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BRAK-Mitt. 3/2006 Aus <strong>de</strong>r Arbeit <strong>de</strong>r BRAK 123Zu Art. 1 Nr. 4: § 243a neu [Urteilsabsprache]1. Durch die Vorschrift <strong>de</strong>s § 243a neu wer<strong>de</strong>n die Voraussetzungen,Inhalt und Folgen einer Urteilsabsprache geregelt. Sieist die zentrale Vorschrift <strong>de</strong>r gesetzlichen Verfahrensordnungfür Urteilsabsprachen. Flankiert wird sie von weiteren Vorschriften,die insbeson<strong>de</strong>re einer Umgehung dieser Verfahrensordnungvorbeugen und ihre Einhaltung durch spezifischeRechtsschutzmöglichkeiten absichern sollen. Die „Verortung“<strong>de</strong>r Regelung im Anschluss an § 243 soll <strong>de</strong>utlich machen, dassdas Verfahren nach einer Urteilsabsprache als Alternative zueiner Hauptverhandlung steht, die nach <strong>de</strong>n allgemeinen Verfahrensvorschriftengem. §§ 244 ff. durchgeführt wird. Damitwird aber nicht intendiert, eine Urteilsabsprache nur zu Beginn<strong>de</strong>r Hauptverhandlung zuzulassen. Zu ihr kann es durchausauch erst im Verlauf einer mehrtägigen Hauptverhandlungkommen.2. Das formalisierte Urteilsabspracheverfahren soll vor Gerichtenje<strong>de</strong>r Ordnung zulässig sein, die als Tatgericht eine Hauptverhandlungdurchführen. Bei Verfahren vor <strong>de</strong>m Amtsgericht –Strafrichter – wird das formalisierte Urteilsabspracheverfahrenallerdings vermutlich eher die Ausnahme bleiben. Hier sindbereits vielfache gesetzliche Verfahrensvereinfachungen vorhan<strong>de</strong>n.Auch wird ein Angeklagter angesichts <strong>de</strong>r möglichenTragweite <strong>de</strong>r von ihm im Zuge <strong>de</strong>r Absprache zu erfüllen<strong>de</strong>nBedingungen regelmäßig <strong>de</strong>s Beistands eines Verteidigersbedürfen. Im Übrigen ist das Urteilsabspracheverfahren nichtauf erstinstanzliche Verfahren beschränkt. Es kann auch erstmaligim Berufungsverfahren durchgeführt wer<strong>de</strong>n. 43. Die Einleitung eines auf eine Urteilsabsprache abzielen<strong>de</strong>nVerfahrens setzt zunächst einen in <strong>de</strong>r Hauptverhandlung zustellen<strong>de</strong>n Antrag <strong>de</strong>s Angeklagten voraus. Dieses Erfor<strong>de</strong>rnissoll dazu beitragen, seine Stellung als Prozesssubjekt zu wahren.Auch soll dadurch einer möglichen Drohung mit <strong>de</strong>r sog.Sanktionsschere vorgebeugt wer<strong>de</strong>n. Wird <strong>de</strong>r Angeklagteohne Antrag gleichwohl mit einer solchen Rechtsfolge durchdas Gericht konfrontiert, könnte dies ggf. Anlass für einenAntrag auf Ablehnung wegen Besorgnis <strong>de</strong>r Befangenheit sein,weil <strong>de</strong>r Angeklagte befürchten müsste, dass unzulässigerweiseDruck auf sein weiteres prozessuales Verhalten ausgeübt wer<strong>de</strong>nsoll. 5Um das Abspracheverfahren in Gang zu setzen, ist neben <strong>de</strong>mAntrag <strong>de</strong>s Angeklagten ein entsprechen<strong>de</strong>r Antrag <strong>de</strong>r Staatsanwaltschafterfor<strong>de</strong>rlich. Diese Voraussetzung ist Ausdruck<strong>de</strong>s hinter <strong>de</strong>m Abspracheverfahren stehen<strong>de</strong>n Konsensprinzips.Sie soll ferner dazu beitragen, schon im Vorfeld eineretwaigen Urteilsabsprache nach Möglichkeit eine weitgehen<strong>de</strong>Übereinstimmung zwischen Staatsanwaltschaft und Angeklagtemüber <strong>de</strong>n Inhalt einer gerichtlichen Zusage und <strong>de</strong>nGegenstand <strong>de</strong>r von Letzterem zu erfüllen<strong>de</strong>n Bedingungen zuerzielen.(...)5. Das Gericht kann nach freiem richterlichem Ermessen entschei<strong>de</strong>n,ob es <strong>de</strong>m Angeklagten eine Strafmaßobergrenzesowie an<strong>de</strong>re Rechtsfolgen zusagt o<strong>de</strong>r nicht. Weist es <strong>de</strong>nAntrag durch begrün<strong>de</strong>ten Beschluss zurück, ist dies zwar revisionsrechtlichohne Be<strong>de</strong>utung. Die Verfahrensbeteiligtenerhalten jedoch Gelegenheit, ggf. ihr weiteres Vorgehen zuüber<strong>de</strong>nken. Auch aus diesem Grun<strong>de</strong> wird <strong>de</strong>m Antragserfor<strong>de</strong>rniszur Einleitung <strong>de</strong>s Abspracheverfahrens <strong>de</strong>r Vorzuggegenüber einer Lösung gegeben, die <strong>de</strong>m Gericht die Initiativeunter <strong>de</strong>r Voraussetzung einer Einverständniserklärung seitens<strong>de</strong>s Angeklagten und <strong>de</strong>r Staatsanwaltschaft überlässt. Lehntdas Gericht beispielsweise in einer gegen mehrere Angeklagtestattfin<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n Hauptverhandlung <strong>de</strong>n Antrag nur eines Angeklagtenauf Zusage einer Strafobergrenze sowie an<strong>de</strong>rer Rechtsfolgenim Hinblick auf eine <strong>de</strong>m Gericht gebotene gleichmäßigeBehandlung aller Angeklagten ab, kann dies die übrigenAngeklagten möglicherweise veranlassen, auch ihrerseits <strong>de</strong>rStellung eines Antrages näher zu treten.(...)7. Das Gericht kann <strong>de</strong>m Angeklagten eine Strafobergrenzesowie an<strong>de</strong>re Rechtsfolgen zusagen. Dabei ist ein unterBerücksichtigung <strong>de</strong>r Sach-, Rechts- und Verfahrenslagegerechter Schuld- und Rechtsfolgenausgleich zu gewährleisten.Die Zusage darf <strong>de</strong>shalb nicht im Wi<strong>de</strong>rspruch zu einer ein<strong>de</strong>utigenSach- und Rechtslage stehen. An<strong>de</strong>rerseits kann dasGericht von einer weitergehen<strong>de</strong>n <strong>de</strong>n Schuldumfang möglicherweiseerhöhen<strong>de</strong>n Sachaufklärung absehen, wenn dies miteinem erheblichen Aufwand bei <strong>de</strong>r Ermittlung <strong>de</strong>s Sachverhaltsverbun<strong>de</strong>n wäre. Der Zusage einer Strafobergrenze wird<strong>de</strong>r Vorzug gegenüber <strong>de</strong>rjenigen einer punktgenauen Strafegegeben. Nicht selten stellen sich nach einer Zusage neueStrafmil<strong>de</strong>rungsgrün<strong>de</strong> heraus. Das Gericht muss in <strong>de</strong>r Lagesein, solchen Verän<strong>de</strong>rungen ohne ein kompliziertes Verfahrendurch eine Strafmaßabweichung nach unten Rechnung zu tragen.(...)Welche weiteren neben einer Strafobergrenze in <strong>de</strong>n Urteilstenoraufzunehmen<strong>de</strong>n Rechtsfolgen zugesagt wer<strong>de</strong>n können,soll <strong>de</strong>r Rechtsprechung überlassen bleiben.In Betracht kommen u.a.– Inhalt einer Anrechnungsentscheidung gem. § 51 StGB,– Strafaussetzung zur Bewährung (§ 56 StGB),– Aussetzung <strong>de</strong>r Unterbringung (§ 67b StGB),– Dauer einer Sperre nach § 69a StGB,– Aussetzung eines Berufsverbots (§ 70a StGB),– Anordnung und Umfang eines Verfalls o<strong>de</strong>r einer Einziehung(insbeson<strong>de</strong>re § 73c StGB).Ob Maßregeln, <strong>de</strong>ren Anordnung im Ermessen <strong>de</strong>s Gerichtssteht 6 (§ 66 Abs. 3 StGB, § 70 StGB), Gegenstand einer Urteilsabsprachesein können, ist <strong>de</strong>r Rechtsprechung vorzubehalten.Die Regelung lässt es zu, Zusagen auch bezüglich solcherRechtsfolgen zu machen, die außerhalb <strong>de</strong>s Urteilstenors, aberin <strong>de</strong>r Entscheidungskompetenz <strong>de</strong>s erkennen<strong>de</strong>n Gerichts liegen:– Zustimmung <strong>de</strong>s Gerichts zur Zurückstellung <strong>de</strong>r Strafvollstreckungnach § 35 BtMG,– Vornahme einer Verfahrensbeschränkung nach §§ 154,154a,– Strafrestaussetzungsentscheidung bei auf freiem Fuß befindlichenAngeklagten,– Entscheidungen zur Untersuchungshaft, die Konsequenz <strong>de</strong>rvom Angeklagten zu erfüllen<strong>de</strong>n Bedingungen sind (z.B.Geständnis und Verdunkelungsgefahr o<strong>de</strong>r Fluchtgefahr imHinblick auf die Straferwartung).Zusagen bzgl. solcher Rechtsfolgen, für <strong>de</strong>ren Herbeiführungdas erkennen<strong>de</strong> Gericht (allein) nicht zuständig ist (z.B. Zusageeiner Strafrestaussetzungsentscheidung gegenüber einem inhaftiertenAngeklagten), sind unzulässig.Eine Vereinbarung über die Anwendung <strong>de</strong>s § 105 JGG dürftenicht ausschließlich <strong>de</strong>n Rechtsfolgenausspruch betreffen unddamit unzulässig sein. Ob Art und Inhalt einer Weisung o<strong>de</strong>reines Zuchtmittels bzw. die Höhe einer Jugendstrafe Gegen-4 ggf. ausdrückliche Ergänzung etwa <strong>de</strong>s § 324 StPO.5 Vgl. BGH, Beschl. v. 8.2.2005 – 3 StR 452/04 = StV 2005, 372.6 Dagegen allerdings BGH, Beschl. v. 8.2.2005 – 3 StR 452/04 = StV 2005,372.

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