Waldkrankenhaus Köppern - Arbeit und Leben (DGB/VHS)
Waldkrankenhaus Köppern - Arbeit und Leben (DGB/VHS)
Waldkrankenhaus Köppern - Arbeit und Leben (DGB/VHS)
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
gen der offenen Tür, Sommerfesten anzugehen. Damit versuchen wir, Kontakte zwischen<br />
psychisch Kranken <strong>und</strong> der so genannten Normalbevölkerung zustande zu bringen.<br />
Wie kommt das an?<br />
Sehr gut. Wir machen das Sommerfest seit 15 Jahren. Es kommen immer mehr Besucher,<br />
dann herrscht hier drangvolle Enge. Oft haben die Menschen noch Ängste im Umgang mit<br />
psychisch Kranken. Sie fühlen sich bedroht, können es nicht einordnen, wissen nicht, woher<br />
eine solche Krankheit kommt. Wenn sich jemand ein Bein bricht, ist das zu erklären. Aber<br />
wie wird jemand schizophren? Was man nicht begreifen kann, macht Angst. Wichtig ist: Die<br />
Psychiatrie gehört in ein Allgemeinkrankenhaus.<br />
Nehmen psychische Erkrankungen im Hochtaunuskreis zu?<br />
In den nächsten Jahren wird die Zahl der Depressionen zunehmen, da gibt es Hochrechnungen.<br />
Gerade die Depression droht in den nächsten zehn, fünfzehn Jahren die häufigste Krankheit<br />
noch vor Herz-Kreislauf- <strong>und</strong> orthopädischen Erkrankungen zu werden. Auch die Zahl<br />
der Demenzen wird steigen.<br />
Gibt es da Zahlen für den Kreis?<br />
Statistisch sind etwa vier Prozent der Bevölkerung von Depression betroffen. Das wären im<br />
Kreis etwa 8.000 Menschen.<br />
Woran liegt es, dass immer mehr Menschen unter Depressionen leiden?<br />
Wir werden immer älter, <strong>und</strong> je älter jemand wird, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit,<br />
dass er depressiv wird, auch im Zusammenhang mit organischen Erkrankungen. Außerdem<br />
gibt es viele Menschen, die reaktiv depressiv werden – aus Angst vor dem Verlust des <strong>Arbeit</strong>splatzes,<br />
vor Krankheiten, aufgr<strong>und</strong> der Finanzkrise <strong>und</strong> von Terrorängsten. Auch der<br />
Halt, den früher die Religion bot, nimmt ab. Die familiären Bande halten immer weniger. Je<br />
qualifizierter jemand im Beruf ist, desto wahrscheinlicher ist es, dass er die Familie verlassen<br />
muss <strong>und</strong> allein ist in Krisen. Und in Ballungsgebieten wie Rhein-Main geht jede zweite Ehe<br />
den Bach runter.<br />
Etwa 8.000 Depressions-Patienten gibt es im Hochtaunuskreis. Werden die alle behandelt?<br />
Bei leichten Formen reicht es oft aus, sich mit pflanzlichen Präparaten zu versorgen oder stützende<br />
Gespräche zu führen. Da muss man nicht gleich zum Arzt gehen. Schwerere Formen<br />
sollten behandelt werden. Das hängt aber auch von der Einsicht <strong>und</strong> dem Leidensdruck des<br />
Patienten ab. Eigentlich müssten viel mehr Menschen behandelt werden.Was sind Warnzeichen?<br />
Viele Patienten sind niedergeschlagen, ohne Antrieb, die Energie fehlt, sie ziehen sich zurück.<br />
Es treten Schlafprobleme auf, die Patienten klagen über Appetitlosigkeit. Dinge, die sonst<br />
Spaß gemacht haben, machen plötzlich keinen Spaß mehr. Manche Patienten erzählen, dass<br />
der Tag wie ein Berg vor ihnen liegt. Wenn das länger als ein, zwei Wochen anhält, sollte<br />
man zum Arzt gehen.<br />
Wie sind die Heilungschancen?<br />
Sehr gut. Man kann mit Medikamenten behandeln, <strong>und</strong> es gibt die Möglichkeit der Psychotherapie<br />
oder in bestimmten Fällen auch Lichttherapie. Es gibt viele gute Therapieansätze,<br />
damit kann man 80 Prozent der Patienten gut helfen.<br />
Ist das Behandlungsangebot im Kreis ausreichend?<br />
Wir haben eine große Dichte an Nervenärzten, Psychologen <strong>und</strong> Therapeuten. Wir haben im<br />
<strong>Waldkrankenhaus</strong> eine eigene Station für Depressionen <strong>und</strong> ein tagesklinisches Angebot in<br />
Bad Homburg, gleich neben dem Kreiskrankenhaus. Aus meiner Sicht ist das Angebot für<br />
Depressive gerade im Vordertaunus gut.<br />
64