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Hinz&Kunzt 278 April 2016

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Es geht ins „Hong Kong“, in den<br />

„Utspann“, in die „Kaffeepause“:<br />

Einstige BARDAMEN und<br />

Stripperinnen erzählen von den<br />

goldenen Zeiten auf St. Pauli.<br />

Zeigen, wie die Welt tickt<br />

Es gibt ihn weiterhin – den ambitionierten und auch mal sperrigen Dokumentarfilm.<br />

Vier Empfehlungen für die diesjährige Dokumentarfilmwoche Hamburg.<br />

TEXT: FRANK KEIL<br />

FOTO: MARTIN NEUMEYER<br />

„MANCHE HATTEN KROKODILE“<br />

von Christian Hornung:<br />

Metropolis, Sa, 9.4., 18.30 Uhr,<br />

Eintritt: 7,50/ 5,50 Euro<br />

„Ich kann ja nur noch ehrenamtlich arbeiten“,<br />

lacht die ehemalige Prostituierte:<br />

„Bei meinem Alter kann ich doch<br />

kein Geld mehr verlangen.“ Und zieht<br />

erst mal kräftig an ihrer Zigarette. Es<br />

geht nach St. Pauli. Schnörkellos und<br />

freimütig berichten der alteingesessene<br />

Kneipenwirt, der Friseur an der Ecke<br />

oder Deutschlands einst schwerste<br />

Stripperin aus ihrem Leben. Dabei<br />

rückt die Kamera den Protagonisten<br />

nie zu dicht auf die Pelle – sondern lässt<br />

jedem seine Würde. Ein anerkennender,<br />

melancholischer Film.<br />

„WENN MAN SIE BEDAUERT,<br />

KÖNNEN SIE SCHLECHT STERBEN“<br />

von Friederike Güssefeld:<br />

Lichtmess, Fr, 8.4., 18.30 Uhr,<br />

Eintritt: 7,50/ 5,50 Euro<br />

Ein Dorf irgendwo in Brandenburg.<br />

Die Wende hat ihre tiefen Spuren hinterlassen.<br />

Die Geschäfte sind geschlossen,<br />

wer woanders einen Job fand, ist<br />

seit Langem verschwunden. Manche<br />

nehmen sich aus Verzweiflung das Leben.<br />

Dann treffen sich einige der Dörfler<br />

auf dem Friedhof. Wobei es lange<br />

nicht mehr so feierlich zugeht wie früher.<br />

Einer sagt: „Was soll man machen<br />

– das Leben muss weitergehen. Ist so.“<br />

Dann streichelt er seinen Hund.<br />

35<br />

„HARBURG BIS OSTERN“<br />

von Klaus Wildenhahn:<br />

Metropolis, Sa, 9.4., 16 Uhr,<br />

Eintritt: 7,50/ 5,50 Euro<br />

Eine Reise zurück in das Winterhalbjahr<br />

1971/72. Nach Harburg. Die<br />

Phoenix-Werke sollen mit der Continental<br />

AG fusionieren, was Arbeitsplätze<br />

kostet. Zugleich erlebt man, wie ein<br />

junger, renitenter Vikar seine ersten<br />

Taufen, Hochzeiten, Beerdigungen absolviert.<br />

Und öfter beherzt bei der Kirchenleitung<br />

aneckt. Ein kleines Meisterwerk<br />

von Klaus Wildenhahn! Und: Der<br />

Film ist in einer 16-Millimeter-Kopie zu<br />

sehen: wie damals!<br />

„TAGELÖHNER SYNDROM“<br />

von Rita Bakacs: Metropolis,<br />

Sa, 9.4., 21.30 Uhr,<br />

Eintritt: 7,50/ 5,50 Euro<br />

Um vier Uhr morgens schließt Herr<br />

Schröder auf. Fährt den PC hoch, kocht<br />

erst Mal Kaffee. Dann können sie kommen,<br />

um zu warten: die Männer, die in<br />

der Neuköllner Jobbörse auf einen Job<br />

hoffen. Für einen Tag. Mit Glück: für<br />

zwei. Oder gar für drei? Wer keinen<br />

Personalausweis mithat, keine Versichertenkarte<br />

vorzeigen kann, keine Sicherheitsschuhe<br />

nach DIN S3-Norm<br />

trägt, kann gleich wieder gehen. Drei<br />

Stunden später ist alles vorbei. Die<br />

Männer warten weiter. •<br />

Das komplette Programm der Dokumentarfilmwoche<br />

vom 6.–10. <strong>April</strong> findet sich unter<br />

www.dokfilmwoche.de

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