Hinz&Kunzt 278 April 2016
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Stadtgespräch<br />
Wohnungen für Flüchtlinge<br />
Wie funktioniert der<br />
Expressbau?<br />
durchaus auch mit einem Wohnquartier kompatibel, vor allem<br />
weil ja Wohnen und Arbeiten in bestimmten „urbanen<br />
Zonen“ (früher hieß so das „Mischgebiet“!) wieder voll im<br />
Trend liegen. „Kleine freche Schwester der HafenCity“<br />
nannte die Gruppe das neue Quartier. Weil es bunter und<br />
abwechslungsreicher gestaltet werden sollte: mit strengen<br />
Bauformen beispielsweise, die in sich aber viel Spielraum für<br />
Veränderung ließen und wo alle paar Meter die äußere Gestaltung<br />
verändert werden könnte. Die Entwürfe wirken so<br />
jung, so leicht, so spielerisch – Euphorie pur.<br />
Realitätsschock und Zukunftsmusik<br />
Drei Tage sind vergangen. Drei Tage, in denen mal weitergedacht<br />
wurde als bis zum nächsten Containerdorf und bis zur<br />
nächsten Klage. Aber die Realität holt einen schnell wieder<br />
ein. In der Zeitung wird aktuell darüber gestritten, warum<br />
jetzt so viel gebaut wird, obwohl gerade weniger Flüchtlinge<br />
ankommen. Vorher war kritisiert worden, dass nicht genügend<br />
gebaut worden war. Und natürlich wollen Anwohner<br />
klagen. Das nervt! Außerdem: Allein durch den Ausbau von<br />
Erdgeschossen wird natürlich noch niemand integriert.<br />
Man wünscht sich eine Klausurtagung in wundervoller<br />
Atmosphäre – für Architekten, Stadtplaner, Bildungs- und<br />
Sozialexperten, Arbeitsmarktspezialisten, Politiker, Anwohner<br />
und Flüchtlinge. Ende der Klausur wäre erst, wenn<br />
Lösungen für eine optimale Integration gefunden wären. Daraus<br />
wird natürlich nichts. Dafür gibt’s ab Mai das CityScope<br />
in der HafenCity Universität. Anhand eines Hamburg-Modells<br />
können sich Bürger in Workshops über alle Unter künfte,<br />
sowie über Grundstücke informieren – und sie auf Tauglichkeit<br />
überprüfen. Vielleicht ein kleiner Schritt dahin, dass<br />
Ankunftsstädte auch für Hamburg ein „Brutkasten“ und ein<br />
„Karrieresprung“ sein könnten. •<br />
Infos: Material zur Tagung hat die Hamburgische Architektenkammer<br />
auf ihrer Website unter www.akhh.de zusammengestellt. Wir<br />
haben einen Videoclip zur Konferenz gemacht – zu sehen unter<br />
www.huklink/ankunftsstadt. Anfragen zum CityScope-Workshop in<br />
der HCU per Mail unter flaechenmodell@steg-hamburg.de. Das<br />
Buch zur Lage: Doug Saunders, Die neue Völkerwanderung –<br />
Arrival City, Random House, 16,99 Euro<br />
So schnell wie möglich will Hamburg in den<br />
kommenden Monaten Wohnungen speziell für<br />
Flüchtlinge bauen. Eine Änderung im Baugesetzbuch<br />
(BauGB) ermöglicht das. Normalerweise<br />
benötigen Bauprojekte eine lange Vorlaufzeit.<br />
Doch der Paragraf 246 im BauGB<br />
erlaubt jetzt sogenannte Expressbauten.<br />
Die Besonderheit: Die Häuser werden ohne<br />
vorliegenden Bebauungsplan errichtet. Und<br />
ohne eine Absenkung der Standards, wie Magnus-Sebastian<br />
Kutz, Sprecher der Behörde für<br />
Stadtentwicklung und Wohnen (BSW), im Gespräch<br />
mit Hinz&<strong>Kunzt</strong> betont. Sogenannte<br />
B-Pläne würden anschließend erstellt. Das allerdings<br />
könne zwei bis drei Jahre dauern.<br />
Das Interesse unter den Investoren sei<br />
groß, heißt es aus der Behörde. Denn sie können<br />
ausnahmsweise Flächen bebauen, die vorher<br />
für Gewerbe, Landwirtschaft und Industrie<br />
und somit nicht als Bauland ausgewiesen waren.<br />
„Damit verhindern wir, dass es eine zusätzliche<br />
Konkurrenz um Grundstücke für den<br />
Wohnungsbau gibt“, sagt Kutz. Denn weiterhin<br />
sollen für die Hamburger jährlich 2000 Sozialwohnungen<br />
fertiggestellt werden. Die angestrebten<br />
5600 Flüchtlingswohnungen gäbe<br />
es sozusagen „on top“.<br />
Angemietet und belegt werden die Neubauten<br />
für 15 Jahre vom städtischen Unterkunftsbetreiber<br />
fördern und wohnen (f&w).<br />
Anfänglich werden Flüchtlinge einziehen. Sobald<br />
aber neue B-Pläne vorliegen, könne eine<br />
Durchmischung umgesetzt werden, falls sich<br />
die Zahl der ankommenden Flüchtlinge reduziert,<br />
so Kutz.<br />
Ein Großteil der Wohnungen werden Sozialwohnungen.<br />
Während dieser Zeit gelten sie<br />
als Flüchtlingsunterkünfte und werden mit<br />
mehr Menschen als üblich belegt. „Allerdings<br />
wird diese Zahl dadurch gedeckelt, dass aus<br />
Brandschutzgründen nur 60 Personen ein<br />
Treppenhaus benutzen dürfen.“<br />
Nach Ablauf der Frist könnten aus den<br />
Unterkünften für weitere 15 Jahre klassische<br />
Sozialwohnungen werden. Aber gerade die<br />
privaten Investoren, die mehr als die Hälfte<br />
bauen, werden sich darauf nicht unbedingt<br />
einlassen. Kritisch ist auch, dass Hunderte der<br />
Expressbauten komplett frei finanziert werden<br />
sollen. Deren Miete soll zwar nach Behördenangaben<br />
„unter den marktüblichen Preisen“<br />
liegen. Die Investoren könnten diese Häuser<br />
allerdings nach Vertragsende gewinnbringend<br />
verkaufen oder auch teurer vermieten. •<br />
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