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Agroenergie in Lateinamerika - FDCL

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<strong>Agroenergie</strong> <strong>in</strong> Late<strong>in</strong>amerika<br />

kerung. Fast alle der 84 <strong>in</strong>digenen Gruppen Kolumbiens s<strong>in</strong>d Opfer von Vertreibungen<br />

geworden. Seit 2002 wurden über 200 Führungspersonen der Kankuamo, der größten<br />

<strong>in</strong>digenen Gruppe, ermordet. 220 Frauen s<strong>in</strong>d gleichfalls überproportional unter den Vertriebenen<br />

vertreten. 45 Prozent der betroffenen Haushalte werden von alle<strong>in</strong>erziehenden<br />

Frauen geführt. Frauen und Mädchen stellen 54 Prozent der Vertriebenen.<br />

Viele der B<strong>in</strong>nenfl üchtl<strong>in</strong>ge s<strong>in</strong>d traumatisiert, haben selbst Misshandlungen erlitten, oder<br />

mussten mitansehen, wie ihre Familienmitglieder umgebracht wurden. E<strong>in</strong> großer Teil<br />

lebt <strong>in</strong> prekären Unterkünften <strong>in</strong> den Slums der kolumbianischen Großstädte, <strong>in</strong> denen<br />

ihnen der Zugang zu Basisdienstleistungen wie Strom, Wasser- und Sanitärversorgung<br />

fehlt. Da sie ihren Lebensunterhalt zuvor meist <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Subsistenzökonomie bestritten,<br />

haben sie erhebliche Schwierigkeiten, sich im marktwirtschaftlichen System der Städte<br />

ökonomisch zu stabilisieren. Entsprechend schwer fehlt es ihnen, Arbeit zu fi nden.<br />

Die Ernährungssituation der B<strong>in</strong>nenfl üchtl<strong>in</strong>ge ist ebenfalls prekär. 59 Prozent fehlen die<br />

Mittel, sich ausreichend zu ernähren. Da auch die Nahrungsmittelhilfe nicht ausreicht,<br />

sammeln viele der Flüchtl<strong>in</strong>ge die Gemüseabfälle, die sie auf den Märkten fi nden. E<strong>in</strong><br />

Betroffener berichtet: „Wir leben von den Resten. Die Yucca, die wir auf den Märkten<br />

vom Boden aufsammeln, ist Teil unseres Lebens.“ 221<br />

Gefährdung der Ernährungssicherheit im Department Bolívar<br />

In den Gebieten der Palmexpansion lassen sich weitere Folgen beobachten, die unmittelbar<br />

das Leben der Menschen bee<strong>in</strong>trächtigen. So sehen sich die im Süden des Departments<br />

Bolívar lebenden Kle<strong>in</strong>bauern ebenfalls massiver Verdrängung durch Palmplantagen<br />

ausgesetzt. 60 Prozent der Familien <strong>in</strong> dieser Region haben überhaupt ke<strong>in</strong><br />

eigenes Land. Von den 40 Prozent, die Land besitzen, verfügen nur 15 Prozent über sichere<br />

Besitztitel. Die Grundstücke, die ihnen gehören, s<strong>in</strong>d jedoch viel zu kle<strong>in</strong>, um <strong>in</strong><br />

dieser Region überleben zu können. 222<br />

Mit der Palmexpansion gehen große Flächen für den Anbau von Grundnahrungsmitteln<br />

wie Reis, Mais und Maniok verloren, die die Familien bisher durch Zupachtungen und<br />

andere Kooperationsformen mitnutzen konnten. Anlagen zur Reisverarbeitung mussten<br />

bereits stillgelegt werden, weil die Lieferungen fehlen. Die Familien im Süden Bolívars<br />

sehen sich mittlerweile gezwungen, Maniok zu kaufen, das sie vorher <strong>in</strong> ausreichender<br />

Menge selbst produzierten.<br />

Der Mangel erstreckt sich noch auf weitere Ressourcen. Durch die Rodungen der Plantagenfi<br />

rmen fehlt den Familien ausreichendes Brennholz zum Kochen. Ebenso mangelt<br />

es an Holz, um Häuser zu bauen oder zu reparieren, und an Palmwedeln, um Dächer<br />

abzudecken. Durch die Vergiftung der Flüsse <strong>in</strong>folge des Pestizide<strong>in</strong>satzes sterben Fi-<br />

220 IDMC, 2006, FN 200, S. 23f.<br />

221 Zitiert <strong>in</strong>: Comisión de Seguimiento a la Política Pública Sobre el Desplazamiento Forzado:<br />

Proceso Nacional de Verifi cación de los Derechos de la Población Desplazada. Primer Informe<br />

a la Corte Constitucional. Bogotá, 31.1.2008, S. 86ff.<br />

222 Astrid Álvarez/Fernando Castrillón, 2007: Agrocombustibles: Una vía para el despojo des las<br />

tierras y la <strong>in</strong>seguridad alimentaria de los campes<strong>in</strong>os del centro-oriente de Colombia (Sur<br />

de Bolívar). In: Revista Semillas, Nos. 34/35, Dezember 2007, S. 83-88.<br />

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