Arbeitsrechtliche Entscheidungen Ausgabe 2010-04
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fensichtlichkeit der Unwirksamkeit der Kündigung, Zweifel an<br />
deren Wirksamkeit, die eine nähere rechtliche Überprüfung<br />
erfordern, genügen nicht (vgl. Schmiedl, BB 2002, 992, 994).<br />
cc) Unter Zugrundelegung diese Maßstäbe fehlt es an einem<br />
Verfügungsanspruch. Dem Antragsteller ist es nicht gelungen,<br />
darzutun, dass die außerordentliche fristlose Kündigung vom<br />
4.5.<strong>2010</strong> offensichtlich unwirksam ist. ( ... )<br />
b) Was indes offensichtlich ist, ist nach Auffassung des Gerichts<br />
das Fehlen eines Verfügungsgrundes. Damit entbehrt<br />
der Antrag auch der zweiten zentralen Voraussetzung, die für<br />
den Erlass einer einstweiligen Verfügung notwendig wäre.<br />
aa) Eine einstweilige Verfügung auf Gestellung eines Dienstwagens<br />
zur privaten Nutzung scheitert regelmäßig am<br />
Verfügungsgrund, da es dem Arbeitnehmer zumutbar ist,<br />
selbst für Ersatz zu sorgen und die Kosten gegebenenfalls<br />
im Wege des Schadensersatzes durchzusetzen (vgl. LAG<br />
Köln v. 5.11.2002 – 2 Ta 330/02).<br />
bb) So liegt es auch hier. Selbst wenn der Antragsteller einen<br />
Verfügungsanspruch hätte, ist er nicht im Sinne der §§ 935,<br />
940 ZPO auf die Zurverfügungstellung eines Dienstwagens<br />
angewiesen. Für den Antragsteller ist es ohne Weiteres zumutbar,<br />
sich – sollte sich die Unwirksamkeit der Kündigung<br />
herausstellen – auf die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen<br />
zu beschränken. Es ist für die Kammer zunächst<br />
nicht erkennbar, weshalb es für den Antragsteller derzeit absolut<br />
notwendig und unabwendbar sein soll, überhaupt ein<br />
Kraftfahrzeug nutzen zu können. Dies wird lediglich pauschal<br />
behauptet. Selbst wenn dies aber der Fall wäre, ist es dem Antragsteller<br />
jedenfalls zumutbar, zunächst auf eigene Kosten für<br />
Mobilität zu sorgen und einen eventuellen Schadensersatzanspruch<br />
vorzufinanzieren, zumal nicht glaubhaft gemacht<br />
ist, dass die finanziellen Verhältnisse des bis jetzt sehr gut<br />
verdienenden Antragstellers dies nicht ermöglichten. Soweit<br />
der Antragsteller auf Nachfrage des Gerichts im Termin zur<br />
mündlichen Verhandlung vor der Kammer vom 18.5.<strong>2010</strong> ausgeführt<br />
hat, er habe sich mittlerweile, um seine Mobilität zu<br />
gewährleisten, einen Kleinwagen angeschafft, bestätigt sich<br />
dies. Soweit dieses Kraftfahrzeug dem Antragsteiler nicht „statusgerecht“<br />
erscheinen mag, rechtfertigt dies allein – was auf<br />
der Hand liegt – nicht den Erlass einer einstweiligen Verfügung.<br />
Dies muss auch vor dem Hintergrund gesehen werden,<br />
dass einstweilige Verfügungen auf Entgeltzahlung grundsätzlich<br />
die Darlegung und Glaubhaftmachung voraussetzen, dass<br />
der Arbeitnehmer sich ohne diese in einer Notlage befindet,<br />
und auch im Übrigen nur unter restriktiven Voraussetzungen<br />
möglich sind (vgl. dazu Germelmann, ArbGG, 7. Aufl., § 62<br />
Rn 103 f.). Die Überlassung eines Dienstwagens zur privaten<br />
Nutzung ist aber nichts anderes als ein Entgeltbestandteil.<br />
■ Arbeitsgericht Stuttgart<br />
vom 18.5.<strong>2010</strong>, 16 Ga 50/10<br />
eingereicht von Rechtsanwalt Dr. Bert Howald,<br />
Rotebühlplatz 20a, 70173 Stuttgart<br />
Tel.: 0711/221133, Fax: 0711/2265137<br />
b.howald@gassmann-seidel.de; www.gassmann-seidel.de<br />
<strong>04</strong>/10<br />
Rechtsprechung<br />
Allgemeines Vertragsrecht<br />
236. Direktionsrecht, einstweilige Verfügung, Unterlassungsanspruch,<br />
Ermessensausübung bei erforderlicher<br />
Betreuung eines schulpflichtigen Kindes<br />
Aus den Entscheidungsgründen: Nach vorläufiger Bewertung<br />
im einstweiligen Verfügungsverfahren ist es dem Arbeitgeber<br />
zu untersagen, die Versetzungsmaßnahme bis zum<br />
rechtkräftigen Abschluss des Hauptsacheverfahrens durchzusetzen,<br />
weil die Wirksamkeit der einseitigen arbeitgeberseitigen<br />
Maßnahme nicht ersichtlich ist. ( ... )<br />
Grundsätzlich umfasst das Direktionsrecht des Arbeitgebers<br />
das Recht, die Arbeitspflicht durch einseitige Weisungen näher<br />
auszugestalten. Dies betrifft Zeit, Ort, Inhalt und Art und<br />
Weise der zu leistenden Arbeit. Zum Weisungsrecht gehört<br />
also auch die Befugnis, festzulegen, an welchen Dienststellen<br />
die Arbeit zu leisten ist. Die Ausübung des Direktionsrechts<br />
unterliegt indes Begrenzungen, die sich durch Gesetz, Tarifvertrag,<br />
Betriebsvereinbarung und schließlich aus den arbeitsvertraglichen<br />
Abmachungen ergeben können. Vorliegend haben<br />
die Parteien unter Ziffer 3 des Arbeitsvertrages folgende<br />
Regelung getroffen: „Ort der Arbeitsleitung ist Lüneburg. Die<br />
Gesellschaft behält sich vor, den Mitarbeiter im Rahmen des<br />
Zumutbaren an einen anderen Arbeitsort zu versetzen, wenn<br />
dies aus betrieblichen Gründen notwendig erscheint.“<br />
Der Arbeitgeber, der sich auf die Wirksamkeit einer Versetzungsmaßnahme<br />
beruft, trägt die Darlegungs- und Beweislast<br />
für das Vorliegen der Zulässigkeitsvoraussetzungen der Versetzung.<br />
Dazu gehört nicht nur die Darlegung, dass seine Entscheidung<br />
billigem Ermessen entspricht, sondern auch, dass<br />
die Versetzung im Rahmen der gesetzlichen und arbeitsvertraglichen<br />
Grenzen erfolgt ist (vgl. BAG, Urt. v. 13.3.2007 –<br />
9 AZR 433/06). Dazu wäre hier erforderlich gewesen, dass<br />
die Verfügungsbeklagte darlegt und glaubhaft macht, dass<br />
1.) eine betriebliche Notwendigkeit für die Versetzung nach<br />
Syke besteht, sowie 2.) die Versetzung nach Syke für die Verfügungsklägerin<br />
zumutbar ist.<br />
Soweit es das Erfordernis der betrieblichen Notwendigkeit<br />
betrifft, genügen die dargelegten Umstände zur<br />
Annahme einer betrieblichen Notwendigkeit für die Versetzungsmaßnahme<br />
nicht. Schon dem Wortlaut nach ist eine<br />
Notwendigkeit mehr als allein ein betriebliches Interesse<br />
an der Versetzung. An dieser Stelle haben die Parteien<br />
die Versetzungsbefugnis des Arbeitgebers Restriktionen<br />
unterworfen, die über die Befugnis, eine Versetzungsentscheidung<br />
auf der Grundlage billigen Ermessens zu treffen,<br />
hinausgehen. Anderenfalls wäre die Regelung in Ziffer 3 des<br />
Arbeitsvertrages überflüssig. Da nicht angenommen werden<br />
kann, dass die Parteien Überflüssiges im Arbeitsvertrag<br />
regeln, bedeutet Notwendigkeit danach die Unabwendbarkeit,<br />
Unvermeidlichkeit oder Unverzichtbarkeit einer Versetzungsmaßnahme.<br />
Die hierfür erforderlichen Umstände zur<br />
Annahme einer Notwendigkeit der Versetzungsmaßnahme<br />
hat die Verfügungsbeklagte nicht dargelegt, so dass es<br />
auf ihre Glaubhaftmachung nicht ankommt. Der Umstand,<br />
237