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Arbeitspapier / Abteilung Wirtschaft Günter Buchholz, Ralf Hoburg ...

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Handeln zum gegenseitigen Nutzen, das auch das ökonomische Handeln leitet. Nach Heuser<br />

gewinnt derjenige, der teilt! Damit ist das Gespräch über ethisches Handeln als Teil eines<br />

ökonomischen Prinzips eröffnet. Im Menschenbild könnte durchaus die gemein-same Grundlage für<br />

das zukünftige Gespräch zwischen den Disziplinen liegen. Und vom Menschenbild aus gesehen<br />

sind es die moralischen Werthaltungen, die gesellschaftlich und biographisch mein Handeln<br />

prägen. 12 Hier gibt es viel Stoff, den Ökonomen zusammen mit Ethikern, Psychologen, Soziologen<br />

und Theologen entdecken können. 13 Die Voraussetzung dazu ist allerdings, dass sich die<br />

<strong>Wirtschaft</strong>swissenschaft konkret als Humanwissenschaft begreift und sich auf den Weg zu neuen<br />

Theorieufern macht.<br />

Zweiter Zwischenruf: Klare Unterscheidung von Unternehmensethik und <strong>Wirtschaft</strong>sethik<br />

Eine der für mich wichtigen Faktoren im gemeinsamen Gespräch zwischen Ökonomie und<br />

Theologie besteht in der Klarheit der Verhandlungsgegenstände. Der Verweis auf die Regelungsmechanismen,<br />

die der Kollege <strong>Buchholz</strong> in seinen Thesen mit Rückgriff auf die Argumentationen<br />

von Milton Friedman anführt, verweist darauf, dass es ihm im Gespräch vor allem um<br />

die „<strong>Wirtschaft</strong>sethik“ als Gegenstandsbereich geht. Insoweit führt der Kollege in seiner<br />

Argumentation mehrfach den Gesetzgeber als Instanz zur Definition von Legalitäts- und<br />

Illegalitätsgrenzen an. Aber bereits der öffentlich-ethische Reflexionsprozess über Moralitätsgrenzen,<br />

der am Beispiel von Bestechungsskandalen im Ausland angeführt wird, ist<br />

wiederum kein wirtschaftsethischer, sondern ein unternehmensethischer Diskurs. Ebenso ist das<br />

angeführte „unethische“ Verhalten von Unternehmungen kein Gegenstand der Wirt-schaftsethik.<br />

Aus der Sicht der Ethik mahne ich also die <strong>Wirtschaft</strong>swissenschaft an, klarer zu unterscheiden und<br />

sich wissenschaftlich präziser auf das Feld der Ethik zu beziehen, was auch bedeutet sich auf deren<br />

theoretische Argumentationsebenen zu beziehen.<br />

Der wirtschaftsethische Diskurs lässt sich zurückführen auf die katholische Soziallehre und die<br />

Ordnungstheorie von Karl Hohmann. Im engeren Sinne besteht der Gegenstand der<br />

<strong>Wirtschaft</strong>sethik in der Reflexion der Ordnungsprinzipien des wirtschaftlichen Handelns, d.h. der<br />

„frame“ wird hierbei zum Thema. 14 Letztendlich geht es der <strong>Wirtschaft</strong>sethik um die Definition der<br />

Rahmenordnung oder anders formuliert: um die Definition der Spielregeln des Wettbewerbs.<br />

Kommen wir im Gespräch zwischen Ökonomie, Ethik und Theologie also über wirtschaftsethische<br />

Fragen ins Gespräch, geht es um die Positionierung und Reflexion der Grundlagenwerte von<br />

„Markt“ und „Wettbewerb“. Die Evangelische Kirche in Deutschland hat hierzu in ihrer<br />

wirtschaftsethischen Denkschrift Position bezogen. 15 Das normative Thema der <strong>Wirtschaft</strong>sethik<br />

besteht daher in Fragen von Teilhabefähigkeit und sozialer Inklusion unter dem Gesichtspunkt von<br />

Chancengleichheit und Beteiligung. Der ethische Maßstab dieser Fragestellung ist der öffentliche<br />

Diskurs über die „soziale Gerechtigkeit“. 16 Es ist letzt-lich die von dem Kollegen angeführte<br />

Position, dass der Markt sich selbst ordnet und regelt, die im wirtschaftsethischen Gespräch<br />

überprüft werden sollte. Diesem Anliegen ist dann auch die protestantische <strong>Wirtschaft</strong>sethik in der<br />

Tradition von Arthur Rich bis Eilert Herms gefolgt. 17 Das Ziel ist die Gewinnung einer ethischen<br />

Grundlagenreflektion des ökonomischen Denkens in der Gesellschaft.<br />

Der Gegenstand wirtschaftsethischer Überlegungen muß daher für die Ökonomie die Frage sein,<br />

wie durch die Prozesse von Globalisierung und der Gestaltung von Unternehmensstruk-turen bzw.<br />

den Prinzipien ökonomischen Handelns soziale Differenz im negativen Fall gefördert und im<br />

12<br />

Letztlich ließe sich von hier aus eine attraktive Form einer Berufsethik für ökonomische Berufe entwickeln. Vgl. etwa<br />

in anderem Zusammenhang <strong>Ralf</strong> <strong>Hoburg</strong> (Hg.), Theologie der helfenden Berufe, Stuttgart 2008. Die Implementierung<br />

einer solchen wirtschaftlichen Berufsethik wäre ein wichtiger Standort- und Erfolgsfaktor einer Fachhochschule.<br />

13<br />

Siehe auch Jean-Pierre Wils (Hg.), Orientierung durch Ethik?, Paderborn 1993.<br />

14<br />

Vgl. hierzu mein <strong>Arbeitspapier</strong> im Seminar Unternehmensethik <strong>Ralf</strong> <strong>Hoburg</strong>, <strong>Wirtschaft</strong>sethik und Unternehmensethik.<br />

15<br />

Vgl. EKD (Hg.),<br />

16<br />

Vgl. EKD (Hg.), Zur wirtschaftlichen und sozialen Lage in Deutschland. Gemeinsame Text Bd. 3, Hannover 1997.<br />

17<br />

Stellvertretend sei genannt Eilert Herms, Theoretische Voraussetzungen einer Ethik des wirtschaftlichen Handelns,<br />

in: Ders. (Hg.), Gesellschaft gestalten. Beiträge zur evangelischen Sozialethik, Tübingen 1991, 146ff.<br />

15

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