dAS ulrICHSBISTum 6./7. Juli 2013 / Nr. 27„Schlacht aufdem Lechfeld“(1696), GeorgKnappich oderJohann Riegerzugeschrieben,Ölgemälde imDiözesanmuseumSt. Afra.Ein Engel reichtBischof Ulrich dasSiegeskreuz.Foto: Zoepfdie Schlacht am HammelbergMagyaren wurden von Bischof Ulrich nicht auf dem Lechfeld geschlagenEs war am Lech, aber nicht aufdem Lechfeld bei Königsbrunn.Davon ist der Augsburger KreisheimatpflegerProfessor WalterPötzl überzeugt. Die geschichtlichbedeutende Schlacht zwischenOstfranken <strong>und</strong> Magyaren (denspäteren Un<strong>gar</strong>n) im Jahr 955,die der heilige Bischof Ulrich derLegende zufolge zu Gunsten derDeutschen entschied, hat sichnach den ältesten Quellen westlichvon Augsburg, am Hammelbergbei Täfertingen, abgespielt.Warum spricht dann alle Weltvon der „Schlacht auf dem Lechfeld“?Das rührt laut Pötzl von den„Regesten der Bischöfe <strong>und</strong> desDomkapitels von Augsburg“ her,erschienen zur 1000-Jahr-Feier1955, in denen sie dort lokalisiertwurde. Ein Regest ist die Zusammenfassungdes Inhalts historischerUrk<strong>und</strong>en. „Darauf verlassen sichdie Wissenschaftler“, sagte Pötzl.Erst in den vergangenen Jahrenwurden die Dokumente selbst wiedereinmal in Augenschein genommen.Die Schlachtfand westlichvon Augsburgbei Täfertingenstatt. Davon istProfessor WalterPötzl überzeugt.Foto: AltPötzl <strong>und</strong> andere Historiker nahmenEinblick in zeitgenössischeQuellen: die Chronik des Reginovon Prüm, die Ulrichsvita des DompropstsGerhard, verfasst kurz nachUlrichs Tod, <strong>und</strong> die Sachsenchronikdes Widukind von Corvey. Siestimmen in der Beschreibung desSchlachtverlaufs überein <strong>und</strong> legennahe, dass der Schauplatz nicht südlich,sondern westlich von Augsburgwar. Gleiches sagen auch verschiedeneAnnalen aus, in denen wichtigegeschichtliche Ereignisse aufgelistet<strong>und</strong> kurz abgehandelt werden.Die Lokalisierung im Westen istzudem plausibel: Die Magyaren belagertendie Stadt, weil sie den ostfränkischenKönig Otto II. wegeneines Erbstreits mit <strong>sein</strong>em Sohn Luidolf<strong>für</strong> geschwächt hielten. Dannerfuhren sie aber, dass sich Otto mit<strong>sein</strong>em Heer von Ulm her näherte,ließen von Augsburg ab <strong>und</strong> zogenihm entgegen. Zwischen Otto <strong>und</strong><strong>sein</strong>em Sohn hatte unter anderemBischof Ulrich erfolgreich vermittelt.Sammelplatz der HeereIn der Augsburg-Chronik vonSigm<strong>und</strong> Meisterlin von 1456 istdann erstmals vom „Lechfeld“ dieRede. Dieser Ort ist laut Pötzl nichtaus der Luft gegriffen. Auf demLechfeld hatten vor 955 tatsächlichSchlachten stattgef<strong>und</strong>en, auchwar dies häufiger Sammlungsort <strong>für</strong>Heere bei Italienfeldzügen. Trotzdemsollte man in diesem Fall besservon der „Schlacht bei Augsburg“sprechen, sagte Pötzl.Die Bedeutung der Schlacht liegtdarin, dass die Magyaren so vernichtendgeschlagen <strong>und</strong> auf der Fluchtweiter aufgerieben wurden, dass esvon da an keine Überfälle aus demOsten mehr gab. Eine <strong>ganz</strong>e Gene-ration von Kriegern war ausgelöscht.Kurz darauf wurde der Stamm christianisiert.Andernfalls hätte sich dieGeschichte Europas womöglich völliganders abgespielt. So konnte sichOtto II. in Rom zum Kaiser krönenlassen – manche Historiker sehenlaut Pötzl darin den Beginn desdeutschen Reichs.Was Bischof Ulrich betrifft, soglaubt Pötzl nicht, dass er tatsächlichan der Schlacht teilnahm. Ulrich,ein treuer Gefolgsmann König Ottos,war aber nicht nur ein frommerMann, sondern auch militärisch versiert.Er könnte bei der BelagerungAugsburgs einen erfolgreichen Ausfallaus der Stadt veranlasst haben.Dabei soll er ungewappnet gewesen<strong>sein</strong>. Die Pfeile der Feinde konntenihm nichts anhaben.Kern der Ulrichslegende ist, dassdem Bischof von einem Engel ausdem Himmel ein Kreuz überreichtwurde – das berühmte Siegeskreuzdes heiligen Ulrich. Jedenfalls dürfteder Heimatforscher Gustav Guisezrecht haben, der schrieb: „DasAbendland wurde am Hammelberggerettet“.Andreas AltIn Königsbrunn soll die Schlacht des Diorama mit Zinnfiguren nachgestellt werden:
6./7. Juli 2013 / Nr. 27 dAS ulrICHSBISTum50. geBurTSTAgToni ließ sich nicht verbiegenBasilika St. Ulrich <strong>und</strong> Afra ist die zweite Heimat von Mesner HolzmüllerAUGSBURG – Als 1980 die zweiteMesnerstelle in der Basilika St. Ulrich<strong>und</strong> Afra besetzt werden sollte,wählte Mesner Horst Egger denjungen Anton Holzmüller unterden Bewerbern aus, weil er meinte,den könne er am besten formen<strong>und</strong> zurechtbiegen. Aber der „Toni“ließ sich nicht verbiegen, waszu einer Verlängerung der Probezeitführte.Dass er bleiben durfte, hat er derUlrichswoche zu verdanken. Eggerwurde kurz vorher schwer krank,<strong>und</strong> man war froh, einen zu haben,der sich in der Sakristei einigermaßenauskannte.Seitdem ist die Basilika Holzmüllerszweite Heimat. Bei der Mutterauf dem elterlichen Bauernhof inWulfertshausen ist er nur zum Schlafen.Hier, im katholischen WittelsbacherLand, ist er aufgewachsen,in dem Ort, in dem auch die heiligeRadeg<strong>und</strong>is geboren wurde. Der Vaterwar Landwirt <strong>und</strong> Hausmeisterim Pfarrzentrum. Den Sohn fandman meist in der Kirche. „Wenn dieTür offen war, war der Toni auchschon drin“, erinnert sich Holzmüller,der heuer <strong>sein</strong>en 50. Geburtstaggefeiert hat.Als ältester Sohn von sechs Kindernbesuchte er zwar die Landwirtschaftsschule,den Betrieb übernehmenwollte eraber nicht. Dasser die richtigeBerufswahlgetroffen hat,bestätigendie Glückwünschezu<strong>sein</strong>em 30.Mesnerjubiläum2010.Holzmüllerbleibe ihm als„altbayerischeKraftnatur mit dem Herzen einesTeddybärs“ in Erinnerung, schriebPfarrer Wunibald Hitzler. Es sei einAbenteuer, von ihm ruckzuck angezogen<strong>und</strong> ausgezogen zu werden.Ihm sei kein Handgriff zu viel, bemerktenehemalige Kapläne.Wenn er in der Frühschicht arbeitet,fährt Holzmüller um 5.30Uhr mit dem Bus in Wulfertshausenlos. Um 6 Uhr schließt er die Basilikaauf – die ersten Beter sind meistschon da –, entfernt die leeren Kerzenhülsen,reinigt die Leuchter <strong>und</strong>schaut, dass alles sauber <strong>und</strong> ordentlichist. Wenn er die Spitalkirche St.Mar<strong>gar</strong>et aufgesperrt hat, genehmigter sich einen Kaffee <strong>und</strong> einen Blickin die Tageszeitung in einem Caféhausgegenüber der Basilika.Holzmüller ist nicht nur tiefgläubigerKatholik <strong>und</strong> Mesner mit Leidenschaft,sondern auch ein Menschenfre<strong>und</strong>,der Anteil nimmt amLeben <strong>und</strong> Sterben. Das wirkt bis indie Freizeit hinein. Mit <strong>sein</strong>er einzi<strong>gar</strong>tigenSammlung von über 10 000Sterbebildchen dokumentiert erSchicksale <strong>ganz</strong> normaler Menschen<strong>und</strong> weltbekannter Promis.Er reist zu Beerdigungen in <strong>ganz</strong>Europa, war bei dem Begräbnis der„Queen Mum“ in London genausoIm Gästebuch hat Mesner Holzmüllerschon viele Autogramme Prominentergesammelt.Foto: Mitullawie bei der Beisetzung des SchauspielersHelmut Newton in Berlin<strong>und</strong> dem Requiem <strong>für</strong> JohannesFürst von Thurn <strong>und</strong> Taxis in Regensburg.Wenn es kein Sterbebildgibt, macht Holzmüller Fotos vonder Beerdigung. „Dabei trifft maninteressante Leute“, erzählt er. Sterbebilderhängen auch in <strong>sein</strong>em privatenSchrank in der Sakristei.Ein kostbarer Schatz ist das privateGästebuch von Holzmüller. Beiihren Besuchen in Augsburg konnteer unter anderem B<strong>und</strong>eskanzlerinAngela Merkel, den MinisterpräsidentenHorstSeehofer, Edm<strong>und</strong>Stoiber <strong>und</strong>GüntherBeckstein,B<strong>und</strong>espräsidentHorstKöhler,Michail Gorbatschow,Schauspielern <strong>und</strong> Kardinäleneine Unterschriftentlocken.Roswitha MitullaDer Lieblingsplatz von AntonHolzmüller in der Basilika istgleich neben dem Eingang zurSakristei, von wo er alles imBlick hat. Foto: MitullaBuCHTIPP„Streiter in not,Helfer bei gott“Der heilige Ulrich ist nicht nurBistumspatron der Diözese Augsburg,sondern auch Schutzherr desDolomitenorts St. Ulrich in Gröden.Heribert Muser, pensionierterGymnasialdirektor aus Benediktbeuern,forschte nach, ob der Heiligenoch an anderen Stellen im BistumBrixen-Bozen verehrt wird. DasDiözesanarchiv Brixen nannte ihmweitere 13 Kirchen <strong>und</strong> Kapellenin Südtirol, die dem heiligen Ulrichgeweiht sind. Muser besuchte alle,fotografierte sie <strong>und</strong> machte umfangreicheNotizen. Zudem erfuhrer, dass es auch im benachbartenTrentino Orte mit Ulrichspatroziniengibt, so dass sich das Erk<strong>und</strong>ungsgebietausweitete.Das umfangreiche Material hatMuser in <strong>sein</strong>em Buch „Streiter inNot, Helfer bei Gott“ zusammengestellt,das im Verlag A. Weger inBrixen erschienen ist. Es soll keinKirchenführer <strong>sein</strong>, sondern einWegweiser zu Kirchen <strong>und</strong> Kapellendes heiligen Ulrich, der auf <strong>sein</strong>enRomreisen wahrscheinlich in derRegion Station gemacht hat.Muser schreibtüber das Leben desheiligen Ulrich, erklärtdie Legenden<strong>und</strong> das Brauchtum.Er stellt die14 Südtiroler <strong>und</strong>die fünf TrentinerUlrichskirchen mitinformativen Texten <strong>und</strong> zahlreichenfarbigen Innen- <strong>und</strong> Außenaufnahmenvor. Wer nach Südtirol oderin den Trentino fährt <strong>und</strong> auf denSpuren des Bistumspatrons wandelnwill, hat mit diesem Buch nicht nureinen nützlichen <strong>und</strong> informativen,sondern auch einen unterhaltsamenBegleiter. Wer daheim bleibt <strong>und</strong>sich beim Lesen mit dem heiligenUlrich beschäftigt, kann mit diesemgut recherchierten Buch, das auchhistorische Hintergründe darstellt,<strong>sein</strong> Wissen vertiefen.Text/Foto: Roswitha MitullaInformation:Das Buch kostet 19,50 Euro. Es ist imDiözesanmuseum St. Afra in Augsburgerhältlich oder kann beim Autor bestelltwerden, Telefon: 0 88 57/69 26 25,E-Mail: heribert.muser@gmx.de