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Arbeitsrechtliche Entscheidungen Ausgabe 2010-04

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gesprochenen Wort und dem Recht am eigenen Bild vor<br />

allem das Recht auf informationelle Selbstbestimmung als<br />

weiterer Bestandteil des Schutzbereichs. Nach den hierzu vom<br />

BVerfG in der sog. Volkszählungsentscheidung 6 entwickelten<br />

Grundsätzen entscheidet jeder selbst, wann und innerhalb<br />

welcher Grenzen er persönliche Lebenssachverhalte offenbart.<br />

Allerdings wird dieses Recht nicht schrankenlos gewährt:<br />

Der Einzelne hat demnach nicht das Recht uneingeschränkt<br />

über seine Daten zu verfügen. Aus diesem Grunde hat<br />

der Gesetzgeber geeignete Vorkehrungen zu treffen, die<br />

einerseits der Gefahr einer Persönlichkeitsrechtsverletzung<br />

entgegenwirken und andererseits die Rechte des Einzelnen in<br />

verfassungskonformer Weise einschränken. Als Folge dessen<br />

existieren Datenschutzgesetze des Bundes und der Länder.<br />

Ein weiterer – neuer – Bestandteil des allgemeinen Persönlichkeitsrechts<br />

ist das Recht auf Vertraulichkeit und Integrität informationstechnischer<br />

Systeme. Im Rahmen der Entscheidung<br />

zur sog. Online-Durchsuchung 7 konkretisierte das BVerfG die<br />

informationelle Selbstbestimmung hinsichtlich des Schutzes<br />

vor Eingriffen in informationstechnische Systeme. 8<br />

Insgesamt stellen die allgemeinen Grundsätze zum Datenschutz<br />

im Beschäftigungsverhältnis, die in der Folge näher<br />

konkretisiert werden, den Ausfluss dieser Grundsätze zum allgemeinen<br />

Persönlichkeitsrecht dar.<br />

2. Bundesdatenschutzgesetz (BDSG)<br />

Das BDSG regelt insgesamt den Umgang mit personenbezogenen<br />

Daten, die im Wege der elektronischen Datenverarbeitung<br />

verarbeitet werden. Das Gesetz erfuhr in seiner<br />

Geschichte zahlreiche Änderungen, nicht zuletzt aufgrund<br />

der genannten Entwicklungen der bundesverfassungsgerichtlichen<br />

Rechtsprechung.<br />

a) Grundstruktur: Verbot mit Erlaubnisvorbehalt<br />

Die Grundstruktur aller Fassungen des BDSG sowie des jetzt<br />

vorliegenden BDSG-E war und ist gleich angelegt: Gemäß dem<br />

Prinzip des Verbots mit Erlaubnisvorbehalt ist die Erhebung,<br />

Verarbeitung und Nutzung personenbezogener Daten grundsätzlich<br />

unzulässig. Eine Ausnahme ist gemäß § 4 Abs. 1 BDSG<br />

nur durch Vorschriften des BDSG selbst, durch andere Rechtsvorschrift<br />

oder die Einwilligung des Betroffenen möglich.<br />

b) Situation vor dem 1.9.2009<br />

Vor dem 1.9.2009 stellte § 28 Abs. 1 Satz 1 BDSG die zentrale<br />

Erlaubnisnorm für die Behandlung personenbezogener Daten<br />

für alle Vertragsverhältnisse und damit auch für das Arbeitsverhältnis<br />

dar. Demnach war die Verwendung der Daten zulässig,<br />

wenn es der Zweckbestimmung des Vertragsverhältnisses<br />

diente (Nr. 1) oder soweit es zur Wahrung berechtigter<br />

Interessen erforderlich war und keine schutzwürdigen Interessen<br />

des Betroffenen überwogen (Nr. 2) bzw. wenn das Unternehmen<br />

die betreffenden Daten ohnehin aus frei zugäng-<br />

<strong>04</strong>/10<br />

Aufsätze<br />

lichen Quellen entnehmen konnte (Nr. 3). § 28 BDSG stellte<br />

aufgrund der vielen kumulativen und alternativen Zulässigkeitsvoraussetzungen<br />

eine schwer lesbare und unverständliche<br />

Norm dar. Strukturell betrachtet setzten die einzelnen<br />

Regelungen aber durchgängig eine allgemeine Interessenabwägung<br />

voraus. Folge dieser Unbestimmtheit waren viele<br />

Auslegungsprobleme.<br />

Die vormalige Situation bezüglich des Umgangs mit Arbeitnehmerdaten<br />

ist daher wie folgt zusammenzufassen:<br />

Zum einen bestand die Möglichkeit, dass der Arbeitnehmer<br />

in die Erhebung, Nutzung und Verarbeitung seiner Daten<br />

einwilligt. Hierzu ist anzumerken, dass an die Freiwilligkeit<br />

der Einwilligung im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses in<br />

formeller und inhaltlicher Hinsicht gemäß § 4a BDSG hohe<br />

Anforderungen zu stellen sind. 9 Vielfach wird eingewandt,<br />

dass die Einwilligung eines Arbeitnehmers kaum freiwillig<br />

sein könne, da den Arbeitnehmern häufig keine andere Wahl<br />

bliebe, als die geforderten Daten zur Verfügung zu stellen. Daher<br />

wird die Verwendung von Einwilligungserklärungen von<br />

einigen Datenschutzbehörden kritisch gesehen. Des Weiteren<br />

waren Maßnahmen des Arbeitgebers ohne Einwilligung des<br />

Arbeitnehmers nur unter den Voraussetzungen der § 28 BDSG<br />

bzw. im Wege einer entsprechenden Betriebsvereinbarung,<br />

die eine andere Rechtsvorschrift im Sinne des § 4 Abs. 1<br />

BDSG darstellt, kollektivrechtlich geregelt möglich. Unter<br />

datenschutzrechtlichen Gesichtspunkten waren präventiven<br />

Maßnahmen des Arbeitgebers im Sinne einer Compliance-<br />

Kontrolle keine gesetzlichen Grenzen gesetzt. 10<br />

III. Jüngere Entwicklung des<br />

Arbeitnehmerdatenschutzes<br />

Ausgangspunkt der Entwicklungen im Arbeitnehmerdatenschutz<br />

11 und der daraus resultierenden Novellierung<br />

des BDSG waren die sog. Datenschutzskandale namhafter<br />

deutscher Konzerne in den letzten Jahren.<br />

6 BVerfG, v. 15.12.1983, Az. 1 BvR 209/83, NJW 1984, 419.<br />

7 BVerfG, v. 27.2.2008, Az. 1 BvR 370/07, 595/07, NJW-<br />

Spezial 2008, 184.<br />

8 Zur in diesem Zusammenhang ebenfalls relevanten Entscheidung<br />

zur Vorratsdatenspeicherung siehe unter III.3.<br />

9 Ausführlich hierzu siehe Zscherpe, MMR 20<strong>04</strong>, 723.<br />

10 Auch zu den vormals darüber hinaus vertragsrechtlich zu beachtenden<br />

Grenzen der Kontrolle siehe Joussen, NZA <strong>2010</strong>,<br />

254 (255).<br />

11 Zur Gesamtentwicklung in den Jahren 2009/<strong>2010</strong> siehe:<br />

Gola/Klug, NJW <strong>2010</strong>, 2483.<br />

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