05.12.2012 Aufrufe

Arbeitspapier / Abteilung Wirtschaft Günter Buchholz, Ralf Hoburg ...

Arbeitspapier / Abteilung Wirtschaft Günter Buchholz, Ralf Hoburg ...

Arbeitspapier / Abteilung Wirtschaft Günter Buchholz, Ralf Hoburg ...

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

7. Was Gerechtigkeit im Hinblick auf Gesellschaft bedeuten könnte<br />

In einer gerechten Gesellschaft sollten alle Menschen ihr Leben frei entfaltet können, nicht nur eine<br />

bestimmte soziale Schicht oder Klasse; der historische Entwicklungsstand der Gesellschaft läßt dies<br />

seit langem zu.<br />

Da politische Unfreiheit eine freie Entfaltung aller verhindert, steht sie in jeder Form im Gegensatz<br />

zur Gerechtigkeit.<br />

Gerechtigkeit ist ohne eine funktionierende Demokratie nicht möglich. Demokratie funktioniert<br />

wirklich in dem Maße, in dem sie tatsächlich durch Willensbildungsprozesse von unten nach oben<br />

bestimmt wird, indem sich also die Interessen der Mehrheit der Bevölkerung Geltung verschaffen<br />

können. Diese Willensbildungsprozesse erfordern kurzfristig Klarheit über die eigenen Interessen,<br />

und sie erfordern politische Bildung sowie politische Urteilskraft.<br />

Ungerecht wird Demokratie, wenn sie durch die Herrschaftspraxis Privilegierter ausgehöhlt wird,<br />

indem die demokratische Willensbildung durch publizistische Manipulation der Bevölkerung, durch<br />

Abkoppelung der Parlamentarier von den Wählern, durch Privilegierung der Abgeordneten, durch<br />

politischen Lobbyismus gegenüber Parteien, Parlamenten und Regierungen, durch Schwächung der<br />

Parlamente und durch konzeptionelle Lenkung der Exekutive seitens privater Stiftungen oder<br />

Verbände erschwert oder durch Willensbildungsprozesse von oben nach unten ersetzt wird.<br />

Brecht hat hierzu die treffende Frage gestellt:<br />

Die Macht geht vom Volke aus – aber wo geht sie hin?<br />

Gerechtigkeit ist aber auch nicht möglich ohne eine fundamentale soziale Gleichheit.<br />

Soziale Gleichheit bedeutet keineswegs Gleichmacherei oder Verneinung der Individualität und der<br />

natürlichen und kulturellen Unterschiedlichkeit der Menschen, sondern vielmehr deren<br />

Anerkennung und Akzeptanz ohne Diskriminierung.<br />

Gleichheit bedeutet mehr als die glücklicherweise verwirklichte Gleichheit vor dem Gesetz und<br />

auch mehr als eine - tatsächlich leider nicht gewährleistete - Gleichheit der Entwicklungschancen.<br />

Soziale Gleichheit bedeutet insbesondere die Abwesenheit von faktischen Privilegien sozialer und<br />

ökonomischer Art.<br />

Es sind diese faktischen Privilegien, die den Kern unseres gesellschaftlichen Gerechtigkeitsproblems<br />

bilden.<br />

Gerechtigkeit existiert erst dann, wenn sich die - in diesem Sinne - freien und gleichen<br />

menschlichen Individuen in ihrer Unterschiedlichkeit dennoch wechselseitig als Mitglieder ein und<br />

derselben menschlichen Gemeinschaft begreifen und wenn sie daraus praktische Konsequenzen für<br />

ihre gemeinsame Lebensgestaltung ziehen.<br />

11

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!