenauch allesamt bewusst waren, han<strong>de</strong>lte er auch nicht ineinem Erlaubnistatbestandsirrtum. Sein Verhalten war daherunter keinem rechtlichen Gesichtspunkt gerechtfertigt.Er han<strong>de</strong>lte auch schuldhaft. Einetwaiger Verbotsirrtum, § 17StGB, war vermeidbar. Der Angeschuldigteist Fachanwalt fürEtwaiger Verbotsirrtumwar vermeidbarStrafrecht. Er kennt die Regelungen <strong>de</strong>r StPO. Bei einiger Überlegunghätte ihm bewusst sein müssen, dass hier keine Situationvorlag, die sein Vorgehen rechtfertigen könnte. Schwere Verfahrensverstöße<strong>de</strong>s Gerichts lagen ersichtlich nicht vor. Je<strong>de</strong>nfallswaren keine zu erkennen, die es nicht zumutbar erschienen ließen,diese erst mit <strong>de</strong>r Revision geltend zu machen.Auch <strong>de</strong>r Umstand, dass die drei Richter <strong>de</strong>s AnwG <strong>de</strong>n Verbotsirrtum<strong>de</strong>s Angeklagten für unvermeidbar hielten (bzw. seinVerhalten als unvorsätzlich o<strong>de</strong>r gerechtfertigt), kann nicht alsArgument für die Unvermeidbarkeit <strong>de</strong>s Verbotsirrtums herangezogenwer<strong>de</strong>n. Denn diese Wertung beruhte offensichtlichauf einer fehlen<strong>de</strong>n Ausschöpfung <strong>de</strong>s Sachverhalts und aufeiner unzutreffen<strong>de</strong>n Gesamtwürdigung. Eine solche warjedoch für <strong>de</strong>n Angeschuldigten als Fachanwalt für Strafrechtzu erwarten.Der Senat hat als anwaltsgerichtliche Maßnahme auf einenVerweis und eine Geldbuße erkannt. Hierbei hat er zugunsten<strong>de</strong>s Angeschuldigten berücksichtigt, dass er bislang stan<strong>de</strong>srechtlichnoch nicht in Erscheinung getreten ist. An<strong>de</strong>rerseitshan<strong>de</strong>lt es sich jedoch um eine erhebliche Pflichtverletzung.Der Angeschuldigte hat sich vorsätzlich in <strong>de</strong>r Absicht, verfahrensfrem<strong>de</strong>Ziele zu erreichen (Verzögerung <strong>de</strong>s Verfahrens biszum Wechsel <strong>de</strong>s vorsitzen<strong>de</strong>n Richters <strong>de</strong>r Kammer), überRegeln <strong>de</strong>r StPO hinweggesetzt. Ein solches Verhalten inöffentlicher Hauptverhandlung ist geeignet, das Ansehen <strong>de</strong>rAnwaltschaft in beson<strong>de</strong>rem Maße zu schädigen. Die Verhängung<strong>de</strong>r nach begrenztem Vertretungsverbot und Ausschließungdrittschwersten Maßnahme war daher zwingend erfor<strong>de</strong>rlich.Bei <strong>de</strong>r Bemessung <strong>de</strong>r Höhe <strong>de</strong>r Geldbuße ist <strong>de</strong>r Senatdavon ausgegangen, dass <strong>de</strong>r Angeschuldigte nach seinenAngaben in geordneten Einkommens- und Vermögensverhältnissenlebt. Er ist einer von zwei Sozien einer acht Anwälteumfassen<strong>de</strong>n Anwaltskanzlei.Berufshaftpflichtversicherung für einen von <strong>de</strong>r Kanzleipflichtbefreiten RechtsanwaltBRAO §29a,§51*Einem <strong>de</strong>utschen RA, <strong>de</strong>r die gem. § 51 BRAO vorgeschriebeneBerufshaftpflichtversicherung nicht unterhält, ist die Zulassungauch dann zu entziehen, wenn er von seiner Kanzleipflicht inDeutschland befreit ist und eine Kanzlei ausschließlich im Auslan<strong>de</strong>ingerichtet hat.AGH Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 20.5.2005 – 1 ZU 110/04(n.r.)Volltext unter www.<strong>brak</strong>-<strong>mitteilungen</strong>.<strong>de</strong>

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