Arbeitsrechtliche Entscheidungen Ausgabe 2010-04
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lichen Kündigungsfrist nicht zuzumuten. Bei der Stelle des<br />
Klägers handelt es sich um eine herausgehobene verantwortungsvolle<br />
Position, die ein unbedingtes Vertrauen in den<br />
diese Position ausfüllenden Arbeitnehmer erfordert. Dies insbesondere<br />
auch deshalb, weil der Leiter der Abteilung für<br />
die Bilanzierung der jeweiligen Ergebnisse verantwortlich ist<br />
und die Geschäftsführung der Beklagten darauf angewiesen<br />
ist dass diese Bilanzierungen korrekt vorgenommen werden.<br />
( ... )<br />
dd) Die fristlose Kündigung erweist sich auch im Rahmen<br />
der Interessenabwägung als berechtigt. Zu Gunsten des<br />
Klägers waren sein Lebensalter und die damit verbundenen<br />
Schwierigkeiten am Arbeitsmarkt zu berücksichtigen. Auch<br />
unterstellte die erkennende Kammer zu Gunsten des Klägers,<br />
dass dieser nicht beabsichtigte, sich durch die Fehlbuchungen<br />
einen finanziellen Vorteil durch unberechtigte Tantiemen<br />
zu erschleichen. Auf der anderen Seite war die vergleichsweise<br />
geringe Betriebszugehörigkeit des Klägers seit Februar<br />
2008 zu berücksichtigen. Mit der Betriebszugehörigkeitszeit<br />
korrespondiert auch das berechtigte Vertrauen, dass<br />
der Arbeitgeber in die Redlichkeit seines Arbeitnehmers<br />
setzt. Ein solches erdientes Vertrauen war auf Grund der<br />
vergleichsweise geringen Beschäftigungszeit des Klägers als<br />
noch nicht besonders hoch anzusehen. Zum Nachteil des<br />
Klägers ist vor allem jedoch der erhebliche Vertrauensverlust<br />
bzw. die Zerstörung des erforderlichen Vertrauens für die<br />
Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zu berücksichtigen.<br />
Hierbei spielt vor allem eine Rolle, dass der Kläger auf Grund<br />
seiner herausgehobenen verantwortungsvollen Position für<br />
die Beklagte nicht mehr tragbar war. Dabei war auch zu berücksichtigen,<br />
dass der Kläger als Vorgesetzter Vorbildfunktion<br />
für seine Untergebenen hat. Insgesamt war die vom Kläger<br />
ausgeübte Position derart vertrauensvoll und exponiert, dass<br />
ein erhebliches Maß an Vertrauen, das für die Ausübung<br />
dieser Position erforderlich ist, seitens der Beklagten nicht<br />
mehr existent war.<br />
■ Arbeitsgericht Bremen-Bremerhaven<br />
vom 7.4.<strong>2010</strong>, 2 Ca 2496/09<br />
eingereicht von Rechtsanwalt Klaus-Dieter Franzen,<br />
Schwachhauser Heerstraße 25, 28211 Bremen<br />
Tel.: <strong>04</strong>21/200730, Fax: 0241/2007399<br />
SMTP:Franzen@dasgesetz.de; www.dasgesetz.de<br />
257. Verhaltensbedingte Kündigung, Busfahrer, wiederholte<br />
Unpünktlichkeit<br />
Tritt ein im Linienverkehr eingesetzter Busfahrer trotz vorangegangener<br />
einschlägiger Abmahnung zum wiederholten<br />
Mal seinen Dienst nicht an, weil er „verschlafen“ bzw. sich<br />
bei der Einsicht in die Dienstplaneinteilung „vertan“ hat, so<br />
kann dies eine ordentliche, fristgerechte Kündigung seines Arbeitsverhältnisses<br />
rechtfertigen. Dem Kriterium der Pünktlichkeit<br />
und Zuverlässigkeit bei der Einhaltung von Dienstzeiten<br />
kommt nämlich in einer solchen Art von Arbeitsverhältnissen<br />
<strong>04</strong>/10<br />
Rechtsprechung<br />
Personalvertretungsrecht<br />
ein weitaus höheres Gewicht zu, als bei einem sonstigen Arbeitsverhältnis.<br />
■ Landesarbeitsgericht Köln<br />
vom 22.4.<strong>2010</strong>, 7 Sa 1206/09<br />
258. Massenentlassung, Anzeige auch bei Massen-Änderungskündigung<br />
geboten<br />
1. Unter „Entlassung“ im Sinne von § 17 Abs. 1 S 1 KSchG<br />
ist nicht allein der Zugang einer arbeitgeberseitigen Beendigungskündigung<br />
zu verstehen, sondern auch der Zugang<br />
einer arbeitgeberseitigen Änderungskündigung.<br />
2. Die Anzeigepflicht nach § 17 Abs. 1 KSchG tritt bei Erreichen<br />
der Schwellenwerte aus § 17 Abs. 1 S 1 Nr. 1 bis 3 KSchG<br />
durch eine Massen-Änderungskündigung für den Arbeitgeber<br />
unabhängig davon ein, welches Belastungspotenzial für den<br />
Arbeitsmarkt der Massen-Änderungskündigung tatsächlich innewohnt.<br />
3. Entwicklungen nach dem Ausspruch der Massen-Änderungskündigung<br />
sind ohne Bedeutung für die Anzeigepflicht.<br />
Insbesondere verbleibt es bei der Anzeigepflicht vor Ausspruch<br />
der Massen-Änderungskündigung, kommt es nach<br />
dem Ausspruch der Änderungskündigungen zu deren unbedingter<br />
Annahme oder deren Annahme unter dem Vorbehalt<br />
der gerichtlichen Überprüfung nach § 2 S. 1 KSchG durch die<br />
betroffenen Arbeitnehmer.<br />
4. Unter Missachtung der Anzeigepflicht ausgesprochene<br />
Änderungskündigungen sind rechtsunwirksam. Hierauf kann<br />
sich der Arbeitnehmer auch dann uneingeschränkt berufen,<br />
wenn er die Änderungskündigung unter dem Vorbehalt des<br />
§ 2 S 1 KSchG angenommen hat.<br />
■ Arbeitsgericht Berlin<br />
vom 30.9.2009, 55 Ca 7676/09<br />
Betriebsverfassungsrecht /<br />
Personalvertretungsrecht<br />
259. Betriebsrat, Ende der Amtszeit, keine Verlängerung<br />
durch vorzeitigen Rücktritt<br />
Aus den Entscheidungsgründen:<br />
Die Anträge sind zulässig, aber unbegründet. Ein Verfügungsanspruch<br />
besteht nicht.<br />
Gemäß § 21 Satz 1 BetrVG beträgt die regelmäßige Amtszeit<br />
für Betriebsräte, die im regulären Wahlzeitraum gewählt<br />
wurden und im darauffolgenden regulären Wahlzeitraum abgelöst<br />
werden sollen exakt vier Jahre. Hieraus folgt einerseits,<br />
dass auch dann, wenn der neue Betriebsrat bereits gewählt<br />
wurde, der alte Betriebsrat so lange im Amt bleibt, bis er<br />
seine vierjährige Amtszeit vollständig abgeschlossen hat (§ 21<br />
Satz 2 BetrVG), andererseits, dass die Amtszeit des Betriebsrates<br />
unweigerlich nach genau vier Jahren endet, unabhängig<br />
davon, ob die Wahl für den neuen Betriebsrat kurz bevor steht<br />
oder nicht.<br />
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