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Arbeitspapier / Abteilung Wirtschaft Günter Buchholz, Ralf Hoburg ...

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Protestantische Aspekte der Unternehmensethik<br />

Prof. Dr. <strong>Ralf</strong> <strong>Hoburg</strong><br />

Mit jeder Handlung bin ich als Handelnder bereits ein moralisches Subjekt. Dies gilt im<br />

individuellen Bereich ebenso wie im Kontext des öffentlichen Handelns – etwa in der Politik – und<br />

nicht weniger im Feld des ökonomischen Handelns. In jeder Handlung steckt das Wissen um<br />

„gut“/“böse“, richtig oder falsch, von „angemessen“ bzw. „unangemessen“ und dieses Wissen<br />

kommt zustande durch mein persönliches Werturteil. 1 Auch das ökonomische Handeln setzt ein<br />

solches Werturteils-Wissen voraus und ich möchte die These wagen, dass das subjektive Werturteil<br />

auch die Grundlage aller ökonomischer Entscheidungen und Handlungen darstellt. Von dieser<br />

Perspektive einer moralisch gesättigten Handlungstheorie aus möchte ich meine Überlegungen zur<br />

Begründung von Unternehmensethik dezidiert christ-lich protestantisch formulieren. 2 Ich beziehe<br />

mich hierbei auf die Überlegungen des Kollegen Günther <strong>Buchholz</strong> von der Fakultät <strong>Wirtschaft</strong> der<br />

FH-Hannover und dessen Thesen zum Thema der <strong>Wirtschaft</strong>sethik und möchte den Versuch<br />

unternehmen, auf der Grundlage seiner Überlegungen Übereinstimmung und kritische Einwände zu<br />

formulieren. Es war gewünscht, zu den Thesen kritisch Position zu beziehen, was ich durch<br />

insgesamt vier Zwischenrufe tun möchte.<br />

Erster Zwischenruf: Das Märchen von der wertfreien Ökonomie<br />

Wie es kein Handeln ohne moralische Grundierung gibt, so gibt es auch keinen „wertfreien“ Markt,<br />

denn die dort stattfindenden Handlungen sind in sich reduzierbar auf Resultate subjektiven<br />

Handelns, also an sich Ergebnisse von diversen Handlungsmotivationen und Handlungsketten,<br />

deren Teil auch die moralische Reflexion darstellt. So ist jede Manage-rin/Manager und jeder<br />

Besitzer von Aktien an sich auch ein moralisches Subjekt und alles Handeln – einschließlich des<br />

wirtschaftlichen Handelns – setzt in mir Maßstäbe von Fairness und Gerechtigkeit und damit<br />

durchaus ethische Kriterien voraus. Dass etwa Unternehmer auch „ethische Subjekte“ sind und<br />

Unternehmen in vielfacher Weise ethische Handlungs-dimensionen inmitten ihrer ökonomischen<br />

Überlegungen aufweisen, wurde in der Vergan-genheit in der öffentlichen Debatte leider oft<br />

vernachlässigt, woran die Ökonomen nicht ganz unschuldig sind. 3 Zu oft wird etwa das Faktum<br />

übersehen, dass in der Bundesrepublik Deutschland die maßgebliche <strong>Wirtschaft</strong>ssäule Betriebe des<br />

Mittelstands sind und eben nicht Aktiengesellschaften. Es sind also in der Mehrzahl „Unternehmer“<br />

und nicht „Unternehmen“, deren Ziel die radikale Steigerung des an der Börse notierten<br />

Unternehmenswertes zur Befriedigung der Shareholder-Value sind, die ökonomisch handeln. Die<br />

Frage nach der Ethik bekommt hier also schon ein ganz anderes Gewicht, wenn im Vorfeld der<br />

Referenzrahmen kritisch betrachtet wird. 4<br />

Die Ausführungen des Kollegen <strong>Buchholz</strong> setzen in gewisser Weise das von dem Soziologen Max<br />

Weber in seiner Schrift „Die protestantische <strong>Wirtschaft</strong>sethik“ begründete Theorem rationaler<br />

Handlungsweisen bzw. dem Ansatz zweckrationaler Gewinnoptimierung als Grundlage des<br />

ökonomischen Handelns voraus. Zwar spricht der Kollege von einer gewissen „Nachdenklichkeit“,<br />

die durch die jüngste <strong>Wirtschaft</strong>skrise in dieser Sache in Gang gekom-men ist, aber das Prinzip der<br />

optimierenden Handlungsrationalität als solches stellt er nicht in Frage. Aus meiner Sicht müsste<br />

die Ökonomie weiter gehen und genau dieses Theorem der Ökonomie neu überdenken. Denn die<br />

jüngste Finanzkrise zeigt: Das moralische Werturteil, dass der Markt eine inhärente Ethik aufweist<br />

und sich selbst normativ reguliert, stimmt unter den Bedingungen der Globalisierung nur noch sehr<br />

1 Vgl. hierzu Hans Joas, Die Entstehung der Werte, Frankfurt 1997; den Kontext von Urteilen und Handeln reflektiert<br />

prinzipiell Detlef Garz/ Fritz Oser/ Wolfgang Althof (Hgg.), Moralisches Urteil und Handeln, Frankfurt 1999.<br />

2 Grundlage einer modernen <strong>Wirtschaft</strong>sethik beschreibt Traugott Jähnichen, <strong>Wirtschaft</strong>sethik. Konstellationen –<br />

Verantwortungsebenen – Handlungsfelder, Stuttgart 2008.<br />

3 Eine Untersuchung auf dem Hintergrund qualitativer Probanden-Interviews hat jüngst vorgelegt Klaus Hartmann,<br />

Manager und Religion. Zum Wandel beruflicher und religiöser Lebensführung, Konstanz 2007.<br />

4 Siehe <strong>Ralf</strong> <strong>Hoburg</strong>, Jenseits des Ökonomischen, DtPfBl 2007.<br />

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