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Arbeitspapier / Abteilung Wirtschaft Günter Buchholz, Ralf Hoburg ...

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welch eine Horrorvision für die Banken weltweit - mit Ausnahme der streng islamischen<br />

Geldinstitute. Bankleute, die Zins nehmen, sind Diebe am Eigentum Gottes, Zeitdiebe, sie<br />

verdienen ihr Geld nicht selber im Schweiße ihres Angesichts, ja sie verdienen sogar am Sonntag,<br />

am Feiertag, denn ihr Zinsvertrag trägt ja auch sonntags Früchte, Geld arbeitet am Feiertag, das<br />

wendet sich gegen die Zinsnehmer. Und diese heißen noch bei Martin Luther „Wucherer“, er hatte<br />

seinen Kirchenvater Thomas gut studiert.<br />

Wider die Wucherer zog er kräftig vom Leder in seinen wirtschaftsethischen Schriften „Eyn Sermon<br />

von dem Wucher“ (1522),<br />

„Von Kauffshandlung und Wucher“ (1524),<br />

„Vom Zinsgroschen“ (1535) und kurz vor seinem Tode noch<br />

„An die Pfarrherrn wider den Wucher zu predigen, Vermanung“ .<br />

Nun, Luther ist aber gleichzeitig mit für das verantwortlich, was wir heute die Moderne nennen.<br />

Ohne Luther hätte das Mittelalter nicht überwunden werden können Er stellt die Weichen in unsere<br />

Zeit. Und die Moderne brachte uns ein nie gekanntes <strong>Wirtschaft</strong>sleben - weltweit - global -<br />

allumfassend.<br />

Mit der Moderne und der Demokratisierung des Lebens blieben auch immer mehr die<br />

Folterinstrumente der Kirche im Keller, die physischen und die psychischen. Mit dem Fegefeuer<br />

hatte man Jahrhunderte lang die Zinsnehmer und Wucherer in Schach gehalten - Zinsnahme war<br />

Todsünde, nicht erst seit Thomas, aber seit ihm und durch ihn philosophisch über Aristoteles und<br />

theologisch über die Tradition des biblischen Zinsverbotes abgesichert. Nun haben die Menschen ja<br />

immer schon Zinsen von ihren Mitmenschen genommen, um zu mehr Geld zu kommen, auch wenn<br />

es Todsünde war, im Christentum wie im Islam. Die traditionelle katholische Theologie hatte einen<br />

kleinen Ausweg offen gelassen, eben das Fegefeuer, Bankiers und andere Wucherer blieben nicht<br />

auf Dauer sanktioniert, sie mussten halt einige Jahrhunderte ins Feuer, aber was tut man nicht alles<br />

für Macht und Reichtum hier und jetzt.<br />

Zudem gab es ein weiteres kleines Schlupfloch, das in die soziale und kirchliche Richtung weist.<br />

Früher hieß man das die mildtätigen Werke. Und die konnten die Dauer des Fegefeuers spürbar<br />

abkürzen. Viele Werke der Barmherzigkeit sind der früheren Hartherzigkeit und der späteren Milde<br />

alternder Bankiers und Kaufleute geschuldet, dieses bekannte Hospital, jenes Altenheim.<br />

Eine der fortschrittlichsten und imposantesten Sozialeinrichtungen des Spät - Mittelalters, noch<br />

heute existent, steht in Augsburg: die Fuggerei, gestiftet von den Bankiers der Kaiser und Päpste,<br />

der Könige und Bischöfe, der Familie Fugger. Zeichen des Glaubens?<br />

Zumindest Ausdruck dessen, dass man Geld nicht mit ins Grab nehmen kann und dass dies vielen,<br />

häufig leider erst zu spät, im Alter bewusst wird. Auch heute ist das noch ein Phänomen, vor allem<br />

in den USA, dem Land der Stiftungen und Fonds. Ein frommer calvinistischer Millionär stirbt dort<br />

auch heute nicht als Millionär. Er hat sein Geld gestiftet. Wir nennen es Sponsoring und<br />

Foundraising, wenn Alte von Sozialen Einrichtung hinsichtlich der Verwendung ihres Erbes<br />

umworben werden... .<br />

Das Zinsverbot ist gefallen, Auswüchse der Zinsnahme juristisch eingeschränkt, aber eben nur<br />

dieses. Wer auch nur einen Tag in einer Schuldnerberatung einer deutschen Großstadt verbringt,<br />

kommt ins Grübeln, ob nicht der Weg des Verbotes in Islam und Christentum doch etwas für sich<br />

hat.<br />

Aber die Linie des Vespasian hat sich durchgesetzt: Geld stinkt nicht.<br />

Das hat Auswirkungen auf den Geruch des Geldes. Es wird so hoch geschätzt, dass wir alle eher<br />

geneigt sind, Veilchen oder Rosen zu riechen, wenn wir zu Geld kommen, als uns Gedanken zu<br />

machen, was das für Geld ist.<br />

Lohn für ehrliche Arbeit oder Teilhabe an ungerechtem <strong>Wirtschaft</strong>shandeln?<br />

Notwendiges Lebensmittel oder Ergebnis von Ausbeutung anderer?<br />

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