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Agroenergie in Lateinamerika - FDCL

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Fazit<br />

Die Analyse der Agrotreibstoffpolitik <strong>in</strong> Brasilien, Paraguay, Argent<strong>in</strong>ien und Kolumbien<br />

enthüllt ernstzunehmende soziale und ökologische Risiken. In allen vier Ländern verstärkt<br />

die <strong>in</strong>ternationale Nachfrage nach Agrotreibstoffen und ihren landwirtschaftlichen<br />

Rohstoffen den Trend zur Ausweitung der Agrarfl ächen und zur Intensivierung der<br />

Produktion. Ebenso fehlt es <strong>in</strong> allen Ländern an e<strong>in</strong>er effektiven Landnutzungspolitik,<br />

die diese Entwicklung steuern und die sozialen und ökologischen Risiken m<strong>in</strong>imieren<br />

könnte. Aufgrund dieses Mangels erfolgt der E<strong>in</strong>stieg <strong>in</strong> die Agrokraftstoffe hauptsächlich<br />

nach dem dom<strong>in</strong>ierenden Modell der exportorientierten, monokulturellen Landwirtschaft.<br />

Die Konzentration des Landbesitzes nimmt unverändert zu, während kle<strong>in</strong>bäuerliche<br />

Produzenten weiter verdrängt werden.<br />

In Ländern wie Brasilien, Paraguay und Kolumbien, wo es unterschiedlich ambitionierte<br />

Programme der Landumverteilung gibt, gerät die Agrarreform zunehmend <strong>in</strong> Konflikt<br />

mit der <strong>Agroenergie</strong>politik. Die Inkohärenz der staatlichen Politik ist unübersehbar,<br />

wenn Familien im Rahmen von Agrarreformprogrammen Landtitel erhalten, sich anschließend<br />

aber durch die vorrückenden Zuckerrohr-, Soja- und Ölpalmplantagen <strong>in</strong> ihrer<br />

Existenz gefährdet sehen.<br />

Mitunter wird die Agrarreform auch <strong>in</strong> den Dienst der agroenergetischen Massenproduktion<br />

gestellt. So propagiert die kolumbianische Regierung „strategische Allianzen“ zwischen<br />

Ölpalmfi rmen und afrokolumbianischen Geme<strong>in</strong>den, die kollektive Landtitel erhielten,<br />

und <strong>in</strong> Brasilien steigen Ansiedlungen der Agrarreform <strong>in</strong> den Vertragsanbau für<br />

die Biodiesel<strong>in</strong>dustrie e<strong>in</strong>. Die bisherigen Erfahrungen zeigen aber, dass die Konditionen<br />

des Vertragsanbaus überaus nachteilig für die Bauern se<strong>in</strong> können. Häufi g geraten sie<br />

<strong>in</strong> große Abhängigkeit von e<strong>in</strong>em e<strong>in</strong>zigen Abnehmer, erzielen nur sehr niedrige E<strong>in</strong>nahmen<br />

und verschulden sich gegenüber den Firmen. Zusätzlich s<strong>in</strong>kt ihre Ernährungssicherheit<br />

<strong>in</strong> dem Maße, <strong>in</strong> dem sie den Anbau von Grundnahrungsmitteln aufgeben und<br />

vom Lebensmittelkauf abhängig werden. Dadurch s<strong>in</strong>d auch immer mehr Kle<strong>in</strong>bauern<br />

von dem aktuellen Anstieg der Verbraucherpreise für Lebensmittel betroffen.<br />

Deutlich wird daneben, dass Sozialprogramme wie „jefes y jefas de hogar“ <strong>in</strong> Argent<strong>in</strong>ien<br />

oder „bolsa família“ <strong>in</strong> Brasilien, so notwendig sie auch s<strong>in</strong>d, ke<strong>in</strong>en Ersatz für e<strong>in</strong>e<br />

effektive staatliche Förderung der bäuerlichen Landwirtschaft darstellen. Die kle<strong>in</strong>bäuerlichen<br />

Betriebe leisten e<strong>in</strong>en weitaus höheren Beitrag für die Generierung von Beschäftigung<br />

und E<strong>in</strong>kommen als die Plantagenwirtschaft des Agrobus<strong>in</strong>ess. Daher wird<br />

jedwede Förderung der familiären Landwirtschaft auch nur dann durchgreifende Wirkung<br />

erzielen können, wenn sie zugleich der ungehemmten Ausbreitung des Agrobus<strong>in</strong>ess<br />

e<strong>in</strong>en Riegel vorschiebt.<br />

Jedoch be<strong>in</strong>haltet vor allem die brasilianische <strong>Agroenergie</strong>politik e<strong>in</strong>e wenig überzeugende<br />

Doppelstrategie: E<strong>in</strong>erseits fördert sie nach Kräften die Expansion von Zuckerrohr-<br />

und Sojaplantagen, andererseits will sie mit ihrem Biodieselprogramm der familiären<br />

Landwirtschaft zu E<strong>in</strong>kommen verhelfen. Die andauernden Landkonfl ikte und der<br />

massive Verdrängungswettbewerb verdeutlichen aber, dass es e<strong>in</strong> harmonisches Nebene<strong>in</strong>ander<br />

von familiärer und <strong>in</strong>dustrieller Landwirtschaft nicht gibt.<br />

Fazit<br />

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