Vom Gottesleugner zum Evangelisten
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hatte, tat mir ein junges, gläubiges Mädchen<br />
einen großen Dienst. Sie schrieb<br />
an meine Frau und mich einen Brief und<br />
ermutigte uns darin, doch an dem festzuhalten,<br />
was wir gefunden hatten. Sie<br />
führte einige Schriftstellen an und nannte<br />
uns auch einige schöne, passende Liederverse.<br />
Die Gemeinschaft der Gotteskinder am<br />
Ort war für mich etwas Kostbares, etwas<br />
ungemein Wohltuendes. Die Wunden,<br />
die mir die Sünde geschlagen hatte, heilten.<br />
Das Wort Gottes und die Gesänge<br />
der Gotteskinder wirkten wie Balsam auf<br />
meine Seele. Ich versäumte wohl kaum<br />
eine Zusammenkunft der Gemeinschaft.<br />
Dann kam plötzlich - wie schon an anderer<br />
Stelle erwähnt - die Versetzung an einen<br />
anderen Ort. Ich musste die Leitung<br />
des dortigen Bahnhofs übernehmen und<br />
war von der Verbindung mit den Gläubigen<br />
abgeschnitten. Am neuen Ort war alles<br />
katholisch. Dort war kein Bruder, keine<br />
Gemeinschaft. Sollte das der Wille Gottes<br />
sein? Zunächst schien es, als könnte<br />
ich nicht damit fertig werden. Und doch<br />
wusste und empfand ich es auch damals:<br />
Es ist der rechte Weg. Es ist eine Schule<br />
Gottes. Ich werde Nachhilfestunden bekommen,<br />
um eine besondere Lektion zu<br />
lernen.<br />
Am Bahndamm machte ich mir aus alten<br />
Bohnenstangen eine Bank. Als ich sie<br />
notdürftig fertig hatte, begann ich dort<br />
das Johannesevangelium zu lesen und<br />
kam an die Stelle in Joh. 15,15: „Ich nenne<br />
euch nicht mehr Knechte, denn der Knecht<br />
weiß nicht, was sein Herr tut; euch aber<br />
habe ich Freunde genannt, weil ich euch alles<br />
verkündet habe, was ich von meinem Vater<br />
gehört habe.“ Dieses Wort beeinflusste<br />
mein Glaubensleben und meinen Dienst<br />
sehr stark. (Ich diente schon hin und her<br />
in den Dörfern und verkündigte das Evangelium.)<br />
Er hat mich Freund genannt! So<br />
klang es immer wieder in meiner Brust. Ja,<br />
Herr Jesus, so hieß es in meinem Herzen,<br />
wenn du mich Freund nennst, dann soll<br />
es dir gegenüber kein Geheimnis mehr<br />
geben, dann sollst du auch bis in die tiefsten<br />
und verborgensten Gründe meines<br />
Herzens hineinschauen, dann will ich dir<br />
restlos alles öffnen, weil du mich Freund<br />
genannt hast. Dann tue du aber auch mir,<br />
o Herr, als mein Freund, deine Liebe, dein<br />
Wesen kund! Offenbare mir dein Leben,<br />
dein Kommen, dein Gethsemane und<br />
Golgatha. Schließe mir dein vollbrachtes<br />
Erlösungswerk völlig auf!<br />
Auf jener Bohnenstangenbank hat der<br />
Herr sich mir in der Einsamkeit offenbart.<br />
Ich glaube, ich hätte nie unter die Massen<br />
gehen können, hätte mir der Vater in seiner<br />
Weisheit nicht vorher die Einsamkeit<br />
geschenkt. Ich hatte zwar keine Gemeinschaft<br />
mit Gotteskindern, aber ich pflegte<br />
Gemeinschaft mit Gott. Es waren Tage<br />
und Wochen und Monate, ohne die ich<br />
im Glaubensleben vielleicht nur vegetiert<br />
hätte.<br />
Es wurde mir aber auch eine besondere<br />
Ermutigung zuteil. Ich erfuhr, dass im<br />
Nachbarort eine gläubige Familie lebte,<br />
die allein stand, genau wie ich und meine<br />
Familie. Ich machte mich auf, um diese<br />
Geschwister zu besuchen, fand sie aber<br />
nicht vor. Bei meinem nächsten Besuch<br />
lernte ich die Lieben kennen. Und nun<br />
kamen wir zwei Familien jede Woche an<br />
einem Abend zusammen, lasen einen<br />
Abschnitt im Wort Gottes und beteten<br />
miteinander. Es war jedes Mal ein Vorgeschmack<br />
des Himmels. In der Wüste ist<br />
eine Oase etwas Kostbares und Herrliches.<br />
Das haben wir in jener Zeit empfunden,<br />
als uns eine geistliche Wüste umgab.