Arbeitspapier / Abteilung Wirtschaft Günter Buchholz, Ralf Hoburg ...
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<strong>Günter</strong> <strong>Buchholz</strong><br />
03.02.2009<br />
FH meets economy<br />
an der Fakultät IV der Fachhochschule Hannover<br />
18. November 2008<br />
<strong>Wirtschaft</strong>sethik heute –<br />
ein Nachwort<br />
Die Ablösung von Helmut Schmidt und die Wahl von Helmut Kohl durch das von Hans Tietmeyer<br />
(CDU, ehemaliger <strong>Abteilung</strong>sleiter im Bundesministerium für <strong>Wirtschaft</strong>, späterer Bundesbank-<br />
Präsident) konzeptionell und Otto Graf Lambsdorff und Genscher (FDP) politisch vorbereitete<br />
konstruktive Misstrauensvotum im Deutschen Bundestag veranlasste seinerzeit den neu gewählten<br />
Bundeskanzler Kohl seltsamerweise zu der Forderung nach einer „geistig-moralischen Wende“.<br />
Als beobachtender Staatsbürger musste man sich damals fragen, wie das denn wohl gemeint<br />
gewesen sein mochte. Denn Helmut Schmidt war ziemlich unstrittig als fachlich hoch qualifizierter,<br />
politisch kluger und moralisch integrer Staatsmann allgemein und zu Recht hoch angesehen, so<br />
dass er 2009, im Jahr seines 90. Geburtstages, zu einem Vorbild erhoben worden ist: im Blick auf<br />
60 Jahre Bundesrepublik erscheint er nicht als einer in einer Reihe, sondern fachlich, politisch und<br />
moralisch mustergültig als DER BUNDESKANZLER schlechthin.<br />
Die von Helmut Kohl geforderte Wende hat es in der Folge in der Tat gegeben, in aller Stille. Aber<br />
es war eben keine Wende zu Besseren. Das damalige Tietmeyer-Papier war - wie sich im<br />
historischen Rückblick erwiesen hat - die politische Agenda der einsetzenden neoliberalen<br />
Gegenreform (Deregulierung, Privatisierung, Abbau des Sozialstaats und öffentlicher<br />
Dienstleistungen, also Übergang zur Marktgesellschaft mit der Konsequenz der <strong>Wirtschaft</strong>skrise<br />
von 2008 ff.). Und die Wahl von Kohl öffnete anscheinend auch das Tor zu einer wohl doch neuen<br />
Qualität der politischen Korruption, oft in Form von Lobbyismus, oft auch in Form privater<br />
Anschlusskarrieren für Politiker.<br />
Das Feld der Beschaffungskorruption (Öffentliche Bauaufträge, insbesondere auf kommunaler<br />
Ebene, Beschaffung von Rüstungsgütern durch den Bund) hat es bereits in den ersten Jahrzehnten<br />
der BRD gegeben. In den 80er Jahren lag allem Anschein nach der Schwerpunkt dann auf dem<br />
Mediensektor, d. h. vor allem auf der Durchsetzung privater Fernsehprogrammangebote:<br />
überakkumuliertes Kapital suchte neue Anlagefelder; hier zu Lasten der öffentlich-rechtlichen<br />
Sender. Nach den Ereignissen des Jahres 1989 kam dann als nach wie vor großes Dunkelfeld die<br />
Abwicklung der DDR-<strong>Wirtschaft</strong> hinzu, und seither geht es im Namen des Wettbewerbs um die<br />
großen Privatisierungen (Post, Telekom, Bahn), also um die Beseitigung der öffentlichen Monopole<br />
und gleichzeitig um den Aufbau privater Monopole (z.B. im Bereich der Energiewirtschaft) – was<br />
von den Interessenten als angeblich wettbewerbspolitisch unbedenklich erklärt wird. Kein Wunder,<br />
denn kann es für einen Betriebswirt und für einen privaten Eigentümer oder seine Manager etwas<br />
Erstrebenswerteres geben als ein mächtiges privates Monopol?<br />
Alle Prozesse neoliberaler Gegenreform werden offenbar mehr oder weniger ausgeprägt von<br />
Prozessen politischer Korruption - im weiten Sinne - begleitet. Der systemische Charakter des<br />
Vorgangs besteht darin, dass die Politik insgesamt den mehr oder weniger einheitlichen privaten<br />
Interessen, wie sie von <strong>Wirtschaft</strong>sverbänden oder Unternehmens-Stiftungen formuliert wurden,<br />
untergeordnet worden ist; für die so genannten „etablierten Parteien“ gilt das jedenfalls sehr<br />
weitgehend. Die Politik wird damit faktisch aber illegitimerweise nicht mehr demokratisch<br />
bestimmt, sondern von privat-partikulären Interessen geleitet. Darin besteht die „Krise der<br />
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