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Arbeitsrechtliche Entscheidungen Ausgabe 2010-04

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des § 86 Abs. 1 HGB, der von einem Handelsvertreter verlangt<br />

„sich um die Vermittlung ... von Geschäften zu bemühen“ und<br />

dabei „das Interesse des Unternehmers wahrzunehmen“. Ein<br />

konkretes Mindestsoll und eine Beschränkung der Freiheit zu<br />

eigenen <strong>Entscheidungen</strong> über das zeitliche Arbeitsvolumen<br />

ist mit einer solchen Sichtweise und Überprüfung der Tätigkeit<br />

nicht verbunden.<br />

Entgegen dem Vortrag der Klägerin ist ihr ein fester Arbeitsort<br />

nicht zugewiesen worden. Die Klägerin hat vielmehr ein<br />

entsprechend ausgestattetes Büro von der Beklagten angemietet.<br />

Darüber hinaus hat sie nach Beendigung dieses Nutzungsvertrages<br />

sich in ihrem eigenen Wohnhaus ein Büro<br />

eingerichtet, so dass sie daher frei entscheiden konnte, von<br />

welchem Standort aus sie ihrer Tätigkeit nachgehen möchte.<br />

Es spielt keine Rolle, ob und wie sie auf der Büronummer<br />

eingehende Anrufe während ihrer Abwesenheit auf ein Handy<br />

umgeleitet haben mag.<br />

Die Klägerin war auch frei in der Gestaltung ihrer Arbeitszeit.<br />

Der Vertrag der Parteien enthält bezüglich des Anfangs<br />

und des Endes der Arbeitszeit keine festen Vorgaben. Die<br />

Klägerin hatte bei der Beklagten auch keine festen Dienststunden<br />

zu absolvieren. Ebenso ist die Klägerin hinsichtlich des<br />

Umfanges ihrer Arbeitszeit frei. Insgesamt finden sich weder<br />

in dem Vertrag Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin ein<br />

bestimmtes Zeitkontingent für die Beklagte zu leisten hatte<br />

noch trägt sie vor, dass ihr in irgendeiner Weise feste Arbeitszeiten<br />

oder abzuleistenden Stunden vorgegeben waren. Die<br />

Vergütung erfolgte allein nach der Anzahl der angeworbenen<br />

Anzeigenkunden auf Provisionsbasis. Wie viel Zeit die Klägerin<br />

letztendlich dafür einsetzen musste, einen Anzeigenkunden<br />

erfolgreich zu bewerben, blieb ihr überlassen.<br />

Für die Annahme eines Handelsvertreterverhältnisses spricht<br />

auch, dass die Klägerin sich Urlaub nicht genehmigen lassen<br />

musste. Sie war lediglich gehalten, diesen anzuzeigen und<br />

sich mit ihren Vertretern über die geplanten Urlaubszeiten<br />

abzusprechen. Auch spricht nicht gegen die Einordnung ihres<br />

Status als Handelsvertreterin, dass sie bei Erkrankung diese<br />

nachzuweisen hatte, sobald dies von der Beklagten schriftlich<br />

verlangt wird, denn die Beklagte hat ein berechtigtes Interesse<br />

daran, über den Arbeitsunfähigkeitszeitraum unterrichtet<br />

zu werden. In die Gestaltung der Tätigkeit der Klägerin greift<br />

sie damit nicht in unerheblicher Weise ein. Es ist auch hier<br />

davon auszugehen, dass die Beklagte ein berechtigtes wirtschaftliches<br />

Interesse daran hat, dass während des Urlaubs<br />

und der Erkrankung der Kontakt zu potentiellen Anzeigenkunden<br />

aufrechterhalten bleibt, da die Beklagte die entsprechenden<br />

Veröffentlichungen auch während der Urlaubszeiten der<br />

Klägerin produziert und auf die Einnahmen hinsichtlich ihrer<br />

Anzeigenkunden angewiesen ist.<br />

Die Klägerin ist auch nicht als Arbeitnehmerin anzusehen, weil<br />

sie nach der Vertragsgestaltung, insbesondere § 1 und 5 des<br />

Vertrages keine Konkurrenztätigkeit ausüben und nur für<br />

die Beklagte tätig werden darf. Ein Verbot von Konkurrenztätigkeit<br />

ist sowohl dem Handelsvertreterverhältnis als auch<br />

<strong>04</strong>/10<br />

Rechtsprechung<br />

Allgemeines Vertragsrecht<br />

dem Arbeitsverhältnis während seiner Laufzeit in der Regel<br />

immanent. Die Existenz von sogenannten Einfirmenvertretern<br />

wird in § 91a Abs. 1 S. 1 HGB vorausgesetzt. Diese Vorschrift<br />

spricht vom Verbot eines Tätigwerdens „für weitere Unternehmen“.<br />

Nach dem Zusammenhang mit § 84 Abs. 1 S. 1 HGB<br />

sind darunter nur die Prinzipale von Handelsvertretern zu verstehen.<br />

Da dieses Verbot nicht die Gestaltung der geschuldeten<br />

Tätigkeit selbst, sondern das sonstige Verhalten der<br />

Klägerin betrifft, ist es zur Statusabgrenzung nicht unmittelbar<br />

heranzuziehen. Unter Beachtung dieser gesamten Kriterien ist<br />

die Klägerin als freie Handelsvertreterin und nicht als Arbeitnehmerin<br />

einzuordnen.<br />

■ Arbeitsgericht Frankfurt (Oder)<br />

vom 10.3.<strong>2010</strong>, 5 Ca 1198/09<br />

eingereicht von Rechtsanwalt Prof. Dr. Johannes Weberling,<br />

Prinzessinnenstraße 14, 10969 Berlin<br />

Tel.: 030/61659720, Fax: 030/61659722<br />

RA.Dr.Weberling@presserecht.de; www.presserecht.de<br />

231. Aufhebungsvertrag, Anfechtung, Drohung mit Kündigung,<br />

Verstoß gegen Konkurrenzverbot<br />

Aus den Entscheidungsgründen: Der Klägerin steht kein Anfechtungsgrund<br />

mit dem Ziel der Nichtigkeit des Aufhebungsvertrages<br />

vom 28.7.2009 zur Seite. Insbesondere ist sie bei<br />

Abschluss des Vertrages nicht i.S.d. § 123 BGB widerrechtlich<br />

bedroht worden.<br />

1. Es kann dabei dahinstehen, ob in dem dem Vertragsabschluss<br />

vorangehenden Gespräch die Worte „sonst müssen<br />

wir mit der harten Tour“ kommen, gefallen sind. Die Beklagte<br />

räumt ein, dass der Klägerin im Angesicht ihres Vertragsverstoßes<br />

die außerordentliche Kündigung in Aussicht gestellt<br />

worden ist, so sie den Aufhebungsvertrag nicht abschließen<br />

sollte. Unter der Drohung mit einer Kündigung ist durchaus<br />

die Ankündigung eines künftigen Übels zu verstehen.<br />

Ein Anfechtungsgrund ist allerdings nur dann gegeben, wenn<br />

die Drohung widerrechtlich war. Dies ist der Fall, wenn ein<br />

vernünftig denkender Vertragspartner die außerordentliche<br />

Kündigung des Vertragsverhältnisses nicht ernsthaft in Betracht<br />

ziehen durfte. Die Kammer ist der Ansicht, dass die<br />

Beklage auch eine außerordentliche Kündigung des Vertragsverhältnisses<br />

ernsthaft in Erwägung ziehen durfte. Nach §§ 1<br />

und 5 des Handelsvertretervertrages war es der Klägerin untersagt,<br />

eine Vertretung, Vermittlung oder Tätigkeit für andere<br />

Unternehmen aufzunehmen (§ 1) bzw., war sie gehalten, die<br />

Gebote des lauteren Wettbewerbs zu beachten (§ 5), was das<br />

Betreiben von Konkurrenztätigkeit ausschließt. Die Klägerin<br />

ist vom Verwaltungsverlag als Verlagsrepräsentantin und<br />

Ansprechpartnerin im Zuge des Vorhabens benannt worden,<br />

Werbepartner für die neu zu erstellenden Stadtplantafeln zu<br />

finden. Auch wenn die Klägerin zu Recht einbringt, dass das<br />

Kernbetätigungsfeld des Verwaltungsverlags (Erstellung von<br />

Stadtplänen, Kartenmaterial etc.) ein anderes ist, als das der<br />

Beklagten (Herausgeben mehrerer Zeitungen), so ist auf der<br />

235

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