13.07.2015 Aufrufe

Die ethik des stoikers Epictet - College of Stoic Philosophers

Die ethik des stoikers Epictet - College of Stoic Philosophers

Die ethik des stoikers Epictet - College of Stoic Philosophers

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

iQO <strong>Die</strong> stoische Lehre vom Selbstmord.eine inoralisclie Handlung, beim Unweisen aber, wenngleicli formellvernünftig und ijflichtgemäss (oder besser: geziemend), doch unmoralischist. Wenn dem Chrysipp vorgeworfen wird, dass er im Widerspruchmit seinem Satz, wonach Tugend und Untugend an sich keine Beziehuno-habe zur Pflicht <strong>des</strong> Lebens oder Sterbens, bisweilen sichdahin ausspreche, dass der Nichtbesitz der Tugend die Pflicht <strong>des</strong> Selbstmordsin sich schliesse (comm. not. 11), so löst sich dieser scheinbareWiderspruch bei genauerer Betrachtung auf. Ich kann von einem mitOlücksgütern gesegneten unmoralischen Menschen — von der Möglichkeitseiner Besserung zunächst ganz absehend — mit dem gleichenRechte sagen: er thut gescheit daran, im Leben zu bleiben, und: erthut gut, sich umzubringen. Im ersteren Fall stelle ich mich ganz aufden Standpunkt seiner eigenen Lebensanschauung und muss von dieseraus sein Bleiben für vernünftig halten, und nichts anderes meinten dieStoiker, wenn sie sagten, es gezieme sich für ihn zu bleiben. Beurteileich aber sein Leben nach meiner eigenen sittlichen Lebensanschauung,so muss ich das entgegengesetzte Urteil fällen, da ich sein Leben nichtbloss für wertlos, ja für positiv unglücklich, sondern auch für gemeinschädlichhalten muss.Lässt sich also gegen die Chrysippsche Theorie <strong>des</strong> Selbstmords,was die formelle Konsequenz betrifft, kein begründeter Einwand erheben,so ist sie nichts<strong>des</strong>toweniger in hohem Grade sittlich bedenklichund zAvar <strong>des</strong>halb, weil sie das Leben abhängig macht von dem plusoder minus der Adiaphora. Der Entschluss, ob ich unter gewissenwidrigen Verhältnissen weiterleben soll oder nicht, wird so zum rehistenRechenexempel, und zwar erst noch zu einem höchst unsicheren, weildie Werte, mit denen man rechnet, gar nicht genauer bestimmt sindund selbstverständlich auch nicht genau und in allgemein giltiger Weisebestmimt werden können. Denn wer will z. B. sagen, ob die Gesundheitweniger naturgemäss ist als die Taubheit naturwidrig, ob derkörperliche Schmerz weniger naturwidrig ist als die Körperkraft naturgemäss.<strong>Die</strong> Stoiker haben allerdings, wie wir sahen, auch bei denProegmena und Apoproegmena gewisse Unterschiede angenommen,z. B. die psychischen Proegmena den somatischen vorgezogen und jeneneinen grösseren Wert für das naturgemässe Leben beigelegt als diesen(ecl. II, 82). Aber erstens haben sie diese Wertvergleichung <strong>of</strong>fenbarnicht streng durchgeführt, zweitens aber sich namentlich nicht darübererklärt, ob eine grössere Anzahl von wertloseren Proegmena ein einzigeswertvolleres Proegmenon aufwiege. Und eben <strong>des</strong>halb, weil sie fürdie Abwägung der naturalia und contraria keinen sicheren Massstabanzugeben wussten, können wir auch nicht zugeben, dass in einembestimmten Falle die Vernunft genötigt sei, wegen <strong>des</strong> Ueberwiegensder contraria den Tod zu wählen. <strong>Die</strong> Stoiker beabsichtigten allerdingsund bildeten sich ein, den Selbstmord zu einer sittlich notwendigenHandlung zu stempeln, aber das Kriterium, das sie aufstellten, müssenwir unbedingt als ein unbrauchbares bezeichnen und damit die ganzeLehre als eine schlechte Lehre verwerfen. Was uns allein zu einermilderen Beurteilung derselben bewegen kann, ist der Umstand, dasssie, in der Regel wenigstens, nur bei sehr bedeutendem Ueberwiegender contraria den Selbstmord für berechtigt und vernünftig hielten.War nun aber auch durch diese stillschweigende Modifizierung die

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!