C&I Auch von Muldenkippern, Capriolets und Motoren hat Dominic Schindler schon Entwürfe gezeichnet. mit überdimensionierten Reifen sowie einen Muldenkipper mit riesigen Lufteinlassern und in die Verkleidung integrierten Nebelscheinwerfern. „Wir wissen auch, dass das so nie gebaut wird. Aber so können wir die Richtung bestimmen, in die es gehen soll“, erklärt er. Dann beginnt die „Knochenarbeit“, wie Schindler die zweite Phase nennt. Hier sitzt er mit Entwicklern und Konstrukteuren der Kunden an einem Tisch, um das neue Design den technischen Erfordernissen anzupassen. Auf der einen Seite die kreativen Künstler mit vielen verrückten Ideen im Kopf. Auf der anderen Seite die Konstrukteure – Realisten – die sich nur von harten Zahlen überzeugen lassen. Man kann sich nur zu gut vorstellen, wie diese Runden aussehen. „Die Gespräche sind nicht immer leicht, aber wir profitieren voneinander – wirklich.“ Schindler glaubt, dass er die Konstrukteure mit seinen verrückten Ideen oft weiterbringt und motiviert, in ein Gebiet vorzudringen, das sie bisher kaum interessiert hat. Selber ist er aber auch auf deren Wissen angewiesen. „Wir wollen am Ende über unsere romantische Designwelt ein Produkt mit einer hochwertigen Ausstrahlung schaffen, das auch noch besser ist als bisher“, fasst er zusammen. Das Produkt muss nicht unbedingt teurer sein als zuvor. „Oft schaffen wir es sogar, durch den Einsatz neuer Materialien, die Produktionskosten zu senken“, erzählt er und widerspricht damit dem Vorurteil, dass gut aussehende Produkte meistens teurer sind als andere. Investitionsgüter als Nische für Designer Warum gerade Mähdrescher? Hat er als Desig ner nicht den Traum, Produkte zu entwerfen, die mehr Leute interessieren. Handys, Uhren, Autos? „Nein“, sagt er und lacht. Dominic Schindler sucht 12 I <strong>MTU</strong> Report 03/11 «Wir wollen über unsere romantische Designwelt ein Produkt mit einer hochwertigen Ausstrahlung schaffen, das auch noch besser ist als bisher.» Dominic Schindler, Designer die Herausforderung. Kein Wunder, könnte man sagen – bei der Familie. Sein Urgroßvater war der Erfinder der ersten vollelektrischen Küche der Welt, sein Großvater entwickelte den Sonnenschutz „Piz Buin“. Einfach nur ein Designer unter vielen anderen zu sein, das wäre nichts gewesen für den Österreicher. Dominic Schindler suchte die Nische – und fand sie in der Investitionsgüterindustrie. Hier könne er noch viel bewegen, war er sich sicher, als er vor fünf Jahren die ersten Aufträge annahm. Riesige Werkzeugmaschinen hat er schon gestaltet und eine Tablettenpressmaschine. Seine Fahrzeugideen fahren bisher noch nicht auf der Straße. „Doch das wird sich ändern“, sagt er mit solch einer Selbstverständlichkeit, dass man es einfach glauben muss. Bei einer Umfrage auf der weltweit größten Maschinenbaumesse „Emo“ sei herausgekommen, dass 80 Prozent der Konsumenten sich bei ihrer Kaufentscheidung vom Design beeinflussen lassen. „Die tun das bewusst, die anderen 20 Prozent unbewusst“, erklärt er. Automobilhersteller Vorreiter Vorreiter sei die Automobilindustrie. „Da hat vor 20 Jahren auch kaum noch einer an das Design gedacht. Heute ist es ein entscheidendes Verkaufsargument“. Als Beispiel nennt er BMW oder MercedesBenz, zwei große deutsche Automobilmarken. Früher seien deren Autos technisch einfach besser gewesen als die der Konkurrenz. Doch heute sei das anders. „Ein Toyota baut technisch mindestens so gute Autos wie BMW“, behauptet Schindler. „Trotzdem bezahlen die Leute für einen BWM viel mehr.“ Der Grund: BWM habe es geschafft, den Autos ein sehr hochwertiges Image zu geben – mit Hilfe eines hochwertigen Designs. Dieser Trend sei auch in der Nutzfahrzeugindustrie unaufhaltsam. „Auch hier werden die Produkte immer vergleichbarer. Über Emotionalität und Wertevermittlung können sich die Hersteller aber noch unterscheiden“, so der Designer. Nicht überall auf der Welt sind diese Werte gleich. So interessieren sich Asiaten eher für kleinere und fein gestaltete Produkte. Amerikaner dagegen lieben das große, schwere Design. Europäer seien noch einmal anders. „Die sind sehr traditionell und ihr Geschmack richtet sich oft nach dem, was sie von Kindesalter an gelernt haben“, so Schindler. Doch was bedeutet das für das Design von Fahrzeugen? Müssen die je nach Land anders gestaltet werden? „Nicht unbedingt“, behauptet Schindler. Die Automobilindustrie, die in Asien zum Teil andere Fahrzeuge als in Europa verkaufe, mache das zwar. Allerdings zeige das Beispiel Apple, dass es auch anders geht. Die Produkte sind auf der ganzen Welt erfolgreich – immer im gleichen Design. Und während er das sagt, holt der Designer sein Blackberry raus. Ein Blackberry für einen Designer – kein trendiges IPhone von Apple? Das ist ungewöhnlich, passt aber ins Bild. Dominic Schindler geht seinen eigenen Weg – einen Weg, auf dem er das Design von Mähdreschern, Muldenkippern, Maschinen und Anlagen revolutioniert. „Ich bekomme jedes Mal auf's Neue ein richtiges Glücksgefühl, wenn ich sehe, dass in der Industrie funktionale Güter im richtigen Design präsentiert werden”, sagt der Designer, der vor allem Querdenker ist. Text: Lucie Dammann Bilder: Robert Hack
„In der Automobilindustrie hat vor 20 Jahren auch noch keiner an das Design gedacht, heute ist es ein entscheidendes Verkaufsargument“, sagt Dominic Schindler.