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hohenzollerische heimat w 3828 fx - Hohenzollerischer ...

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22.-23. März 1848« (Nachdruck aus der Gratzer Zeitung)<br />

berichtet ein ehemaliger Freiburger Student über<br />

eine dortige Parallele zum Saulgauer Franzosen-Samstag.<br />

Er schildert darin, wie er in der angegebenen Nacht von<br />

seinem Hausherrn geweckt worden sei mit der Schrekkensmeldung,<br />

die Franzosen seien bei Breisach über den<br />

Rhein vorgedrungen und könnten schon in einer Stunde<br />

in Freiburg sein. An der Stelle läßt er dann einfließen,<br />

daß sich gleich nach Ausbruch der Februar-Revolution<br />

in Paris französisches Gesindel herumgetrieben und Unsicherheit<br />

verbreitet habe, weshalb man sich sowohl zum<br />

persönlichen Schutz als auch angeregt durch die Aufregung<br />

auf der politischen Bühne bewaffnet habe. Man<br />

kann an der Stelle das Ende der Schilderung vorwegnehmen:<br />

In Breisach war »alles so still und nirgends ein<br />

Sansculot, der ganze Schwarzwald, ganz Schwaben zum<br />

Narren gehalten, was aber das sonderbarste war: im Elsaß<br />

stürmte es und die Leute flohen zum Gebirge, weil<br />

die Deutschen kämen.«<br />

STEPHAN WIEST<br />

Es folgt nun der Versuch einer Erklärung:<br />

»Wie dieser Franzosenlärm entstand und so schnell die<br />

Bevölkerung des ganzen Südwestens alarmieren konnte,<br />

ist bis jetzt ein Geheimnis. Man sagt, der Bundestag<br />

(Versammlung der deutschen souveränen Fürsten, die<br />

sich im Deutschen Bund, dem Ersatz für das zusammengebrochene<br />

Heilige Römische Reich deutscher Nation,<br />

zusammengeschlossen hatten) habe es veranstaltet, um<br />

die Leute in Schrecken zu setzen und ein Armeecorps in<br />

das aufgeregte Grenzland versetzen zu können. Wenn<br />

dem so wäre, so hätte diese Maßregel das Gegenteil bewirkt<br />

von dem, was sie sollte. Denn das Volk bewaffnete<br />

sich unmittelbar darauf. Andere, gewiß bessere Rechner<br />

behaupteten, es sei der Franzosenlärm von den demokratischen<br />

Clubs ausgegangen, welche das Volk unter<br />

die Waffen bringen wollten. Jedenfalls kam die Sache<br />

der Bewegungspartei zugute, und in der Politik schließt<br />

man bei derartigen Ereignissen stets: Cui commodum, is<br />

fecit.«<br />

Monsignore Carl Vogel - eine beispielhafte Persönlichkeit für die<br />

politisdie Vergangenheit Hohenzollerns. Ein Gedenken zu seinem einhundertsten Geburtstag<br />

Der äußere Ablauf dieses Priesterlebens entsprach dem<br />

aller <strong>hohenzollerische</strong>n Geistlichen seiner Generation:<br />

Am 18. März 1879 als Lehrerssohn im Schulhaus in<br />

Frohnstetten geboren und dort aufgewachsen, empfing er<br />

nach dem Gymnasialbesuch in Sigmaringen und Rottweil<br />

und dem Theologiestudium in Freiburg dort im Jahre<br />

1902 die Priesterweihe. Nach Tätigkeit als Vikar und<br />

Kaplan in Gammertingen, Inneringen, Hechingen, Breisach<br />

und Sigmaringen und als Pfarrverweser in Krauchenwies<br />

bezog er 1906 die weitverzeigte Pfarrei Wald<br />

mit mehreren Filialen und damals vier Schulorten. Nach<br />

zwölf Jahren wechselte er nach Straßberg als Nachfolger<br />

des verstorbenen Pfarrers Otto Frank Freiherr von<br />

Fürstenwerth. Seine Tätigkeit dort, zeitweise auch als<br />

Kammerer des Kapitels, fand in der Ernennung zum<br />

Erzbischöflichen Geistlichen Rat und zum Monsignore<br />

und Päpstlichen Geheimkämmerer im Jahre 1949 die<br />

Anerkennung der Kirchenbehörde. Seine Ruhejahre nach<br />

1951 verbrachte er in Owingen; nach kurzem Aufenthalt<br />

im Hechinger Altersheim verstarb er dort am<br />

13. Mai 1968 und wurde drei Tage später in Straßberg<br />

beigesetzt. Diese Gemeinde hatte ihrem ehemaligen Pfarrer<br />

aus Anlaß seines goldenen Priesterjubiläums im Jahre<br />

1952 »in Anerkennung seines über zweiunddreißigjährigen<br />

segensreichen Wirkens in der Gemeinde das Ehrenbürgerrecht<br />

verliehen«. In anerkennenswerter Weise betreut<br />

die Gemeinde pietätvoll seine Grabstätte.<br />

Mit dem Abriß dieses Lebenslaufs ist aber nur ein Teil<br />

seiner Persönlichkeit erfaßt; zeitlebens nahm er am politischen<br />

Geschehen regen Anteil und war jahrelang dabei<br />

führend und gestaltend beteiligt. Seine fast neunzig Lebensjahre<br />

spiegeln geradezu beispielhaft die politischen<br />

Verhältnisse und Wandlungen in seiner <strong>hohenzollerische</strong>n<br />

Heimat wider, vom Kaiserreich und Königreich<br />

Preußen über die Weimarer Republik und den Nationalsozialismus<br />

zur Bundesrepublik und zum Bundesland Baden-Württemberg.<br />

In den Monarchien befand er sich mit<br />

der Zentrumspartei in Opposition und auf der Seite derer,<br />

die in dem aus rein dynastischen Gründen ohne An-<br />

28<br />

hören der Volksmeinung erfolgten zwangsweisen Anschluß<br />

Hohenzollerns an Preußen keine befriedigende<br />

Lösung sahen und mit den Maßnahmen im fernen Berlin<br />

vielfach nicht einverstanden waren; sie schienen ihm zu<br />

wenig auf die geschichtlich gewordenen, landsmannschaftlich<br />

und konfessionell bedingten Bedürfnisse der<br />

Bevölkerung Rücksicht zu nehmen. Diese seine politische<br />

Einstellung war gekennzeichnet durch ein Abonnement<br />

der »Augsburger Tagespost«, einer im Kaiserreich oppositionellen<br />

»schwarzen« Zeitung.<br />

Mit dem Ende der Monarchie infolge des verlorenen Ersten<br />

Weltkrieges schien zunächst der Fortbestand des<br />

Landes Preußen fragwürdig, außerdem waren die bisherigen<br />

landesherrlichen Bindungen weggefallen. Damals,<br />

besonders als Vorsitzender der Hohenzollerischen Zentrumspartei<br />

seit 1920, setzte sich Carl Vogel mit dem ersten<br />

republikanischen Regierungspräsidenten Dr. Emil<br />

Beizer in Wort und Schrift kraftvoll für die Bildung eines<br />

Südweststaates aus Baden und Württemberg mit Einschluß<br />

Hohenzollerns ein, in dem er die beste Zukunftsmöglichkeit<br />

für seine Heimat erblickte. Die <strong>hohenzollerische</strong>n<br />

Vorkämpfer dafür befanden sich übrigens in guter<br />

Gesellschaft. Dazu nur ein namhafter Kronzeuge:<br />

»Es könnte auch bei uns im Süden manches geändert<br />

werden. Ich könnte mir gut vorstellen, daß Württemberg<br />

und Baden einen anständigen Staat zusammen gäben,<br />

denn vor der Territorialgeschichte dieser beiden Staaten<br />

brauchen wir wirklich keine Ehrfurcht zu haben — die<br />

Ämter, Abteien, Städte wurden zwischen 1802 und 1810<br />

in Versailles, bei Napoleons Staatssekretär Caulaincourt,<br />

zusammengebettelt, und an den Grenzen wußte man<br />

durch Jahre nicht, ob auf die Dauer das angestammte<br />

Herrscherhaus< in Stuttgart oder in Karlsruhe zu verehren<br />

sei. . . . Die schwierige Frage in diesem Zusammenhang<br />

ist Preußens künftige Staatlichkeit. Soll das künftige<br />

Deutschland einigermaßen ein inneres Gleichgewicht<br />

finden, dann muß Preußen aufgelöst werden«<br />

Die Politik ging danach andere Wege, und die Zeit für<br />

einen größeren Südweststaat war noch nicht reif. Vogel

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