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RECHT & MARKETING _ Rückgaberecht<br />

Das Internet ein Leihhaus?<br />

Entgegen <strong>de</strong>r landläufigen Meinung besteht das Wi<strong>de</strong>rrufs- bzw. Rückgaberecht nicht<br />

nur bei Bestellungen im bzw. aus <strong>de</strong>m Internet. Vielmehr gilt es im gesamten Fernabsatz.<br />

acquisa erklärt, auf welche rechtlichen Fallstricke zu achten ist.<br />

Text _ Horst Leis<br />

Sicher geglaubte Rechte zum Ausschluss<br />

<strong>de</strong>s Rückgaberechts, wie das Öffnen von<br />

eingeschweißten Daten- o<strong>de</strong>r Musik-CD’s<br />

(OLG Hamm, Urteil vom 30.3.2010, Az. 4<br />

U 212/09), das Verbot <strong>de</strong>r Ingebrauchnahme<br />

eines Wasserbetts durch Befüllen<br />

(BGH, Urteil vom 3.11.2010 – VIII ZR<br />

337/09) sowie <strong>de</strong>r Kauf durch einen Freiberufler<br />

(BGH, Urteil vom 30.09.2009,<br />

Az.: VIII ZR 7/09) sind zwischenzeitlich<br />

– zumin<strong>de</strong>st für die entschie<strong>de</strong>nen Fälle<br />

– als wi<strong>de</strong>rrufs- bzw. rückgabefähig eingestuft<br />

wor<strong>de</strong>n.<br />

Berücksichtigt man ferner, dass nach<br />

einer aktuellen Umfrage von Trusted<br />

Shops und <strong>de</strong>m Deutschen Industrie-<br />

und Han<strong>de</strong>lskammertag (DIHK) im Juli<br />

2010 rund 80 Prozent <strong>de</strong>r Online-Händler<br />

einen Wertverlust durch Rückgabe<br />

von anlassbezogener Ware (Karneval,<br />

Taufkleid etc.) beklagen, ist es zum<br />

Schutz <strong>de</strong>s Online-Händlers und zur<br />

Vermeidung von Rechtsstreiten erfor<strong>de</strong>rlich,<br />

seine Rechte und Pflichten zu<br />

kennen und entsprechend zu agieren.<br />

Geltung auf Händlerseite<br />

Entgegen <strong>de</strong>r landläufigen Meinung<br />

besteht das Wi<strong>de</strong>rrufs- bzw. Rückgaberecht<br />

nicht nur bei Bestellungen im<br />

bzw. aus <strong>de</strong>m Internet. Vielmehr gilt es<br />

im gesamten Fernabsatz. Das heißt, dass<br />

neben <strong>de</strong>m Internet auch an<strong>de</strong>rweitige,<br />

ausschließlich postalisch, telefonisch<br />

o<strong>de</strong>r per Fax erfolgte Bestellungen darunterfallen<br />

(vgl. § 312 b Absatz 1 und<br />

2 BGB). Daher gilt auch für <strong>de</strong>n klassischen<br />

Versandhändler mit Katalogversendung<br />

und telefonischer Bestellung<br />

das Fernabsatzrecht. Doch gilt dies in<br />

genauso breiter Front auch für <strong>de</strong>n Käufer?<br />

Das Fernabsatzrecht gilt kraft Gesetz (§<br />

312 b Absatz 1 BGB) zwischen einem Unternehmer<br />

und einem Verbraucher. Wer<br />

als Verbraucher bzw. Unternehmer gilt,<br />

regelt wie<strong>de</strong>rum § 13 (Verbraucher) bzw.<br />

§ 14 BGB (Unternehmer).<br />

Geltung auf Käuferseite<br />

Das Problem liegt hier in <strong>de</strong>r Abgrenzung.<br />

Allein die Or<strong>de</strong>r sagt nämlich<br />

nichts über <strong>de</strong>n Zweck <strong>de</strong>s Rechtsgeschäfts<br />

und die Zurechnungsfähigkeit<br />

zu einer gewerblichen o<strong>de</strong>r selbstständigen<br />

beruflichen Tätigkeit (Text von §<br />

13 BGB: »Verbraucher ist je<strong>de</strong> natürliche<br />

Person, die ein Rechtsgeschäft zu einem<br />

Zwecke abschließt, <strong>de</strong>r we<strong>de</strong>r ihrer gewerblichen<br />

noch ihrer selbstständigen<br />

beruflichen Tätigkeit zugerechnet wer<strong>de</strong>n<br />

kann.«).<br />

So hatte in <strong>de</strong>r oben genannten Entscheidung<br />

<strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>sgerichtshof (Urteil<br />

vom 30.9.2009, Az.: VIII ZR 7/09) darüber<br />

zu befin<strong>de</strong>n, ob einer Rechtsanwältin<br />

im Rahmen einer erfolgten Bestellung<br />

unter Angabe <strong>de</strong>s Berufs aufgrund <strong>de</strong>r<br />

privaten, weil für zu Hause bestimmten<br />

und verwen<strong>de</strong>ten Lampen ein Wi<strong>de</strong>rrufsrecht<br />

zustand. Der BGH hat diese<br />

Frage positiv beschie<strong>de</strong>n und mit <strong>de</strong>r<br />

Zweckbestimmung und <strong>de</strong>r fehlen<strong>de</strong>n<br />

Offensichtlichkeit <strong>de</strong>r gewerblichen bzw.<br />

freiberuflichen Verwendung begrün<strong>de</strong>t.<br />

Wäre hier anstatt Lampen Toner bestellt<br />

wor<strong>de</strong>n, hätte die Entscheidung an<strong>de</strong>rs<br />

ausgehen können. Auch das oft beschworene<br />

»Siegel« gemäß § 312 d Absatz 4 Nr. 2<br />

BGB (Gesetzestext: (…) »(4) Das Wi<strong>de</strong>rrufsrecht<br />

besteht, soweit nicht ein an<strong>de</strong>res<br />

bestimmt ist, nicht bei Fernabsatzverträgen<br />

(…) 2. zur Lieferung von Audio- o<strong>de</strong>r<br />

Vi<strong>de</strong>oaufzeichnungen o<strong>de</strong>r von Software,<br />

sofern die gelieferten Datenträger vom<br />

Verbraucher entsiegelt wor<strong>de</strong>n sind), in<br />

Form von eingeschweißten Daten- o<strong>de</strong>r<br />

Musik-CD ist keine Lösung, da eine reine<br />

Cellophanhülle nicht die einem Siegel<br />

innewohnen<strong>de</strong> Prüf- und Besinnungsfunktion<br />

erfüllen wür<strong>de</strong> (OLG Hamm,<br />

Urteil vom 30.3.2010, Az. 4 U 212/09). Daher<br />

sind auch eingeschweißte CD nach<br />

» ONLINE- ODER KATALOGVERSANDHÄNDLER MÜSSEN<br />

AUSREICHEND UND VOLLSTÄNDIG ÜBER DAS WIDER-<br />

RUFS- BZW. RÜCKGABERECHT INFORMIEREN.«<br />

Öffnung <strong>de</strong>r Hülle nicht vom Wi<strong>de</strong>rrufsrecht<br />

ausgeschlossen. Doch wie lautet die<br />

Verhaltensempfehlung, welche diesen<br />

Konfliktstoff beseitigen könnte?<br />

Da die Regel gelten muss, dass ein Streit<br />

ums Wi<strong>de</strong>rrufs- bzw. Rückgaberecht<br />

nur dann Sinn hat, wenn an<strong>de</strong>rweitige<br />

Anhaltspunkte <strong>de</strong>n Zweck <strong>de</strong>r gewerblichen<br />

Verwendung belegen o<strong>de</strong>r tatsächlich<br />

ein Siegel gebrochen wur<strong>de</strong>,<br />

sollte im Zweifel aus <strong>de</strong>r sich durch die<br />

Urteile <strong>de</strong>s OLG und BGH ergeben<strong>de</strong>n<br />

»Schwäche« ein positives Kaufargument<br />

gemacht und auch <strong>de</strong>m gewerblichen<br />

bzw. freiberuflichen Kun<strong>de</strong>n ein entsprechen<strong>de</strong>s<br />

Rückgaberecht von 14 Tagen<br />

eingeräumt wer<strong>de</strong>n. Diese Option<br />

vermag jedoch nur dann zu ziehen,<br />

wenn in <strong>de</strong>n Belehrungen alles richtig<br />

gemacht wor<strong>de</strong>n ist.<br />

66 www.acquisa.<strong>de</strong> 03/2011

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