Agroenergie in Lateinamerika - FDCL
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<strong>Agroenergie</strong> <strong>in</strong> Late<strong>in</strong>amerika<br />
Mit dem langsamen Vordr<strong>in</strong>gen der mechanisierten Ernte gesellt sich für die Plantagenarbeiter<br />
zu den harten Arbeitsbed<strong>in</strong>gungen e<strong>in</strong>e weitere Sorge: die um den Verlust der<br />
Beschäftigung. Da e<strong>in</strong>e moderne Erntemasch<strong>in</strong>e bis zu 100 Arbeiter ersetzen kann, opponierten<br />
Gewerkschaften gegen deren verstärkten E<strong>in</strong>satz. Dieser vor allem im Südosten<br />
relevante Trend schlug sich bereits <strong>in</strong> beträchtlichen Jobverlusten nieder. Waren<br />
1992 noch rund 675.000 Arbeiter <strong>in</strong> der Zuckerrohrproduktion beschäftigt, sank diese<br />
Zahl bis 2003 auf knapp 450.000 – e<strong>in</strong> Verlust von e<strong>in</strong>em Drittel. 42 Es wird geschätzt,<br />
dass bei vollständiger Mechanisierung <strong>in</strong> São Paulo und 50-prozentiger Mechanisierung<br />
im Rest des Landes 165.000 weitere Jobs verloren gehen könnten. 43<br />
Extreme Leistungsanforderungen und Flexibilisierung<br />
Die Leistungsanforderungen der Zuckerrohrschneider s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> den vergangenen 20 Jahren<br />
erheblich angestiegen. In Riberão Preto etwa musste e<strong>in</strong> Arbeiter <strong>in</strong> den 80er Jahren<br />
durchschnittlich 6 Tonnen Zuckerrohr pro Tag ernten, heute werden ihm 12 Tonnen,<br />
mitunter sogar 15 Tonnen, abverlangt. Ferner gibt es zahlreiche Betrugsvorwürfe. Die<br />
meisten Arbeiter haben selbst ke<strong>in</strong>e Möglichkeit, das Gewicht ihrer täglich geschlagenen<br />
Zuckerrohrmengen zu messen. Diese Messungen nehmen die Fabriken vor. Arbeiter<br />
und Gewerkschaften beklagen jedoch, dass es hier zu Manipulationen kommt und den<br />
Arbeitern weniger gezahlt wird als ihnen zusteht. 44<br />
Viele der Arbeiter s<strong>in</strong>d Migranten aus den nördlichen Bundesstaaten, die unter elenden<br />
Bed<strong>in</strong>gungen <strong>in</strong> Baracken <strong>in</strong> den Plantagengebieten untergebracht werden und überhöhte<br />
Preise für Mieten und Verpfl egung zahlen. Diese Kosten werden ihnen meist direkt<br />
von den Löhnen abgezogen. Immer wieder deckt die Polizei Fälle von illegalen<br />
Arbeitsvermittlern (sogenannte „gatos“) auf, die die Saisonarbeiter unter falschen Versprechen<br />
<strong>in</strong> ihren Heimatgebieten anwerben und gegen hohes Entgelt <strong>in</strong> die Zuckerrohrzentren<br />
des Südens transportieren. Oftmals kommen die Arbeiter bereits verschuldet<br />
auf den Plantagen an. Die Plantagenbetreiber stellen die Saisonarbeiter nicht selbst<br />
an, sondern schalten hierfür <strong>in</strong> der Regel Vermittler e<strong>in</strong>. 45<br />
Angeheuert von den Arbeitsvermittlern verlieren die Arbeiter viele ihrer Rechte wie bezahlte<br />
Erholungszeiten oder gewerkschaftliche Klagemöglichkeiten. Es wird geschätzt,<br />
dass 65 Prozent der Beschäftigten im Zucker- und Ethanolsektor nicht <strong>in</strong> Gewerkschaften<br />
organisiert s<strong>in</strong>d. Im Ergebnis trägt die Nutzung der Leiharbeit zur Prekarisierung der<br />
Beschäftigungsverhältnisse im Zuckersektor bei, während der gewerkschaftlichen Organisierung<br />
weitere Hürden <strong>in</strong> den Weg gelegt werden. 46<br />
16<br />
Ebene der Bundesstaaten ist bisher jedoch das Dekret <strong>in</strong> São Paulo. Siehe: ESMAP 2005,<br />
FN 14, S. 125f. sowie Smeets et al, 2006, FN 38, S. 50.<br />
42 ESMAP, 2005, FN 14, S. 128f.<br />
43 Smeets et al, 2006, FN 38, S. 49.<br />
44 Rede Social de Justiça e Direitos Humanos/Commisão Pastoral da Terra, 2006, FN 15, S. 14f.<br />
45 Ebd, S. 21.<br />
46 Laschefski/Teixeira Assis, 2006, FN 36, S. 30.