03.12.2012 Aufrufe

hohenzollerische heimat w 3828 fx - Hohenzollerischer ...

hohenzollerische heimat w 3828 fx - Hohenzollerischer ...

hohenzollerische heimat w 3828 fx - Hohenzollerischer ...

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

einschlägigen Akten im Staatsarchiv genau nachempfinden.<br />

Der Vorgang muß aber hier aus Platzgründen zusammengedrängt<br />

werden.<br />

Pfarrer Sprißlers Rede erschien bald im Druck, allerdings<br />

ohne sein Zutun, wie er dem anfragenden Ordinariat<br />

gegenüber erklärte. Er habe die Rede auf Aufforderung<br />

„einer Deputation von Stadt und Oberamtsbezirk<br />

Sulz" nachträglich schriftlich abgefaßt. Sprißler hatte in<br />

der Rede Robert Blum u. a. als seinen Freund und<br />

Kampfgenossen, als „Märtyrer für unseres Volkes Freiheit<br />

und Größe und edelsten Freiheitskämpfer" bezeichnet.<br />

Im Zusammenhang mit Blums Geburtstag am<br />

10. November unterlief Sprißler mit den Worten: „Das<br />

war auch der Geburtstag eines anderen Mannes, der sein<br />

Jahrhundert, das sechszehnte, mächtig bewegt hat und<br />

dessen Name nie aus der Geschichte verschwinden wird«,<br />

auch eine Verherrlichung Martin Luthers, die ihm in<br />

Freiburg besonders übel genommen wurde.<br />

Rascher Entschluß des Ordinariats<br />

Beim Ordinariat schien der Krug Pfarrer Sprißlers übergelaufen<br />

zu sein. Ohne größere Untersuchung verhängte<br />

es schon am 23. Februar 1849 die Suspension. Sprißler<br />

bescheinigte das Suspensionsdekret und erklärte, er habe<br />

sich zwar dem Faktum der Suspension unterzogen, aber<br />

er anerkenne sie nicht zu Recht. Ferner protestierte er<br />

feierlich dagegen. Als Grund erkenne er einzig die Ausübung<br />

der bürgerlichen und politischen Rechte, die er<br />

sich nicht abstreiten lasse. Die Suspension sei ein Attentat<br />

auf das Grundrecht freier Volksversammlung, freier<br />

Meinungsäußerung und unverletztlicher Volksvertretung.<br />

Sprißler dachte aber in Wirklichkeit nicht daran, sich<br />

der Suspension zu unterwerfen. Schon am 26. März ging<br />

von ihm beim Dekanat Haigerloch eine Erklärung ein,<br />

daß er auf Andrang seiner Gemeinde wieder in die Pastoration<br />

eintrete und keine Pfarrverwesung anerkenne.<br />

Postwendend kam am 30. März aus Freiburg die Antwort:<br />

„Ein Priester, der trotz Suspension fortfährt zu<br />

pastorieren, verfällt der Sünde der Irregularität, von der<br />

er nur durch den Papst losgespochen werden kann. Eine<br />

Gemeinde, die einen solchen Pfarrer unterstützt, macht<br />

sich jener schweren Sünde teilhaftig." Irregularität bedeutet<br />

in diesem Fall soviel wie: Es fehlt ihm eine wesentliche<br />

Voraussetzung - gegeben mit seinem Ungehorsam<br />

gegen die zuständige kirchliche Obrigkeit, bestehend<br />

aus seiner Weigerung, auf die Ausübung seines Amtes zu<br />

verzichten - für die Ausübung einer kirchlichen Funktion<br />

bzw. eines kirchlichen Amtes.<br />

Sympathie-Kundgebungen<br />

Das Ordinariat sprach mit dem Hinweis auf die Gemeinde<br />

die Sympathie-Kundgebungen an, die Pfarrer Sprißler<br />

aus Empfingen und ganz Hohenzollern entgegenkamen.<br />

Die Märzvereine sandten einen mit 2500 Unterschriften<br />

versehenen Protest nach Freiburg, der aber wie die zahlreichen<br />

weiteren ohne Erfolg blieb. Unterschriften-Listen<br />

kamen aus zahlreichen Orten Hohenzollerns.<br />

Die eingesetzten Pfarrverweser Pfeffer und Schnell wurden<br />

von der Empfingener Bevölkerung offen angefeindet<br />

und zogen sich „der Gewalt weichend" wieder zurück,<br />

wie es in einem Schreiben hieß.<br />

Pfarrer Sprißler schien zu glauben, wenn ihn die Mehrheit<br />

des Volkes unterstütze, werde auch das Ordinariat<br />

nachgeben. Am 26. März ließ er sich feierlich in die<br />

Kirche einführen und legte vor ihr das Glaubensbekenntnis<br />

ab. Die Wiederaufnahme der Seelsorge meldete er<br />

auch der Fürstlichen Regierung in Sigmaringen. Er kündigte<br />

an, daß er gegen die kanonische Irregularität und<br />

die angedrohte Temporaliensperre (= Einbehaltung der<br />

Einkünfte eines Geistlichen) notfalls den Rechtsweg be-<br />

44<br />

Pfarrer Josef Sprißler<br />

schreiten und Erzbischof und Ordinariat auf Verleumdung<br />

verklagen werde. „Ich rufe den Schutz des Staates<br />

gegen das Attentat einer Temporaliensperre hiemit förmlich<br />

an", schrieb er.<br />

Hartnäckige Haltung Sprißlers<br />

Die Sigmaringer Regierung stellte sich teilweise auf<br />

Sprißlers Seite und bedauerte dem Ordinariat gegenüber,<br />

daß es „eine so tief eingreifende Einschreitung gegen<br />

Pfarrer Sprißler erkannt hat." Die Fürstliche Geheime<br />

Konferenz schrieb gar, eine Glaubensuntersuchung wegen<br />

Meinungsäußerungen, die Pfarrer Sprißler als<br />

Reichstagsabgeordneter in Frankfurt und als politischer<br />

Redner gemacht habe, „finden wir nicht nur an sich<br />

kaum gerechtfertigt, sondern wir sehen darin einen entschiedenen<br />

Mißgriff, einen Verstoß gegen die öffentliche<br />

Ordnung, gegen das Recht der Redefreiheit, insbesondere<br />

bei der Nationalversammlung." Damit hatte die Regierung<br />

einen Großteil von Sprißlers Argumenten übernommen.<br />

Weiter hieß es, das Ordinariat habe zwar das<br />

Recht, die Suspension von geistlichen Verrichtungen zu<br />

verfügen, „obwohl wir im Falle Sprißlers von Zweckmäßigkeit<br />

oder Notwendigkeit dieser Maßregel nie überzeugt<br />

werden können." Schließlich wurde angekündigt,<br />

daß man die Zustimmung zur Temporaliensperre nicht<br />

erteilen werde.<br />

Josef Sprißler nützte diesen Aufwind und schrieb dem<br />

Ordinariat, er sei für weitere Untersuchungen bereit,<br />

wenn die voreilig verhängte Suspension aufgehoben, die<br />

Untersuchung unter völliger Beseitigung seines Antrages<br />

im Frankfurter Parlament und seiner Rede auf Blum geführt<br />

werde. Außerdem sei die Untersuchung in Empfingen<br />

zu führen. Allerdings hätten damit praktisch alle gegen<br />

ihn erhobenen Vorwürfe fallengelassen werden müssen.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!