Dr. oec. publ. Johannes Binswanger *Lehrstuhl für Finanzwissenschaft und Makroökonomie, Universität ZürichundEuropean Network for the Advancement of Behavioural Economics (ENABLE)IDEI, ToulouseEinleitungFührt mehr Wahlfreiheit zu einer effizienteren beruflichen Vorsorge? Die Beschäftigungmit dieser Frage ist Gegenstand der folgenden Ausführungen. Heute besteht inder Schweiz für Arbeitnehmer praktisch keine Möglichkeit, Einfluss darauf zu nehmen,wie eine Pensionskasse ihre Vorsorgegelder anlegt. Der Mangel an Wahlfreiheit kannprinzipiell zu einem Effizienzverlust führen. Denn wenn die Vorsorgegelder besserindividuellen Wünschen entsprechend angelegt würden, so könnte u.U. mehr Nutzengeschaffen werden, ohne dass dies mit einem Mehr an Kosten verbunden sein müsste.Dem ist andererseits entgegenzuhalten, dass möglicherweise gewissen Arbeitnehmerndas nötige Wissen fehlt, um eine adäquate Anlageentscheidung zu treffen. Sie könntendaher zu unvernünftigen Anlagestrategien verleitet werden.Ein weiterer Aspekt der Flexibilisierung ist die Frage der freien Kassenwahl für deneinzelnen Arbeitnehmer. Bekanntlich kennt das Schweizerische System eine solchezur Zeit nicht. Idealerweise würde die Möglichkeit der freien Kassenwahl dazu führen,dass Kunden von ineffizient verwalteten Kassen zu effizienten wechseln würden. Daso die ineffizienten Kassen nicht im Markt überleben könnten, würde die Effizienz desGesamtsystems steigen. Kritisch ist hier zu bemerken, dass solche freie Kassenwahl u.U.zu einem hohen Marketingaufwand führen kann, wie im Detail diskutiert werden wird.Denn die effizienten Kassen müssen erst einmal auf sich aufmerksam machen. Und diesist in einem Markt für so komplexe Produkte wie Vorsorgeleistungen nicht so einfach.Denn zur Beurteilung eines Angebotes werden dem Kunden einige Sachkenntnisseabverlangt. Und die ineffizienten Kassen haben möglicherweise einen Anreiz, durchverwirrende Marketingaktionen ihren Kunden glaubhaft zu machen, dass bei ihnenhöhere Kosten durch mehr Qualität kompensiert wird. Darüber hinaus wissen wir aus*Kontaktadresse bis 31. März 2005: Zürichbergstrasse 14, CH-8032 Zürich; Tel. 044 634 22 93; E-Mail:binswanger@wwi.unizh.ch. Ab 1. April: Institut d’Économie Industrielle (IDEI), 21, allée de Brienne, F-31000Toulouse.98
den Erfahrungen mit der obligatorischen Krankenversicherung (KVG) und dem Telekommunikationssektor,dass Kunden im Allgemeinen relativ träge von teuren zu billigerenAnbietern wechseln. 1Aus diesen Überlegungen kristallisiert sich heraus, dass die Mündigkeit der Arbeitnehmer,oder deren «Konsumentensouveränität», ein zentrales Moment darstellt in derDiskussion, ob freie Kassenwahl sowie freie Portfoliowahl die Effizienz in der 2. Säuleerhöhen. Ob die Konsumenten im Kontext der Altersvorsorge tatsächlich mündig sindoder nicht, darüber kann man lange streiten. Und man wird auf die gegensätzlichstenMeinungen treffen. Die einzige Möglichkeit, hier über einen Meinungsstreit hinaus zuobjektiveren Erkenntnissen zu gelangen, besteht darin, Individuen bei ihren Entscheidungenzu beobachten. Anhand dessen fällt es dann u.U. leichter, zu beurteilen, ob sievernünftige Altersvorsorgeentscheide fällen oder nicht. Glücklicherweise gibt es Länder,die mit der freien Portfoliowahl bereits eingehende Erfahrungen gesammelt haben, soz.B. Schweden und die USA. Internationale Spitzenforscher der Volkswirtschaftslehrehaben sich die Mühe gemacht, diese Erfahrungen sorgfältig zu analysieren. Auch bezüglichder freien individuellen Kassenwahl können wir auf internationale Erfahrungenzurückgreifen, vor allem aus Australien, Chile und den USA. 2Neben der Mündigkeit der Vorsorger ist Verhandlungsmacht der Marktteilnehmer einzentrales Moment in der Diskussion über freie Kassenwahl. Wird die Anlagetätigkeit z.B.(über eine Vorsorgestiftung) an einen Lebensversicherer ausgelagert, so verhandeltder Arbeitgeber bzw. die Stiftung über die Preis- und Leistungskonditionen. Dabei wirdfür viele einzelne Angestellte gleichzeitig verhandelt, was auf der Nachfrageseite fürVorsorgeleistungen eine effektive Verhandlungsmacht entstehen lässt. Vergleichen wirdies nun mit einer Situation, wo jeder einzeln seine Pensionskasse selber wählen würde.Ein einzelner hätte hier praktisch keine Verhandlungsmacht. Daher könnte es sein, dassein privatwirtschaftlich-kollektives System wie jenes der Schweizerischen betrieblichenVorsorge Leistungen zu wesentlich geringeren Kosten erbringen kann als ein individualisiertesSystem.Die Verwertung von internationalen Erfahrungen wird uns helfen bei der Überlegung,ob mehr Wahlfreiheit in der Schweizerischen 2. Säule zu mehr oder weniger Effizienzführen wird. Eine möglichst effizient organisierte 2. Säule ist ein wichtiges Teilziel bei derRealisierung eines nachhaltigen Rentensystems. Ist ein System ineffizient organisiert,so heisst dies, dass die Vorsorgeziele aller Generationen besser erfüllt werden können,1Ein Blick auf die Internetseite www.comparis.ch bezeugt eindrücklich, dass die Preisdifferenzen zwischenden günstigsten und teuersten Anbietern bedeutsam sein können. Dies widerspricht den Vorstellungenvon reibungslos funktionierendem Wettbewerb bei mündigen Kunden.2Chiles Rentensystem, ein praktisch reines Kapitaldeckungssystem mit freier individueller Kassenwahl,wurde bis vor kurzem von vielen Experten als das international modernste Rentensystem betrachtet.99
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InhaltTeil I: Zusammenfassender wis
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ZusammenfassungDer vorliegende Beri
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2. Mittelfristig ist das Gesamtmode
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1 Einleitung1.1 AusgangslageDie sch
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. Die Renten haben den Existenzbeda
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verzicht finanziert und entsprechen
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2 Veränderungen des UmfeldsSeit de
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2.3 Wirtschaft und Löhne sind kaum
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QuellenverzeichnisArbeitsgruppe Umw
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Spuhler Patrick (2004): Vorsorge -