Arbeitsrechtliche Entscheidungen Ausgabe 2010-04
Arbeitsrechtliche Entscheidungen Ausgabe 2010-04
Arbeitsrechtliche Entscheidungen Ausgabe 2010-04
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Grundlage (BAG, Beschl. v. 28.6.2008 – 7 AZR 100/99; BAG,<br />
Beschl. v. 19.3.2003 – 7 AZR 267/02; Thüsing, AÜG, § 1 Rn 109).<br />
bb) Arbeitsvertragliche Beziehungen zwischen der Beteiligten<br />
zu 1) und den Trainees ergeben sich nicht daraus, dass M.<br />
als rechtlich unbeachtlicher „Strohmann“ fungiert hat. Hinreichende<br />
Anhaltspunkte dafür liegen nicht vor. M. betreibt –<br />
mittlerweile – mit Erlaubnis Arbeitnehmerüberlassung. Sie ist<br />
– anders als die Personalüberlassungstochter in dem vom Beteiligten<br />
zu 2) angezogenen Fall des LAG Schleswig-Holstein<br />
vom 18.6.2008 (3 TaBV 8/08) – in Gestalt der zwei angestellten<br />
Personalentwicklerinnen mit eigenem Personal ausgestattet.<br />
Auch die von der Beteiligten zu 1) dargelegte Bildung eines<br />
Ausbildungsverbunds von M. und Verlagsgesellschaften zur<br />
Sicherstellung einer breit angelegten Qualifizierung erscheint<br />
nicht lediglich als vorgeschoben, um tarifvertragliche Bindungen<br />
zu umgehen, sondern kann auch sinnvolle unternehmerische<br />
Maßnahme zur Festigung der Qualität der Ausbildung<br />
sein. ( ... )<br />
(3) Auch aus § 14 Abs. 3 AUG folgt nicht, dass die Beteiligte<br />
zu 1) eine Eingruppierung in die Gehaltsgruppen des Tarifvertrages<br />
für das Zeitungsverlagsgewerbe vorzunehmen und<br />
sodann den Beteiligten zu 2) zu beteiligen hat. Nach dieser Bestimmung<br />
ist vor der Übernahme eines Leiharbeitnehmers zur<br />
Arbeitsleistung der Betriebsrat des Entleiherbetriebes nach<br />
§ 99 BetrVG zu beteiligen. Diese Beteiligung betrifft die Einstellung,<br />
nicht aber die Eingruppierung des Leiharbeitnehmers<br />
(BAG, Beschl. v. 17.6.2008, a.a.O.). Eine Verpflichtung zur<br />
Vornahme einer Eingruppierung folgt aus der Bestimmung<br />
ohnehin nicht.<br />
■ Landesarbeitsgericht Niedersachsen<br />
vom 23.10.2009, 12 TaBV 123/08<br />
eingereicht von Rechtsanwalt Prof. Dr. Johannes Weberling,<br />
Prinzessinnenstraße 14, 10969 Berlin<br />
Tel.: 030/61659720, Fax: 030/61659722<br />
RA.Dr.Weberling@presserecht.de; www.presserecht.de<br />
261. Betriebsrat, Mitbestimmungsrecht, Fremdvergabe,<br />
Aufhebung der Einstellung von Mitarbeitern eines Werkunternehmers,<br />
Anspruch auf Vertragskontrolle<br />
Aus den Entscheidungsgründen:<br />
Zu Recht hat das Arbeitsgericht auf Aufhebung der Einstellung<br />
der Mitarbeiter der D GmbH und auf Unterrichtung des<br />
Betriebsrats über den Einsatz von Mitarbeitern anderer Unternehmen<br />
außerhalb der Poststelle sowie auf Vorlage der<br />
diesem Einsatz zugrundeliegenden Verträge erkannt.<br />
(1) Nach § 101 BetrVG kann der Betriebsrat verlangen, die<br />
Einstellung eines Arbeitnehmers aufzuheben, sofern die<br />
Arbeitgeberin diese personelle Maßnahme entgegen § 99<br />
BetrVG ohne seine Zustimmung durchführt. Der weiter aufrechterhaltene<br />
Einsatz der bei der D GmbH angestellten Arbeitnehmer<br />
in der Poststelle der Arbeitgeberin stellt eine nach<br />
§ 99 BetrVG zustimmungspflichtige Einstellung in den mehr<br />
als 20 wahlberechtigte Arbeitnehmer umfassenden Betrieb<br />
der Arbeitgeberin dar.<br />
<strong>04</strong>/10<br />
Rechtsprechung<br />
Personalvertretungsrecht<br />
a. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts<br />
kommt es für eine Einstellung nach § 99 Abs. 1 BetrVG<br />
nicht entscheidend auf das Rechtsverhältnis an, in dem die im<br />
Betrieb tätigen Personen zum Arbeitgeber als Betriebsinhaber<br />
stehen. Das Mitbestimmungsrecht besteht vielmehr, sofern<br />
diese Personen in den Betrieb eingegliedert werden. Dies<br />
kann auch bei Arbeitnehmern von Fremdfirmen der Fall sein,<br />
die aufgrund eines Dienst- oder Werkvertrages mit Tätigkeiten<br />
im Betrieb beauftragt werden. Die Eingliederung erfordert in<br />
diesem Fall, dass die Arbeitnehmer der Fremdfirmen gemeinsam<br />
mit den im Betrieb schon beschäftigten Arbeitnehmern<br />
eine Tätigkeit verrichten, die ihrer Art nach weisungsgebunden<br />
ist, der Verwirklichung des arbeitstechnischen Zwecks des<br />
Betriebs dient und daher vom Arbeitgeber organisiert werden<br />
muss. Die Personen müssen so in die betriebliche Arbeitsorganisation<br />
integriert werden, dass der Arbeitgeber das für ein<br />
Arbeitsverhältnis typische Weisungsrecht auch nach Zeit und<br />
Ort innehat. Er muss diese Arbeitgeberfunktion wenigstens im<br />
Sinne einer aufgespaltenen Arbeitgeberstellung teilweise ausüben<br />
(vgl. BAG v. 11.9.2001 – 1 ABR 14/01; BAG v. 6.8.2003 –<br />
7 AZR 180/03; Fitting, BetrVG, 24. Aufl., § 99 Rn 33 ff.).<br />
b. Nach diesen Grundsätzen hat das Arbeitsgericht zu Recht<br />
eine Einstellung der genannten Arbeitnehmer in den Betrieb<br />
der Arbeitgeberin bejaht. Auch mit dem Inhalt der letzten<br />
Änderung des Postlogistik-Vertrages vom 9.3.<strong>2010</strong> und des<br />
darin in Bezug genommenen Leistungsverzeichnisses „Sortieren<br />
Post und Hausgang HV-Poststelle“ handelt es sich um Tätigkeiten,<br />
die gemeinsam mit den im Betrieb beschäftigten<br />
eigenen Arbeitnehmern in der Poststelle verrichtet werden<br />
und der Verwirklichung des arbeitstechnischen Zwecks<br />
des Betriebs der Arbeitgeberin dienen. Zudem handelt es sich<br />
um der Art nach weisungsgebundene Tätigkeit, was bereits<br />
daraus folgt, dass die Arbeitgeberin selbst für identische Aufgaben<br />
weisungsgebundene Arbeitnehmer einsetzt. Die der<br />
Poststelle zugeordneten Aufgaben, insbesondere die Bearbeitung<br />
des Postein- und -ausgangs, werden sowohl von den<br />
Mitarbeitern der D GmbH als auch von den eigenen Arbeitnehmern<br />
der Arbeitgeberin arbeitsteilig erledigt. Die Beschreibung<br />
der von den Mitarbeitern der D GmbH dabei regelmäßig<br />
zu verrichtenden Aufgaben stellt der Sache nach nichts anderes<br />
dar als eine auch bei der Beschäftigung von ausschließlich<br />
eigenen Arbeitnehmern sinnvolle generelle Arbeitseinteilung,<br />
soweit eine solche möglich ist. So gibt es z. B. für die von allen<br />
in der Poststelle verrichtete Tätigkeit „Aussacken und Wiegen<br />
der Post“ und „Trennung der Post in Bereich A und Bereich<br />
B“ keine gesonderte Einteilung. Die Regelung, welche Arbeitnehmer<br />
anschließend die nach Bereichen getrennte Post auf<br />
den einzelnen Etagen in die dort vorgesehenen Sortierregale<br />
einzusortieren haben, beinhaltet eine vom Arbeitsablauf zwingende<br />
Einteilung, die unabhängig davon geboten ist, ob nur<br />
eigene oder auch fremde Mitarbeiter tätig werden. Gleiches<br />
gilt für die Festlegung, welche Mitarbeiter die Ausgangspost<br />
abholen, zur Poststelle bringen und dort einsacken, welche<br />
die nachweispflichtigen Sendungen und Pakete zu dem jeweiligen<br />
Empfänger bringen und welche bestimmte Hilfstä-<br />
249