hohenzollerische heimat w 3828 fx - Hohenzollerischer ...
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Stiefvaters Sigmund Regnats Gut zu Wülflingen auszuräubern,<br />
die Sachen in der Schweiz zu verkaufen und<br />
den Erlös mit seinem Schwager Johann Heinrich v. Kern<br />
zu teilen. Als der Freiherr nach seiner Entlassung aus<br />
dem Gefängnis tatsächlich wieder frei war, hatte er nach<br />
eigenen Worten nichts mehr als »einen Stecken in der<br />
Hand, 1 Gulden bares Geld und ein alt, zerrissenes<br />
Hemd, worin 7 Katzen würden keine Maus erwischt haben«.<br />
Durch Vermittlung und Geld war es v. Kern gelungen,<br />
die Landesverweisung seiner Frau aufheben zu lassen,<br />
und so zog das Paar in den »Schellenberger Hof« nach<br />
Pfullendorf, wo sich denn auch Sigmund Regnat mit seiner<br />
Frau Elisabeth einstellte. Das gemeinsame Leben dort<br />
oben muß allerdings bisweilen wenig erfreulich gewesen<br />
sein, nicht verwunderlich nach derlei bisherigen Lebensläufen.<br />
Der Freiherr beklagt sich in einem Schreiben bitter<br />
über die schlechte Behandlung durch seinen Schwiegersohn,<br />
auch will er heimlich ausgelauscht haben, wie<br />
die beiden Jungen durch Wiederaufwärmen des Inzestprozesses<br />
in Innsbruck sich seiner entledigen wollten.<br />
Nachdem seine Frau 1703 gestorben war und ihm auch<br />
sein Enkel Konstantin Heinrich Eugen (geb. 1706) keine<br />
Großvaterfreude zu machen schien, entfernte sich Sigmund<br />
Regnat fluchtartig aus Pfullendorf, wohl zusammen<br />
mit seiner 2. Ehefrau, einer geborenen von der<br />
Lipp, um in Wien am 10. Januar 1711 sein abwechslungsreiches<br />
Leben zu beschließen.<br />
Damit war dieser Zweig am Baum der Bräunlinger<br />
Schellenberger ausgestorben. Der Letzte der Bräunlinger<br />
Linie überhaupt, Sigmund Regnats Vetter Franz Sigmund,<br />
starb 1727. Von anderen Linien lebten indes immer<br />
noch Nachkommen, doch auch bei ihnen setzten<br />
Unfruchtbarkeit und Tod bald den endgültigen Schlußpunkt.<br />
Der Letzte des Stammes, Johann Joseph Anton<br />
Freiherr von Schellenberg, ging, von seiner Frau getrennt,<br />
mit sich und der Welt uneins und völlig verarmt,<br />
im ehemals Schellenbergischen Haus in Hüfingen heim zu<br />
seinen Vätern am 8. Oktober 1812.<br />
Eine erfreuliche Hinterlassenschaft<br />
Bei den Eingeweihten weckt der »Schellenberger Hof«<br />
trotz seines wohlklingenden Namens nach all dem Erzählten<br />
nicht unbedingt besonders erhebende Gefühle.<br />
Andererseits gibt es in Pfullendorf doch auch ein Erinnerungsstück<br />
an diese Adelsfamilie, dem man Bewunderung<br />
nicht versagen kann. Es handelt sich um einen in hochbarocker<br />
Form getriebenen, silbervergoldeten Meßkelch,<br />
eine nicht gerade üppige, aber dennoch schöne und gediegene<br />
Augsburger Goldschmiedearbeit aus dem Anfang<br />
des 18. Jahrhunderts. Im Kelchfuß ist auf den Kopf der<br />
Schraube, welche die drei Teile des Gefäßes zusammenhält,<br />
eine goldene Plakette gelötet, die in meisterhafter<br />
Ziselierarbeit ein Wappen mit einer mehr oder weniger<br />
verständlichen Umschrift enthält. Der untere Teil läßt<br />
sich leicht lesen: »Sacerdos dei Memendo Mei« = Priester<br />
Gottes gedenke meiner. Daß von diesen 4 Wörtern ausgerechnet<br />
das Wort »Gottes« klein geschrieben ist, mag<br />
etwas befremden, doch zu jener Zeit machte die Rechtschreibung<br />
noch keine Sorgen. Der Graveur muß auch<br />
nicht gerade sehr gelehrt gewesen sein, denn sonst hätte<br />
er Memento statt Memendo geschrieben, vielleicht stand<br />
es aber schon falsch auf dem Auftragszettel. Aus dem<br />
Spruch geht jedenfalls hervor, daß es sich um das Geschenk<br />
einer Laienperson an einen Priester handeln muß.<br />
Doch wer war diese Person? Das Wappen bietet uns die<br />
Richtung, in der man suchen muß. Dabei handelt es sich<br />
um eine Kombination aus zwei längs aneinandergefügten<br />
22<br />
gestifteten Kelches.<br />
Einzelwappen, wobei die rechte Seite (vom Beschauer<br />
aus gesehen) das schwarz-goldene Balkenwappen (abwechselnd<br />
2 schwarze und 2 goldene Querbalken) der<br />
alten Schellenberger Ritter zeigt. Soweit könnte man an<br />
unseren Sigmund Regnat denken, allerdings hatte seine<br />
Linie zu den schwarz-roten Balken im Lauf der Zeit den<br />
roten Löwenkopf der angeheirateten Familie derer von<br />
Randegg hinzugenommen, er kommt also als Stifter des<br />
Kelches nicht in Frage. Vielmehr wird man auf die Linie<br />
Schellenberg-Kißlegg verwiesen, denn zum Balkenmotiv<br />
gesellt sich der steigende gehörnte schwarze Panter der<br />
ehemaligen Grafen von Kißlegg. Dieses Wappentier auf<br />
goldenem Grund, das auf dem Kopf Ochsenhörner trägt<br />
und aus dessen aufgerissenem Rachen drei rote Flammen<br />
herausschlagen, wurde den Kißlegger Schellenbergern<br />
1545 von Karl V. verliehen. Die linke Hälfte des Wappens<br />
zeigt auf goldenem Feld übereinander drei schwarze<br />
laufende Löwen, auf blauem Grund 3 goldene Tannenzapfen,<br />
ebenfalls auf blauem Grund eine goldene<br />
Sonne über drei goldenen Bergen, dazu befindet sich in<br />
der Mitte noch ein kleiner Schild mit einem goldenen<br />
Reichsapfel auf rotem Feld. Das Wappen weist also eindeutig<br />
nach Schwaben wegen der drei schwarzen Löwen<br />
(wie sie sich heute wieder im Hoheitswappen von Baden-Württemberg<br />
finden), genauer auf die Truchsessen<br />
von Waldburg, die sich ursprünglich »von Tanne« nannten<br />
(daher die drei Tannenzapfen), vorübergehend auch<br />
die Herrschaft Sonnenberg innehatten und nach dem<br />
Wegzug Friedrichs II. nach Italien 1220 Reichsfunktionen<br />
ausübten, indem sie auf ihrer Waldburg in der heute<br />
noch bestehenden Kapelle die Reichskleinodien aufzubewahren<br />
hatten 16 (daher der Reichsapfel) und überhaupt<br />
das Reichstruchsessenamt erblich ausübten. Die Kombination<br />
der beiden Wappen entstand nun dadurch, daß<br />
die Letzte aus dem Hause Schellenberg-Kißlegg, die bereits<br />
erwähnte Maria Anna, 1699 den Reichserbtruchsessen<br />
Grafen Ferdinand Ludwig von Wolfegg heiratete.<br />
Ihre Namensbuchstaben befinden sich denn auch im oberen<br />
Teil der Wappenumschrift: »M. A. E. R. T. g. v. W.<br />
g. v. Schell.«. Stellt man die in falscher Reihenfolge eingravierten<br />
Buchstaben E. R. um, dann ergibt sich ausgeschrieben<br />
richtig: Maria Anna. £rb .Reichs Truchsessin<br />
Gräfin von Wolfegg geborene fon Schellenberg. Damit