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Domschule - Der Kessener

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Stress bis zum<br />

Zusammenbruch<br />

70 Prozent aller Patienten der Psychosomatischen<br />

Tagesklinik haben Arbeitsplatzprobleme<br />

Auf dem Weg zur Arbeit begann Volker Kurth (Name geändert)<br />

plötzlich zu weinen. Aus heiterem Himmel. Grundlos. Und es<br />

blieb nicht bei diesem einen Mal. Wochenlang ging das so:<br />

Kurth steigt in sein Auto, fährt ins Büro - und weint. „Seine<br />

Leistungsfähigkeit fiel ab, er konnte sich immer weniger konzentrieren“,<br />

sagt Professor Herbert Csef, der den Mann später<br />

in seiner Psychosomatischen Tagesklinik behandelte.<br />

Professor Dr. Herbert Csef warnt davor, Burn-out-Signale zu ignorieren.<br />

Foto: Pat Christ<br />

Bei 70 Prozent aller Patienten, die aktuell in der Würzburger<br />

Tagesklinik therapiert werden, hängt die psychosomatische<br />

Erkrankung mit dem Lebensbereich<br />

„Arbeit“ zusammen. „Diese Probleme nehmen enorm<br />

zu“, konstatiert Csef. Viele Menschen halten den Stress<br />

im Job nicht mehr aus. Viele leiden unter Mobbing.<br />

Viele schliddern, ohne dass sie es rechtzeitig merken,<br />

ins Burn-Out hinein. Durch die Wirtschaftskrise stieg die<br />

Angst um den Arbeitsplatz noch einmal. Csef: „Wobei<br />

auch Erfolgreiche, die Geld haben, sich viel leisten können<br />

und keine Angst um ihren Arbeitsplatz haben müssen,<br />

von Burn-Out betroffen sind.“<br />

Menschen eben wie Volker Kurth, der selbstständig ist,<br />

ein eigenes Haus hat, sich keine Sorgen machen muss,<br />

wie er seine Familie durchbringt. Dennoch überforderte<br />

seine berufliche Situation den 32-Jährigen. Er bekam<br />

einen Tinnitus, dann einen Nervenzusammenbruch.<br />

Irgendwann ging er, der stets aktiv war, nicht mehr aus<br />

dem Haus. Sagte alle Termine ab. Blieb einfach im Bett<br />

liegen. Er könne sich, erklärte er seiner Frau, nicht mehr<br />

rühren. Erst, als es so weit war, ließ sich der junge Mann<br />

helfen.<br />

Würzburg<br />

Burn-out kann jeden treffen. Karrieremenschen wie<br />

Volker Kurth. Und auf der Strecke Gebliebene wie Markus<br />

Gerigk (Name geändert). Als dessen IT-Firma pleite<br />

ging, stand der Mann auf der Straße. 200 Bewerbungen<br />

hat er seitdem geschrieben - ohne Aussicht auf einen<br />

Job. Die ständige Sorge, wie es beruflich mit ihm weitergehen<br />

wird, führte den Facharbeiter in Angstzustände<br />

und Depressionen hinein. Gerigk begann, um sich zu beruhigen,<br />

zu trinken. Und brauchte immer mehr Alkohol.<br />

„100 Bewerbungen ohne Erfolg schreiben - wer wäre<br />

da nicht demoralisiert?“, kommentiert Csef, der auch<br />

Markus Gerigk therapierte. Die Arbeitswelt, stellt der<br />

Mediziner fest, ist vielerorts brutal geworden. Wer nicht<br />

funktioniert, bei dem gehen die Chancen, irgendwo<br />

unterzukommen, rapide gegen Null. „Tödlich“ aus Sicht<br />

der Personaler ist vor allem, wenn sich bei Bewerbern<br />

psychische Probleme herausstellen. Wird gar ein Aufenthalt<br />

in einer psychosomatischen oder psychiatrischen<br />

Klinik ruchbar, fallen die Schotten. Eine bedenkliche<br />

Entwicklung, so Csef: „Die in den gesellschaftlichen Kältetod<br />

führt.“<br />

Den sich verschärfenden Bedingungen in der Arbeitswelt<br />

sind Arbeitnehmer mehr oder weniger ausgeliefert.<br />

Was sie jedoch in der Hand haben: Sie können<br />

sich Hilfe holen, bevor sie derart ausgebrannt sind wie<br />

Volker Kurth oder Markus Gerigk.<br />

Das Burn-Out-Syndrom, warnt Csef, leitet prinzipiell<br />

eine Spirale abwärts ein. Nichts wird von selbst besser.<br />

Vergeblich die Hoffnung, dass die Kräfte eines Tages<br />

schon wieder zurückkommen werden, ohne dass aktiv<br />

gegengesteuert wird. Sich frühzeitig Hilfe holen, etwas<br />

zu unternehmen, bevor sich eine massive Depression<br />

ausgebildet hat, das ist Csefs Appell an alle, die unter<br />

Dauerstress stehen.<br />

„Erkenne die Lage!“ lautet ihm zufolge das wichtigste<br />

Fazit aus jahrzehntelanger Stressforschung und das Tor,<br />

durch das Betroffene der Stresshölle entfliehen können.<br />

Wird, womöglich mit Hilfe anderer, mit Hilfe von Freunden<br />

oder Professionellen, die Lage klar, können Konsequenzen<br />

gezogen werden. Die mögen schmerzhaft sein.<br />

Doch gibt es letztlich zu ihnen keine Alternative. Jedes<br />

Weitermachen in der Stresssackgasse führt tiefer ins<br />

Burn-out hinein.<br />

Manchmal besteht der einzige Ausweg darin, den Arbeitsplatz<br />

zu wechseln. Nicht selten ist aber auch eine<br />

Einstellungsänderung angesagt. Denn auch das kommt<br />

vor: Menschen werden deshalb nicht glücklich in ihrem<br />

Beruf, weil sie in den Unternehmen, in denen sie angestellt<br />

werden, permanent anecken. Weil sie sich nichts<br />

sagen lassen können, weil sie Misstrauen und Aversionen<br />

pflegen. Herbert Csef: „Es gibt auch diese Quelle<br />

des Scheiterns.“<br />

Pat Christ<br />

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97070 Würzburg<br />

Tel. 0931-38664-500<br />

Fax 0931-38664-555<br />

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<strong>Der</strong> <strong>Kessener</strong> 5/2010 9

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