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BRAK-Mitt. 3/2006 Berufsrechtliche Rechtsprechung 139Anwaltsgerichtliche Rechtsprechungten die praktischen Erfahrungen, <strong>de</strong>ren Nachweis durch dasFachgespräch gelingen soll, zumin<strong>de</strong>st teilweise bereits nachgewiesensein. Der gem. § 5 g) Nr. 1 FAO gefor<strong>de</strong>rte Nachweis<strong>de</strong>r praktischen Erfahrungen in zwei Verfahren, bei <strong>de</strong>nen <strong>de</strong>rSchuldner bei Eröffnung mehr als fünf Arbeitnehmer beschäftigte,ist aber, wie die Astin. selbst einräumen muss, von ihrnicht einmal teilweise erbracht wor<strong>de</strong>n. Dieses gänzliche Fehleneiner nach <strong>de</strong>r FAO gefor<strong>de</strong>rten Voraussetzung hinsichtlichpraktischer Erfahrungen für die Erlangung <strong>de</strong>r Fachanwaltsbezeichnungfür Insolvenzrecht kann aber durch ein Fachgesprächnicht ersetzt wer<strong>de</strong>n, da durch dieses keine praktischenErfahrungen vermittelt wer<strong>de</strong>n können.Der Antrag <strong>de</strong>r Astin. auf gerichtliche Entscheidung war somitzurückzuweisen.Die sofortige Beschwer<strong>de</strong> gem. § 223 Abs. 3 BRAO war zuzulassen,da es vorliegend um die grundsätzliche Rechtsfragegeht, in welchem Umfang fehlen<strong>de</strong> praktische Erfahrung durchein Fachgespräch ersetzt wer<strong>de</strong>n kann. Diese Rechtsfrage istsowohl für <strong>de</strong>n vorliegen<strong>de</strong>n Fall als auch für eine Vielzahlgleichgelagerter Fälle von Be<strong>de</strong>utung. Zur Vermeidung divergieren<strong>de</strong>rEntscheidung war daher die sofortige Beschwer<strong>de</strong>zuzulassen.Verstoß gegen die Pflicht zur Übernahme einer PflichtverteidigungBRAO § 43, § 49; StPO § 145 Abs. 1, 4, § 338 Nr. 5*1. Ein zum Pflichtverteidiger bestellter RA han<strong>de</strong>lt berufsrechtswidrig,wenn er in einem Fall notwendiger Verteidigung eigenmächtigdie Hauptverhandlung verlässt, um durch seine Abwesenheit<strong>de</strong>ren Unterbrechung zu erzwingen.*2. Dies ergibt sich auch aus <strong>de</strong>r Vorschrift <strong>de</strong>s § 145 Abs. 4StPO, wonach <strong>de</strong>m Verteidiger im Falle einer notwendigen VerteidigungKosten aufzuerlegen sind, wenn er durch seine Schuld,d.h. insbeson<strong>de</strong>re durch Ausbleiben in <strong>de</strong>r Hauptverhandlung,unzeitiges Sich-Entfernen o<strong>de</strong>r Weigerung, die Verteidigung zuführen, eine Aussetzung <strong>de</strong>s Verfahrens erfor<strong>de</strong>rlich macht.*3. Auch ein Wahlverteidiger wür<strong>de</strong> gegen die allgemeine Berufspflicht<strong>de</strong>s § 43 BRAO verstoßen, wenn er sein Mandat nie<strong>de</strong>rlegtund die Verteidigung einstellt, um so die Unterbrechung einerHauptverhandlung zu erreichen.AGH Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 1.7.2005 – (2) 6 EVY 7/04 AGHNW (n.r.)Aus <strong>de</strong>n Grün<strong>de</strong>n:Der angeschuldigte RA ist vom Vorwurf einer Pflichtverletzunggem. § 49 BRAO durch das angefochtene Urteil freigesprochenwor<strong>de</strong>n. Ihm war vorgeworfen wor<strong>de</strong>n, dass er die Aussetzungeiner Verhandlung dadurch provoziert habe, dass er als Pflichtverteidigerseine Robe abgelegt, seinen Platz neben <strong>de</strong>m Angeklagtenverlassen und erklärt habe: „Ich bin nicht mehr da“.Das AnwG hat seinen Freispruch (mit wi<strong>de</strong>rsprüchlicherBegründung) darauf gestützt, es habe kein vorsätzlicher Verstoßgegen § 49 BRAO vorgelegen. Ein fahrlässiger Verstoß schei<strong>de</strong>aufgrund eines unvermeidbaren Verbotsirrtums aus. Das Verhaltensei als „ultima ratio“ zulässiges Verteidigerverhaltengewesen.Hiergegen wen<strong>de</strong>t sich die Generalstaatsanwaltschaft K. mitihrer zulässigen Berufung. Diese hatte Erfolg.Der Senat hat aufgrund <strong>de</strong>r Hauptverhandlung folgen<strong>de</strong> Feststellungentreffen können:Der am ...1960 geborene RA ist ledig und hat keine Kin<strong>de</strong>r.Seine Praxisanschrift lautet: …-Str. ..., … E. Privat wohnt erebenfalls in E. Er verfügt über ein geregeltes Einkommen. Erund sein Verteidiger X. sind Sozien einer Sozietät, in <strong>de</strong>r insgesamtacht Anwälte tätig sind. Sein fachlicher Schwerpunkt liegtzu 80 % im Bereich <strong>de</strong>s Strafrechts. Er ist Fachanwalt für Strafrecht.Zur Sache hat <strong>de</strong>r Senat folgen<strong>de</strong> Feststellungen treffen können:Der angeschuldigte Anwalt verteidigte in einem Berufungsverfahrenvor <strong>de</strong>m LG A. <strong>de</strong>n damaligen Angeklagten E. zunächstals Wahl-, später als Pflichtverteidiger. Tatvorwurf war Beleidigungund Bedrohung eines Sozialamtsmitarbeiters. Im erstenBerufungstermin v. 17.6.2002, an <strong>de</strong>m <strong>de</strong>r Angeschuldigtenoch als Wahlverteidiger teilnahm, kam es zu Beginn <strong>de</strong>rHauptverhandlung zu einem Disput zwischen Vorsitzen<strong>de</strong>mund Angeschuldigtem über die Sitzordnung. Der Angeschuldigteversetzte daraufhin <strong>de</strong>n Tisch, an <strong>de</strong>m er gemeinsam mit<strong>de</strong>m Angeklagten saß. Der Vorsitzen<strong>de</strong> for<strong>de</strong>rte ihn daraufhinauf, <strong>de</strong>n Tisch wie<strong>de</strong>r in die ursprüngliche Position zurückzusetzen.Dieser Auffor<strong>de</strong>rung kam er nicht nach. Der Vorsitzen<strong>de</strong>stellte daraufhin <strong>de</strong>n Tisch selbst zurück. Dies nahm <strong>de</strong>rAngeschuldigte zum Anlass, <strong>de</strong>n Vorsitzen<strong>de</strong>n wegen Befangenheitabzulehnen. Die Hauptverhandlung wur<strong>de</strong> daraufhinunterbrochen. Mit Beschl. v. 20.6.2002 wur<strong>de</strong> durch <strong>de</strong>n Vorsitzen<strong>de</strong>n<strong>de</strong>r Vertretungskammer das Befangenheitsgesuchzurückgewiesen. In <strong>de</strong>r Ausfertigung wur<strong>de</strong> dieser Beschlussfälschlicherweise auf <strong>de</strong>n 29.6.2002 datiert. Der Vorsitzen<strong>de</strong>beraumte daraufhin unter <strong>de</strong>m 28.6.2002 erneut Hauptverhandlungauf <strong>de</strong>n 16.9.2002 an. Mit <strong>de</strong>r Terminsladung wies erauf die falsche Datierung <strong>de</strong>s Beschl. v. 20.6.2002 in <strong>de</strong>r Ausfertigunghin. Mit Schriftsatz v. 8.7.2002 legte <strong>de</strong>r angeschuldigteRA gegen <strong>de</strong>n Beschl. v. 20.6.2002 Beschwer<strong>de</strong> zumOLG K. ein. In diesem Schreiben bezeichnete er selbst diesenBeschluss zweimal als „Beschl. v. 20.6.2002“. Die Beschwer<strong>de</strong>war, was <strong>de</strong>r Angeschuldigte als Fachanwalt für Strafrechtwusste, unzulässig (§ 28 Abs. 2 Satz 2 StPO), da die Entscheidungeinen erkennen<strong>de</strong>n Richter betraf.In <strong>de</strong>r Hauptverhandlung v. 21.10.2002 (<strong>de</strong>r Termin v.16.9.2002 war wegen Verhin<strong>de</strong>rung von Zeugen aufgehobenwor<strong>de</strong>n) stellte <strong>de</strong>r Angeschuldigte – er war zwischenzeitlichzum Pflichtverteidiger bestellt wor<strong>de</strong>n – gleich zu Beginn <strong>de</strong>rVerhandlung einen schriftsätzlich vorbereiteten Befangenheitsantrag.Dieser wur<strong>de</strong> darauf gestützt, dass das Befangenheitsgesucherst unter <strong>de</strong>m 29.6.2002 (falsches Datum <strong>de</strong>r Ausfertigung)beschie<strong>de</strong>n wor<strong>de</strong>n sei und <strong>de</strong>r Vorsitzen<strong>de</strong> bereits vordieser Entscheidung am 28.6.2002 – obwohl er zu <strong>de</strong>m Zeitpunktnoch abgelehnt gewesen sei – durch seine Ladungsverfügungtätig gewor<strong>de</strong>n sei. Nach<strong>de</strong>m <strong>de</strong>r Vorsitzen<strong>de</strong> in seinerdienstlichen Stellungnahme zu diesem Ablehnungsgesuch daraufhingewiesen hatte, dass <strong>de</strong>m Verteidiger aufgrund <strong>de</strong>rAkteneinsicht bekannt sei, dass <strong>de</strong>r Originalbeschluss v.20.6.2002 datiere, rechtfertigte <strong>de</strong>r Verteidiger sein Ablehnungsgesuchweiter mit Schriftsatz v. 29.10.2002, in <strong>de</strong>m erAusführungen dazu machte, dass in <strong>de</strong>r „Ausfertigung“ erst <strong>de</strong>rOriginalbeschluss zu sehen sei. Das Befangenheitsgesuchwur<strong>de</strong> sodann unter <strong>de</strong>m 21.10.2002 verworfen.Die Hauptverhandlung v. 9.12.2002 begann damit, dass <strong>de</strong>rdamalige Angeklagte, entgegen seinem Verhalten in ersterInstanz, keine Angaben zu seinen persönlichen und wirtschaftlichenVerhältnissen machte. Daraufhin ordnete <strong>de</strong>r Vorsitzen<strong>de</strong>an, dass die Feststellungen zu <strong>de</strong>n persönlichen Verhältnissenaus <strong>de</strong>m Protokoll <strong>de</strong>r amtsgerichtlichen Hauptverhandlungverlesen wer<strong>de</strong>n sollten. Dies wur<strong>de</strong> vom Angeschuldigtenbeanstan<strong>de</strong>t, weil „das <strong>de</strong>m Unmittelbarkeitsgrundsatzwi<strong>de</strong>rspricht“. Diese Beanstandung wur<strong>de</strong> durch Beschluss <strong>de</strong>r

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