Arbeitsrechtliche Entscheidungen Ausgabe 2010-04
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wäre, das gestörte Vertrauen wieder herzustellen. Darüber<br />
hinaus hätten sich die Mitarbeiter, wenn bei der Beklagten<br />
die allgemeine Regel herrscht, Kalender, die für die Mitarbeiter<br />
auf dem Sideboard bereitgehalten werden, dürfen nicht<br />
mit nach Hause genommen werden, sondern dienen alleine<br />
der Benutzung am Arbeitsplatz, an diese Handhabung halten<br />
müssen. Dem Kläger kann nicht ohne Weiteres ein davon<br />
abweichendes Verhalten der Mitarbeiter zugerechnet werden.<br />
Soweit die Beklagte dem Kläger darüber hinaus vorwirft, er<br />
habe ein Exemplar an sich genommen, hat die Beklagte den<br />
gegenteiligen Vortrag des Klägers nicht hinreichend widerlegt.<br />
■ Arbeitsgericht Bonn<br />
vom 15.4.<strong>2010</strong>, 1 Ca 18/10<br />
eingereicht von Rechtsanwältin Dr. Nathalie Oberthür,<br />
Im Mediapark 6, 50670 Köln<br />
Tel.: 0221/35505150, Fax: 0221/35505135<br />
oberthuer@rpo-rechtsanwaelte.de;<br />
www.rpo-rechtsanwaelte.de<br />
254. Verhaltensbedingte Kündigung, vorgetäuschte Arbeitsunfähigkeit,<br />
Ausübung einer Nebentätigkeit während<br />
der Arbeitsunfähigkeit, Beweislast<br />
Aus den Entscheidungsgründen:<br />
Gemäß § 626 Abs. 1 BGB kann das Arbeitsverhältnis von jedem<br />
Vertragsteil aus wichtigem Grund gekündigt werden,<br />
wenn seine Fortsetzung bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist<br />
unter Berücksichtigung der Interessen beider Vertragsteile<br />
nicht zumutbar ist. Täuscht der Arbeitnehmer eine<br />
Arbeitsunfähigkeit vor, so erlangt er damit ohne Rechtsgrund<br />
Freizeit und Entgeltfortzahlung. Die Vortäuschung einer Arbeitsunfähigkeit<br />
ist damit regelmäßig als wichtiger Grund zur<br />
außerordentlichen Kündigung geeignet. Beweispflichtig für<br />
den Kündigungsgrund ist der Kündigende, also hier der Beklagte.<br />
Der Beweis der Vortäuschung der Arbeitsunfähigkeit<br />
ist nicht geführt, vielmehr hat das Arbeitsgericht korrekt<br />
auf Grund der durchgeführten Beweisaufnahme angenommen,<br />
dass Arbeitsunfähikeit vorgelegen hat. Das Arbeitsgericht<br />
hat die schriftliche Aussage des Hausarztes korrekt ausgewertet.<br />
Der Zeuge hat darin bekundet, die Klägerin habe<br />
Beschwerden geschildert, die als Zeichen für einen viralen<br />
Infekt zu deuten waren. Sie habe auf ihn krank gewirkt. Diese<br />
Angaben ergeben eine korrekte Diagnosestellung. Insbesondere<br />
ist davon auszugehen, dass ein Hausarzt auf Grund seiner<br />
Kenntnisse und Erfahrungen eine derart einfache Diagnose<br />
auch ohne weitere körperliche Untersuchungen stellen kann.<br />
Die Tatsache, dass die Klägerin am Abend des 17.11.2008 ihrer<br />
Nebentätigkeit in der Praxis der Zeugin B. nachgegangen<br />
ist, ergibt kein tragfähiges Indiz, das gegen das Bestehen der<br />
Arbeitsunfähigkeit spricht. Auch hier hat das Arbeitsgericht<br />
die Aussage der Zeugin korrekt ausgewertet. Die Zeugin hat<br />
glaubhaft bekundet, dass die Klägerin tagsüber angerufen<br />
hat, um sich krankzumelden. Das heißt aber, dass die Klä-<br />
<strong>04</strong>/10<br />
Rechtsprechung<br />
Bestandsschutz<br />
gerin wie beim Beklagten auch im Rahmen der Nebentätigkeit<br />
Arbeitsunfähigkeit angezeigt hat. Die Zeugin hat auch<br />
den Vortrag der Klägerin bestätigt, dass die Zeugin ihr erklärt<br />
hat, sie könne nicht fehlen, ein weiterer Mitarbeiter habe sich<br />
arbeitsunfähig gemeldet. Es sei dann eine Reduzierung der<br />
Arbeitszeit von 3 1/2 Stunden auf 2 Stunden vereinbart worden.<br />
Die Zeugin hat damit im Ergebnis die Klägerin gedrängt,<br />
trotz Arbeitsunfähigkeit zumindest für 2 Stunden die Arbeit<br />
aufzunehmen. Es ist für die Kammer auch nachvollziehbar,<br />
dass die Klägerin die Vorgehensweise der Zeugin als Drängen<br />
bzw. Druck ausüben verstanden hat. Es ist nicht ungewöhnlich,<br />
dass sich Arbeitnehmer in Sorge um den Arbeitsplatz in<br />
vergleichbaren Situationen trotz bestehender Krankheit zur<br />
Arbeitsaufnahme bereitfinden. Im Ergebnis ist jedenfalls festzustellen,<br />
dass die Ausübung der Nebentätigkeit kein Indiz für<br />
das Vortäuschen der Arbeitsunfähigkeit ergibt.<br />
Zu Recht hat das Arbeitsgericht darauf abgestellt, dass die<br />
Ausübung der Nebentätigkeit während bestehender Arbeitsunfähigkeit<br />
eine Vertragspflichtverletzung darstellt, diese<br />
ist aber nicht so schwerwiegend, dass eine Fortsetzung des<br />
Arbeitsverhältnisses für die begrenzte Dauer der ordentlichen<br />
Kündigungsfrist unzumutbar war. Das BAG (Urt. v. 26.8.1993, 2<br />
AZR 154/93) hat angenommen, dass ein wichtiger Grund zur<br />
außerordentlichen Kündigung auch dann vorliegen könne,<br />
wenn sich der Arbeitnehmer zur Arbeit während der Arbeitsunfähigkeit<br />
entschließe, dies aber nicht in seinem Hauptarbeitsverhältnis,<br />
sondern zur Erzielung eines Nebenverdienstes<br />
bei einem anderen Arbeitgeber tue. Dabei hat das BAG aber<br />
darauf abgestellt, dass in dem entschiedenen Fall es sich um<br />
eine umfangreiche Nebentätigkeit handelte mit einer Arbeitsbelastung<br />
vergleichbar der Tätigkeit im Hauptarbeitsverhältnis.<br />
Es hat insoweit ausgeführt: „Es geht hier nicht um<br />
Nebentätigkeiten von so geringem Ausmaß oder so leichter<br />
Art, dass bei fortbestehender Arbeitspflicht die vertraglich<br />
geschuldete Arbeitsleistung aus dem Hauptarbeitsverhältnis<br />
nicht beeinträchtigt wäre.“ Die Klägerin hat vorliegend keine<br />
umfangreiche Nebentätigkeit wahrgenommen, vielmehr ist<br />
die Nebenbeschäftigung wegen der mitgeteilten Arbeitsunfähigkeit<br />
noch auf 2 Stunden reduziert worden. Im Übrigen<br />
hat die Klägerin, wie nach Beweisaufnahme feststeht, Arbeitsunfähigkeit<br />
auch in der Nebenbeschäftigung angezeigt, sie<br />
hat sich lediglich drängen lassen von der Zeugin, trotz Arbeitsunfähigkeit<br />
tätig zu werden. Insgesamt bewertet liegt damit<br />
zwar eine Vertragspflichtverletzung vor, die aber nicht so<br />
schwerwiegend ist, dass ein Grund für eine außerordentliche<br />
Kündigung vorliegt.<br />
■ Landesarbeitsgericht Niedersachsen<br />
vom 27.4.<strong>2010</strong>, 13 Sa 1489/09<br />
eingereicht von Rechtsanwalt Holger von Seggern,<br />
Lange Straße 85-86, 27749 Delmenhorst<br />
Tel.: <strong>04</strong>221/963800, Fax: <strong>04</strong>221/150665<br />
mail@anwaelte-del.de; www.anwaelte-del.de<br />
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