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Gastkommentar 63<br />

Stillstand kann ernsthaft<br />

niemand wollen<br />

FOTO: EXPRESS/HEINEKAMP<br />

Barbara Hendricks kommt aus Weeze. Dort gibt es einen<br />

Flughafen mit viel Wachstumspotenzial. Dieser ist vom<br />

Airport der Landeshauptstadt 78 Kilometer entfernt. Hin<br />

und zurück sind das 156 Kilometer. Als Bundesumweltministerin<br />

weiß Hendricks, dass das eine lange Reise ist,<br />

um irgendwo hinzufliegen. Und ökologisch zumindest bedenklich.<br />

Trotzdem empfiehlt Hendricks kürzlich in der Rheinischen Post, es<br />

könne „eine gute Idee sein“, mehr Ferienflieger von Weeze starten zu<br />

lassen.<br />

Gute Idee? Eher eine absichtliche Nebelkerze in der Diskussion über<br />

die geplante Kapazitätserweiterung des<br />

Düsseldorfer Flughafens. Denn da scheuen<br />

die Politiker vor Landtags- und Bundestagswahlen<br />

klare Statements. Wenn,<br />

dann geht es mehr um Ideen und Befindlichkeiten.<br />

Was von den Fakten ablenkt.<br />

Fakt ist aber, dass der Düsseldorfer Flughafen,<br />

den es in diesem Jahr 90 Jahre<br />

gibt, ein der großen Erfolgsgeschichten<br />

in NRW ist. Er ist ein Wirtschaftsmotor!<br />

Immer mehr Menschen aus Düsseldorf<br />

und Umgebung haben hier Arbeit. Und<br />

immer mehr Firmen siedeln sich in unmittelbarer<br />

Nähe an, weil auch in einer<br />

digitalisierten Welt internationale Konzerne<br />

Mitarbeiter haben, die mit Kunden<br />

und Kollegen von Angesicht zu Angesicht<br />

sprechen wollen. Fakt ist, dass gerade<br />

die Zahl der Interkontinentalverbindungen, gerade in die asiatischen<br />

Wachstumsmärkte, gestiegen ist.<br />

Fakt ist deswegen, dass die Passagierzahlen in Düsseldorf seit Jahren<br />

neue Rekordhöhen erreichen – zuletzt 2016 auf über 23,5 Millionen.<br />

Weil wir Deutschen ja auch Reiseweltmeister sind und gerne auch mal<br />

für ein Wochenende nach London oder Mallorca jetten. Ob man das<br />

nun gut oder schlecht findet, auch aus ökologischen Gründen, spielt<br />

da keine Rolle. Abgestimmt wird beim Ticketkauf. Und Fakt ist, dass<br />

immer mehr Airlines nach Düsseldorf wollen – im letzten Jahr etwa<br />

Singapore Airlines, in diesem Jahr Norwegian, Wow Air oder der<br />

Low-Cost-Urlaubsflieger Azur Air.<br />

„Der Düsseldorfer Flughafen<br />

ist ein Wirtschaftsmotor.“<br />

Tatsache ist aber auch, dass es in Düsseldorf in den letzten Jahren immer<br />

mehr Landungen nach 23 Uhr und Starts schon vor 6 Uhr gab.<br />

Diese sind eigentlich nur in Ausnahmefällen möglich. 741 Ausnahmen<br />

gab es etwa im zweiten Quartal 2016. Viel zu viele! Das ärgert die<br />

Anwohner, die ein Recht auf Nachtruhe haben. Das ärgert auch den<br />

Flughafen selbst.<br />

Kann also deswegen eine Kapazitätserweiterung helfen? Klingt unsinnig.<br />

Stimmt aber. Denn bei dieser Erweiterung geht es nicht darum,<br />

die Fläche der Start- und Landebahnen auszubauen und dafür wie<br />

einst bei er Stadtbahn West in Frankfurt Waldflächen zu roden. Es<br />

geht auch nicht um neue Flugrouten, die<br />

jetzt halbwegs verschonten Wohngebiete<br />

mit Lärm plagen. Hier geht es um vor allem<br />

Effizienz. Nämlich, in den besonders<br />

gefragten Zeiten, morgens und abends,<br />

bis zu 60 statt bisher 47 Flugbewegungen<br />

pro Stunden zu erlauben. Dabei kommen<br />

dann übers Jahr maximal bis zu<br />

318.000 Flüge – bis zu 62.000 mehr als<br />

jetzt theoretisch erlaubt – zusammen.<br />

Es geht um nichts Verbotenes und<br />

nichts, was irgendwo in Hinterzimmern<br />

ausgekungelt wird. Der Flughafen stellt<br />

sich einem öffentlichen Verfahren, einem<br />

transparenten Prozess. Gerade erst<br />

ist eine öffentliche Anhörung in einer<br />

extra angemieteten Messehalle abgehalten<br />

worden. Die angesichts der Vehemenz<br />

der vorab geäußerten Einwände erstaunlich ruhig und schnell<br />

über die Bühne ging.<br />

Es ließe sich, so sagte Barbara Hendricks übrigens auch, „nicht vermeiden,<br />

dass auch Flughäfen in prosperierenden Ballungsräumen<br />

wachsen müssen“. Klingt ein bisschen wie die Geschichte vom kleineren<br />

Übel. Ein klares Bekenntnis zum Flughafen wäre aus der Politik<br />

sinnvoller. Denn die Alternative zum Wachstum, zu mehr Jobs und<br />

auch mehr Starts und Landungen wäre Stillstand. Den kann ernsthaft<br />

niemand wollen. Erst recht nicht auf den Straßen zwischen Düsseldorf<br />

und Weeze.<br />

Jörg Philippi-Gerle, Leiter der Express-Lokalredaktion Düsseldorf<br />

www.duesseldorf.ihk.de<br />

IHK magazin 04.2017

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