08.12.2012 Aufrufe

Arbeitsrechtliche Entscheidungen Ausgabe 2010-04

Arbeitsrechtliche Entscheidungen Ausgabe 2010-04

Arbeitsrechtliche Entscheidungen Ausgabe 2010-04

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

ausgeschlossen sei, wäre nicht gerechtfertigt. So stellt sich<br />

auch Däubler (a.a.O. Rn 42a sowie Rn 88) auf den Standpunkt,<br />

im Fall des „Outsourcing“ könne neben § 111 Satz 3 Ziff. 1<br />

auch der Tatbestand der Ziff. 4 erfüllt sein. Geändert sei in<br />

vielen Fällen die Betriebsorganisation, weil zumindest die<br />

Schnittstellen zu den jetzigen Produzenten andere als im<br />

bisherigen einheitlichen Betrieb seien (vgl. Kreuder, AiB 1994,<br />

733).<br />

Angesichts dieser Ansätze in der Literatur und einer noch<br />

nicht vorhandenen klaren Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts<br />

zum Thema „Outsourcing“ kann die Errichtung der<br />

Einigungsstelle im Verfahren des § 98 ArbGG nicht von vornherein<br />

abgelehnt werden.<br />

■ Landesarbeitsgericht Hamburg<br />

vom 9.10.2009, 6 TaBV 5/09<br />

eingereicht von Rechtsanwalt Klaus Müller-Knapp,<br />

Kaemmerufer 20, 22303 Hamburg<br />

Tel.: <strong>04</strong>0/6965763, Fax: <strong>04</strong>0/2807493<br />

kanzlei@anwaelte-mkhb.de; www.anwaelte-mkhb.de<br />

273. Einigungsstelle, Dienstbekleidung Mitbestimmung<br />

des Betriebsrats bei Festlegung der dienstbekleidungspflichtigen<br />

Arbeitnehmer, Spruchanfechtung<br />

Aus den Entscheidungsgründen:<br />

2. a) Die Bestimmung des Kreises der Arbeitnehmer, die verpflichtet<br />

sein sollen, Dienstkleidung zu tragen, unterliegt dem<br />

Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG. aa) ( ... )<br />

bb) Nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG hat der Betriebsrat mitzubestimmen<br />

bei Fragen der Ordnung des Betriebs und<br />

des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb. Gegenstand<br />

des Mitbestimmungsrechts ist das betriebliche Zusammenleben<br />

und Zusammenwirken der Arbeitnehmer. Dieses kann<br />

der Arbeitgeber kraft seiner Leitungsmacht durch Verhaltensregeln<br />

oder sonstige Maßnahmen beeinflussen und koordinieren.<br />

Das Mitbestimmungsrecht besteht allerdings nur bei<br />

Maßnahmen, die das sog. Ordnungsverhalten der Arbeitnehmer<br />

im Betrieb betreffen. Nicht mitbestimmungspflichtig sind<br />

dagegen Maßnahmen, die das sog. Arbeitsverhalten regeln<br />

sollen. Das sind solche Maßnahmen, mit denen die Arbeitspflicht<br />

unmittelbar konkretisiert und abgefordert wird (vgl.<br />

z.B. BAG v. 27.1.20<strong>04</strong> – 1 ABR 7/03). Ob das mitbestimmungsfreie<br />

Arbeitsverhalten betroffen ist, beurteilt sich nach dem<br />

objektiven Regelungszweck. Dieser bestimmt sich nach dem<br />

Inhalt der Maßnahme sowie nach der Art des zu beeinflussenden<br />

betrieblichen Geschehens. Wirkt sich die Maßnahme zugleich<br />

auf das Ordnungs- und Arbeitsverhalten aus, so kommt<br />

es darauf an, welcher Regelungszweck überwiegt (vgl. BAG<br />

v. 11.6.2002 – 1 ABR 46/01). Zur Gestaltung der Ordnung<br />

des Betriebs gehört mithin die Anordnung des Tragens einer<br />

einheitlichen Arbeitskleidung, die lediglich dazu dient,<br />

das äußere Erscheinungsbild des Unternehmens zu fördern<br />

(vgl. BAG v. 13.2.2007 – 1 ABR 18/06). Allerdings kann die<br />

Anordnung, bei der Arbeit eine bestimmte Kleidung zu tra-<br />

<strong>04</strong>/10<br />

Rechtsprechung<br />

Personalvertretungsrecht<br />

gen, auch zu dem nicht erfassten Arbeitsverhalten gehören.<br />

Dies gilt aber nur, wenn sie sich darauf beschränkt oder ihr<br />

Schwerpunkt darin liegt, eine Kleidung vorzuschreiben, die<br />

zur vertragsgemäßen Erfüllung der Arbeitsleistung geboten<br />

ist (vgl. BAG v. 13.2.2007 – 1 ABR 18/06). Danach ist im Streitfall<br />

das Ordnungsverhalten betroffen. Zweck der Dienstbekleidung<br />

des Bodenpersonals ist, die Gewährleistung eines<br />

einheitlichen Erscheinungsbildes der beschäftigten Mitarbeiter.<br />

Dementsprechend heißt es in der Präambel der Betriebsvereinbarung:<br />

„Sie dient dem Zweck, der Öffentlichkeit ein<br />

einheitliches Erscheinungsbild zu bieten und die sofortige<br />

Erkennbarkeit der Mitarbeiter sicherzustellen.“ Unterstrichen<br />

wird dies durch die sog. Trageordnung, die detailliert und<br />

ins Einzelne gehend u.a. Art und Farbe sowie Kombinierbarkeit<br />

der Bekleidungsstücke und der Accessoires festlegt. Im<br />

Ausgangspunkt steht zwischen den Beteiligten auch außer<br />

Streit, dass Fragen der Dienstbekleidung zur Gestaltung der<br />

Ordnung des Betriebes gehören.<br />

cc) Entgegen der Auffassung der Arbeitgeberin ist das<br />

Mitbestimmungsrecht nicht auf die Ausgestaltung einer<br />

einheitlichen Dienstbekleidung beschränkt, sondern<br />

erstreckt sich auch auf deren Einführung und damit auf<br />

die Festlegung des Kreises derjenigen Arbeitnehmer, die<br />

verpflichtet sein sollen, Dienstbekleidung zu tragen. (1)<br />

Die vom Arbeitsgericht vorgenommene Differenzierung kann<br />

bei der Festlegung einer Arbeitskleidung berechtigt sein, die<br />

für die Erfüllung der Arbeitsaufgabe notwendig ist, bei der<br />

es aber auch um das Ordnungsverhalten geht, soweit vorgeschrieben<br />

wird, wie die Kleidung im Rahmen ihres Zwecks<br />

auszusehen hat (vgl. Richardi, BetrVG, § 87 Rn 198). Bei einer<br />

Dienstbekleidung, die wie im Streitfall lediglich dazu dient,<br />

das äußere Erscheinungsbild des Unternehmens zu fördern,<br />

ist die Unterscheidung indessen nicht gerechtfertigt. Die<br />

von der Arbeitgeberin und dem Arbeitsgericht befürwortete<br />

Beschränkung der Reichweite ist mit Sinn und Zweck des<br />

Mitbestimmungsrechts nicht in Einklang zu bringen. Zweck<br />

des Mitbestimmungsrechts nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG ist<br />

es, die Arbeitnehmer gleichberechtigt an der Gestaltung<br />

der betrieblichen Ordnung teilhaben zu lassen (vgl. z.B.<br />

BAG v. 13.2.2007 – 1 ABR 18/06 – Rn 9; Richardi, BetrVG,<br />

§ 87 Rn 8, m.w.N.). Der Betriebsrat soll in die Lage versetzt<br />

werden, eigene Initiativen zur Wahrung der Interessen,<br />

der Arbeitnehmerschaft in dem Bereich zu entfalten, in<br />

dem nach arbeitsvertraglicher Regelung der Arbeitgeber<br />

allein entscheidet (Richardi, BetrVG, § 87 Rn 8, m.w.N.). Die<br />

Reichweite des Initiativrecht ist deckungsgleich mit dem<br />

Umfang des Mitbestimmungsrechts nach § 87 Abs. 1 BetrVG<br />

(vgl. z.B. BAG 31.8.1982 – 1 ABR 27/80; GK-Wiese, BetrVG,<br />

§ 87 Rn 233). Unterstrichen wird die paritätische Beteiligung<br />

durch § 87 Abs. 2 BetrVG. Das Gesetz unterscheidet bei der<br />

Möglichkeit, die Einigungsstelle anzurufen, nicht zwischen der<br />

Initiative des Arbeitgebers und derjenigen des Betriebsrats.<br />

Diese Möglichkeit besteht vielmehr für beide Betriebspartner<br />

gleichermaßen. Vor diesem Hintergrund steht dem Betriebsrat<br />

259

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!