Arbeitsrechtliche Entscheidungen Ausgabe 2010-04
Arbeitsrechtliche Entscheidungen Ausgabe 2010-04
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innen einer Notfrist von einem Monat einzulegen. Die Notfrist<br />
beginnt, soweit nichts anderes bestimmt ist, mit der Zustellung<br />
der Entscheidung an den Prozessbevollmächtigten<br />
oder, falls ein solcher nicht oder durch Entpflichtung nicht<br />
mehr bevollmächtigt ist, an die Partei. Der Umfang einer Prozessvollmacht<br />
und damit auch die Zustellungsbevollmächtigten<br />
des Prozessbevollmächtigten erstreckt sich auch auf die<br />
nachträgliche Überprüfung der persönlichen und wirtschaftlichen<br />
Verhältnisse im Prozesskostenhilfeverfahren nach § 120<br />
Abs. 4 S. 2 ZPO, wenn der Prozesskostenhilfeantrag bereits<br />
durch den Prozessbevollmächtigten gestellt wurde. In diesen<br />
Fällen muss gem. § 172 Abs. 1 ZPO die Zustellung an den<br />
Prozessbevollmächtigten erfolgen, um wirksam zu sein.<br />
■ Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz<br />
vom 28.5.<strong>2010</strong>, 1 Ta 94/10<br />
300. PKH, Aufhebung, Abhilfe auch bei befristeter Beschwerde<br />
Nach dem Wortlaut des § 572 Abs. 1 ZPO hat das Gericht<br />
im Abhilfeverfahren lediglich die Kompetenz, die Begründetheit<br />
der Beschwerde zu überprüfen. Ist die Beschwerde verfristet,<br />
aber ein Wiedereinsetzungsantrag wegen der Fristversäumung<br />
gem. § 233 ZPO gestellt, dann hat der Rechtspfleger<br />
zuerst eine Entscheidung nach § 572 Abs. 1 ZPO zu treffen,<br />
bevor er dem hierfür gem. § 237 ZPO zuständigen Beschwerdegericht<br />
das Verfahren zur Entscheidung über den Wiedereinsetzungsantrag<br />
vorlegt.<br />
2. In jeder sofortigen Beschwerde ist als Minus eine Gegenvorstellung<br />
zu sehen. Dieser hat der Rechtspfleger bei Begründetheit<br />
stattzugeben und abzuhelfen, auch wenn die Gegenvorstellung<br />
im Rahmen einer unzulässigen Beschwerde erfolgte.<br />
■ Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz<br />
vom 19.4.<strong>2010</strong>, 1 Ta 65/10<br />
Streitwert und Gebühren<br />
301. Streitwert, Kündigung, mehrere Kündigungserklärungen,<br />
Identität von Kündigungsschutz- und Zahlungsantrag<br />
1. Wird die Wirksamkeit mehrerer Kündigungen, die in einem<br />
nahen zeitlichen Zusammenhang ausgesprochen worden<br />
sind, in einem Verfahren angegriffen und liegt ihnen<br />
ein identischer Kündigungssachverhalt zugrunde, dann ist die<br />
erste Kündigung abhängig von der Dauer des Bestands des<br />
Arbeitsverhältnisses mit bis zu drei Bruttomonatsverdiensten<br />
zu bewerten, während jede weitere Kündigung nicht gegenstandswerterhöhend<br />
ist.<br />
2. Jede weitere Kündigung hat den Wert des durchschnittlichen<br />
Verdienstes, den der Arbeitnehmer bei Hinausschieben<br />
des Beendigungszeitpunktes aufgrund der weiteren Kündigung<br />
mehr bzw. bei Vorziehen des Beendigungszeitpunktes<br />
<strong>04</strong>/10<br />
Rechtsprechung<br />
Streitwert und Gebühren<br />
weniger verdienen würde. Dieser Betrag ist auf einen Monatsverdienst<br />
zu begrenzen (Deckelung).<br />
3. Bei wirtschaftlicher Identität zwischen einem Kündigungsschutzantrag<br />
und einem Entgeltantrag sind beide Anträge<br />
nicht gesondert zu bewerten, sondern es ist auf den jeweils<br />
höheren abzustellen. Wirtschaftliche Identität beider Streitgegenstände<br />
ist dann gegeben, wenn der Erfolg der Entgeltklage<br />
von dem der Kündigungsschutzklage abhängt. Die<br />
wirtschaftliche Identität kann aber nur soweit gehen, wie die<br />
Bewertung des Kündigungsschutzantrags reicht.<br />
■ Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz<br />
vom 28.4.<strong>2010</strong>, 1 Ta 60/10<br />
302. Streitwert, mehrere aufeinanderfolgende Abmahnungen<br />
Ein Antrag auf Entfernung einer Abmahnung aus einer Personalakte<br />
ist in der Regel mit einem Bruttomonatsverdienst<br />
zu bewerten. Folgen mehrere Abmahnungen relativ kurzfristig<br />
aufeinander, ist in der Regel die erste Abmahnung mit<br />
einem Bruttomonatsverdienst und jede weitere Abmahnung<br />
mit 1/3 Bruttomonatsverdienst zu bewerten. Von dieser Regel<br />
ist eine Ausnahme zu machen, wenn zwischen den einzelnen<br />
Abmahnungen ein enger zeitlicher, wirtschaftlicher und<br />
tatsächlicher Zusammenhang besteht. Dies ist beispielsweise<br />
dann der Fall, wenn die Abmahnungen auf einen einheitlichen<br />
Lebenssachverhalt gestützt werden, nur unterschiedliche<br />
Tage wegen desselben Fehlverhaltens in den einzelnen<br />
Tagen genannt werden und alle Abmahnschreiben an einem<br />
Tag erstellt werden.<br />
■ Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz<br />
vom 6.7.<strong>2010</strong>, 1 Ta 135/10<br />
303. Streitwert, Weiterbeschäftigungsantrag bei Freistellung,<br />
kein Vergleichsmehrwert für Sprinterklausel<br />
Stellt der Arbeitnehmer in einer Kündigungsschutzklage<br />
einen (Weiter-) Beschäftigungsantrag, der sich (auch) gegen<br />
eine Freistellung während der Kündigungsfrist richtet, sind<br />
dafür regelmäßig zwei Bruttomonatseinkommen als Streitwert<br />
anzusetzen. Wird dann die Freistellungsfrage später<br />
vergleichsweise geregelt, liegt darin schon deshalb kein<br />
Vergleichsmehrwert begründet, weil die Freistellung bereits<br />
Gegenstand des Verfahrens ist. Einigen sich die Parteien<br />
eines Bestandsschutzprozesses vergleichsweise auf eine<br />
Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu einem bestimmten<br />
Zeitpunkt gegen Zahlung einer Abfindung, so löst eine<br />
ergänzende Regelung, wonach dem Arbeitnehmer das Recht<br />
eingeräumt wird, das Arbeitsverhältnis gegen Erhöhung<br />
der vereinbarten Abfindung vorzeitig zu beenden, keinen<br />
Vergleichsmehrwert aus.<br />
■ Landesarbeitsgericht Köln<br />
vom 12.2.<strong>2010</strong>, 7 Ta 363/09<br />
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