Arbeitsrechtliche Entscheidungen Ausgabe 2010-04
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dieser Ermächtigung in einem Tarifvertrag ist als solche<br />
nicht der gerichtlichen Kontrolle entzogen, sondern muss<br />
gemäß den Anforderungen des Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie<br />
2000/78 ebenfalls in angemessener und erforderlicher Weise<br />
ein legitimes Ziel verfolgen.<br />
2. Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 2000/78 ist dahin auszulegen,<br />
dass er einer Maßnahme wie der in § 19 Nr. 8 des Rahmentarifvertrags<br />
für die gewerblichen Beschäftigten in der Gebäudereinigung<br />
enthaltenen Klausel über die automatische Beendigung<br />
der Arbeitsverhältnisse von Beschäftigten, die das Rentenalter<br />
von 65 Jahren erreicht haben, nicht entgegensteht.<br />
3. Die Art. 1 und 2 der Richtlinie 2000/78 sind dahin auszulegen,<br />
dass es ihnen nicht zuwiderläuft, dass ein Mitgliedstaat<br />
einen Tarifvertrag wie den im Ausgangsverfahren in Frage<br />
stehenden für allgemeinverbindlich erklärt, soweit dieser Tarifvertrag<br />
den in seinen Geltungsbereich fallenden Arbeitnehmern<br />
nicht den Schutz nimmt, den ihnen diese Bestimmungen<br />
gegen Diskriminierungen wegen des Alters gewähren.<br />
■ Gerichtshof der Europäischen Union<br />
vom 12.10.<strong>2010</strong>, C-45/09 – Rosenbladt<br />
289. Mobbing, neun Abmahnungen in vier Monaten müssen<br />
kein Mobbing darstellen<br />
Mobbing ist das systematische Anfeinden, Schikanieren oder<br />
Diskriminieren von Arbeitnehmern untereinander oder durch<br />
Vorgesetzte. Hat ein Arbeitnehmer in einem Zeitraum von<br />
vier Monaten neun Abmahnungen erhalten, so deutet dies<br />
zwar auf ein systematisches Vorgehen des Arbeitgebers hin.<br />
Die auf unterschiedliche Vorwürfe gestützten Abmahnungen<br />
sprechen dafür, dass der Arbeitnehmer genau und zudem<br />
kritisch beobachtet worden ist. Mit einem solchen Verhalten<br />
verletzt der Arbeitgeber aber noch nicht die Rechte seines<br />
Arbeitnehmers. Auch wenn der Arbeitgeber aufgrund seiner<br />
Beobachtungen Abmahnungen ausspricht, handelt er nicht<br />
ohne weiteres pflichtwidrig. Eine berechtigte Abmahnung<br />
kann grundsätzlich kein Mobbing sein, sondern stellt eine<br />
Wahrnehmung berechtigter Interessen dar. Aber auch Abmahnungen,<br />
die sich im Nachhinein als unwirksam erweisen,<br />
begründen diesen Vorwurf erst dann, wenn verwerfliche<br />
Motive hinzukommen.<br />
■ Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein<br />
vom 17.3.<strong>2010</strong>, 6 Sa 256/09<br />
290. Stufenweise Wiedereingliederung, Anspruch auf vertragsgerechte<br />
Beschäftigung, örtliche Versetzung, einstweilige<br />
Verfügung<br />
Aus den Entscheidungsgründen:<br />
1) Der Klägerin steht ein Verfügungsanspruch zur Seite. Auch<br />
ungeachtet der Spezialregelung für Schwerbehinderte in § 81<br />
Abs. 4 S. 1 SGB IX hat ein Arbeitnehmer einen Anspruch auf<br />
vertragsgerechte Beschäftigung. Das beklagte Land hatte der<br />
Klägerin vor ihrer letztmaligen Erkrankung eine Tätigkeit als<br />
Sachbearbeiterin im KK 21/ Direktion Kriminalität in D. zu-<br />
<strong>04</strong>/10<br />
Rechtsprechung<br />
Sonstiges<br />
gewiesen, wobei offensichtlich beide Parteien davon ausgegangen<br />
sind, dass diese Sachbearbeitertätigkeit der tariflichen<br />
Eingruppierung der Klägerin in Entgeltgruppe 9 entspricht.<br />
Dem beklagten Land ist im Ansatz in der Argumentation zu<br />
folgen, dass der Tarifangestellte mangels ausdrücklicher anderweitiger<br />
Regelung keinen Anspruch auf einen bestimmten<br />
Ort zur Erbringung der Arbeitsleistung habe, und daher<br />
ein Einsatz der Klägerin im KK 51 in J. vertraglich nicht ausgeschlossen<br />
sei. Auch wenn die Beklagtenvertreter im Termin<br />
auf Nachfrage der Kammer mündlich bekundeten, die für die<br />
Klägerin in J. vorgesehene Tätigkeit sei tariflich gleichwertig,<br />
vermag die Kammer dies letztlich nur als Lippenbekenntnis zu<br />
werten. Ging die Kammer anfangs noch davon aus, dass die<br />
Äußerungen von Polizeidirektor H. vom 29.9.2009 zur Nichteignung<br />
der Klägerin und zu den geringeren Anforderungen<br />
im KK 51 möglicherweise unbedacht und in Unkenntnis der<br />
Vertrags- und tarifrechtlichen Voraussetzungen abgegeben<br />
worden seien, haben die Beklagtenvertreter mündlich den<br />
Vortrag bestätigt, wonach der für die Klägerin vorgesehene<br />
Tätigkeitsbereich im KK 51 kaum Raum für eine tarifgerechte<br />
Beschäftigung lässt. ( ... ) Hat die Klägerin aber einen Rechtsanspruch<br />
auf tarifgerechte Beschäftigung, steht ihr auch im<br />
Falle der Wiedereingliederung ins Erwerbsleben ein Anspruch<br />
auf Beschäftigung an einem Arbeitsplatz zu, der<br />
ihrer Eingruppierung entspricht. Das Argument des beklagten<br />
Landes, die personelle Belastungssituation im KK 21 habe<br />
sich seit der Arbeitsunfähigkeit der Klägerin geändert, wird<br />
nicht näher substantiiert. Auch ist dem beklagten Land insoweit<br />
entgegenzuhalten, dass die Klägerin immerhin im Zeitraum<br />
September 2008 bis Mai 2009 bereits etwa 8 Monate in<br />
dieser Abteilung gearbeitet hat, sie die dortigen Arbeitsaufgaben<br />
bereits kennt, und die dortigen Arbeitskollegen ihrerseits,<br />
die die Klägerin in diesem Zeitraum bereits unterstützt<br />
haben, die Klägerin kennen. Auch sind diesen Kollegen bereits<br />
die Aufgaben des zusätzlichen Betreuungsaufwandes bekannt,<br />
dessen die Klägerin als schwerbehinderte Mitarbeiterin<br />
bedarf. Gerade aber hierum darf sich das beklagte Land mit<br />
Blick auf den Schwerbehindertenschutz nicht drücken, auch<br />
wenn dies unter dem Strich einen erhöhten Personalaufwand<br />
mit sich bringt.<br />
2) Auch steht der Klägerin ein Verfügungsgrund zur<br />
Seite, Neben dem Auslaufen des Krankengeldanspruchs am<br />
8.11.<strong>2010</strong> bedurfte es einer Eilentscheidung vor Ablauf der auf<br />
vier Wochen angelegten Wiedereingliederungsmaßnahme<br />
am 28.10.<strong>2010</strong>.<br />
■ Arbeitsgericht Aachen<br />
vom 14.10.<strong>2010</strong>, 8 Ga 77/10<br />
eingereicht von Rechtsanwältin Tanja Becker,<br />
Im Mediapark 6, 50670 Köln<br />
Tel.: 0221/35505150, Fax: 0221/35505135<br />
becker@rpo-rechtsanwaelte.de; www.rpo-rechtsanwaelte.de<br />
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