erfassen und bewerten von visuellen organbefunden in der ...

Erfassen und Bewerten von visuellen Organbefunden in der Otorhinolaryngologie 97
6.2 Chirurgische Therapie von
benignen und malignen Tumoren
der Speicheldrüsen
Ingeborg Lammert
Die überwiegende Zahl der Tumoren (80%)
treten in der Glandula parotis auf. 20-30%
davon sind maligne. 10% sind in der Glandula
submandibularis lokalisiert (davon 35-
40% maligne), 9% in den kleinen Speicheldrüsen
(davon 50% maligne) und 1% in
der Glandula sublingualis (davon 80% maligne).
Die Diagnostik wird nach folgenden Gesichtspunkten
durchgeführt:
Anamnese, HNO-Status mit bimanueller
Palpation, Hirnnervenstatus, Sonographie
(gegebenenfalls Feinnadelaspirationszytologie),
CT oder MRT mit Kontrastmittel bei
Verdacht auf maligne und parapharyngeale
Tumoren, MR-Angiographie bei Verdacht
auf Angiome, ggf. PET-Untersuchungen,
Sialographie, bei Malignomverdacht vollständiges
Staging.
Speicheldrüsentumore:
■ 75% sind gutartig:
70 bis 75% aller Speicheldrüsentumoren
sind gutartige epitheliale Tumoren. Davon
sind 85% pleomorphe Adenome und 15%
monomorphe Adenome (davon 2/3 Zystadenolymphome).
Die Therapie der gutartigen
Parotistumoren besteht je nach Lokalisation
überwiegend in der lateralen und
subtotalen oder totalen Parotidektomie mit
Schonung des N. facialis. Die Enukleation
ist wegen der hohen Rezidivgefahr, wie aus
Tab. 6.6 zu ersehen ist, unbedingt abzulehnen.
Da nach Mehrfachrezidiven von Parotisadenomen
bis zu 20% mit einer sekundären
Malignisierung gerechnet werden muss,
sollte die Erstoperation mindestens eine laterale
Parotidektomie sein, wie auch Mann,
Conley, Mielke, Stennert, Wigand und andere
fordern.
Als postoperative Komplikationen nach Parotidektomie
können die partielle oder totale
Fazialisparese, Speichelfisteln und als Spätkomplikation
das Frey’sche Syndrom auftreten.
Bei benignen Tumoren der Glandula submandibularis
wird die gesamte Drüse mit
dem Tumor unter Schonung nervaler Strukturen
reseziert.
Speicheldrüsenmalignome:
■ Malignitätskriterien sind nicht konstant
vorhanden, deshalb ist Vorsicht geboten!
Bei 25 bis 30% aller Speicheldrüsentumoren
handelt es sich um maligne Prozesse.
Als Malignitätskriterien gelten Schmerzen,
schnelles Wachstum (Cave: adenoidzystisches
Karzinom), Fazialisparese (Parotistumor),
Infiltration der Umgebung (ggf. Ulzeration)
und zervikale Lymphknotenmetastasen
(20–50%).
65 bis 80% der Malignome treten jedoch als
singuläre Raumforderungen ohne die angeführten
Malignitätskriterien auf.
Dadurch sind Nachoperationen häufig unumgänglich.
Die Charakteristika der häufigsten
malignen Speicheldrüsentumoren sind
aus Tab. 6.7, Seite 98 ersichtlich.
Rezidivrate n. Therapie von pleomorphen
Adenomen (n. Literatur von Stennert)
Autoren Enukleation Rezidive Laterale Rezidive
(n) [%] (n) [%]
Lanier et al.
(1972)
20 70 88 4
Mann et al.
(1985)
59 49 123 –
Maimaris
(1986)
21 14 108 0
Federspil et al. 21 14 108 0
(1994)
Wennmo et al. 33 6 57 9
(1994)
Tab. 6.6
Die Inzidenz von benignen
und malignen Tumoren der
Speicheldrüsen beträgt 1 bis
2 Erkrankungen pro 100.000
Einwohner. Das Durchschnittsalter
liegt zwischen dem 50.
und 60. Lebensjahr – darauf
wies I. Lammert (Universitäts-
Hals-Nasen-Ohrenklinik und
Poliklinik der Charité Berlin)
während der 7. Weißenseer
HNO-Fortbildung Anfang
November 2000 in Berlin hin.
Abb. 6.7a
Mukoepidermoides Karzinom
der Glandula parotis links
(pT2 pN2 M0).
Abb. 6.7b
Intakte Funktion des N. facialis
7 Tage postoperativ.