Open Source Jahrbuch 2007
Open Source Jahrbuch 2007
Open Source Jahrbuch 2007
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
����� ������������<br />
In diesem Entwicklungsmodell beschreibt Raymond den dominierenden Entwicklungsstil<br />
der <strong>Open</strong>-<strong>Source</strong>-Communitys als Basarstil, der mit frühen und häu gen<br />
Freigaben die Nutzer absichtsvoll möglichen Programmfehlern aussetzt und sich als<br />
ein groÿer, wild durcheinander plappernder Basar von unterschiedlichen Zielsetzungen<br />
und Ansätzen präsentiert (Raymond 1999a). Auch wenn die Bezeichnung Basar<br />
es nahelegt, so ist mit diesem Entwicklungsstil keinesfalls eine chaotische Projektorganisation<br />
zu verbinden. <strong>Open</strong>-<strong>Source</strong>-Projekte arbeiten zwar auf der Basis einer<br />
offenen und dezentralen Kooperation, sind dabei aber ausgesprochen wohlorganisiert<br />
und bedienen sich strukturierter Prozesse mit klar de nierten Rollen (Bauer und<br />
Pizka 2005, S. 97). Mit dem Prinzip der offenen, kooperativen Projektorganisation<br />
bietet das <strong>Open</strong>-<strong>Source</strong>-Entwicklungsmodell grundsätzlich eine breite Basis für die<br />
Entwicklung von Software in experimentellen Anwendungsfeldern.<br />
Anders als in der traditionellen Softwareentwicklung fehlen in der Entwicklung von<br />
<strong>Open</strong>-<strong>Source</strong>-Software die typischen Strukturierungen und Planungen des Gesamtprozesses,<br />
wie beispielsweise eine exakte Anforderungsanalyse (Bauer und Pizka 2005,<br />
S. 99). In experimentellen Anwendungsfeldern ist das jedoch kein Nachteil, sondern<br />
Vorteil, weil ohne den Zwang zu allzu strikter Strukturierung auch die Offenheit<br />
für Anpassungen und Weiterentwicklungen einer Software erhalten bleibt. Es wird<br />
damit möglich, auf die wechselnden Anforderungen zu reagieren, die sich aus der<br />
Nutzungspraxis ergeben.<br />
Es ist somit gerade die vermeintliche Planlosigkeit , die das <strong>Open</strong>-<strong>Source</strong>-Konzept<br />
für experimentelle Anwendungsfelder attraktiv macht. Hilfreich ist dabei vor<br />
allem, dass sich in der <strong>Open</strong>-<strong>Source</strong>-Entwicklung ef ziente Alternativstrategien zur<br />
rigiden Projektplanung entwickelt haben. Die Entwicklung von <strong>Open</strong>-<strong>Source</strong>-Software<br />
hat Evolutionsstrategien hervorgebracht, die sich durch ausgesprochene Flexibilität<br />
auszeichnen. So wird das Design einer Software nicht im Voraus geplant,<br />
sondern entwickelt sich entsprechend der Dynamik wechselnder Anforderungen und<br />
der Projektgröÿe. Der steigenden Komplexität durch Wachstum der Codebasis und<br />
der Projektteilnehmer wird durch Modularisierung der Software begegnet (Bauer und<br />
Pizka 2005, S. 111).<br />
Als weiterer Vorteil für die Softwareentwicklung in experimentellen Anwendungsfeldern<br />
kann sich die prinzipielle Unabgeschlossenheit des <strong>Open</strong>-<strong>Source</strong>-Modells erweisen.<br />
Im Hinblick auf die jüngeren Entwicklungstendenzen des Internets spricht<br />
Tim O'Reilly sogar von der Abschaffung des Software-Lebenszyklus (O'Reilly 2005).<br />
Hier wird einer der Grundgedanken der <strong>Open</strong>-<strong>Source</strong>-Bewegung wirksam, nämlich<br />
die Vorstellung, dass es sich bei Software nicht um ein Produkt, sondern um eine<br />
Dienstleistung handelt (O'Reilly 1999; Raymond 1999b). Diese Vorstellung ndet ihre<br />
bislang ausgeprägteste Verkörperung in der Idee des Webservice, der grundsätzlich<br />
nicht verpackt und verkauft, sondern als Dienstleistung angeboten wird und das<br />
Internet als Plattform nutzt. Im Webservice tritt anstelle geplanter Releases die kontinuierliche<br />
Verbesserung der Software und anstelle der Lizenzierung oder des Verkaufs<br />
488