ECHO Karriere 2017
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Gibt es genügend weibliche Role Models, mit denen<br />
in den Schulen für die HTLs geworben werden kann?<br />
Das ist von Schule zu Schule verschieden, ließe<br />
sich in der Systematik allerdings verbessern. Es ist<br />
überhaupt sehr schwierig, die Information zielgerichtet<br />
an die jugendlichen Adressaten heranzutragen.<br />
Die Informations- und damit verbundenen<br />
Schnuppertage und die Internetauftritte der jeweiligen<br />
Schulen sind die Hauptentscheidungshilfen<br />
bei der Schulwahl. Gerade die Schnuppertage<br />
nehmen deutlich zu, die Schulen bemühen<br />
sich, das Interesse ist groß.<br />
Sind die vorhin erwähnten leicht sinkenden Schülerzahlen<br />
an den HTLs dem allgemeinen demografischen<br />
Trend geschuldet oder gibt es andere Gründe?<br />
Das hängt sicherlich mit der demografischen Entwicklung<br />
zusammen, aber auch mit der Tatsache,<br />
dass es im urbanen Raum eine gewisse Flucht vor<br />
der Neuen Mittelschule gibt. Die Hauptschule war ja<br />
eine der Hauptlieferantinnen für die berufsbildenden<br />
mittleren und höheren Schulen, die Anzahl derer, die<br />
von einer AHS-Langform in eine HTL gewechselt<br />
sind, historisch gesehen immer sehr gering. Die NMS<br />
werden teils von den Eltern – oft völlig zu Unrecht –<br />
gemieden. Die breite und umfassende Information<br />
von jungen Menschen in der achten Schulstufe, ganz<br />
gleich ob sie in einer NMS oder AHS-Unterstufe<br />
sitzen, ist ein wichtiges Anliegen. Auch da hilft der<br />
Campus HTL bei der Orientierung.<br />
Für viele junge Menschen ist die achte Schulstufe noch<br />
zu früh, um eine gute Entscheidung treffen zu können.<br />
„Wer sich mit 14<br />
Jahren noch nicht<br />
den Anforderungen<br />
einer HTL gewachsen<br />
sieht, sich aber<br />
für die Materie interessiert<br />
und eine<br />
facheinschlägige<br />
Lehre absolviert<br />
hat, kann über<br />
einen Aufbaulehrgang<br />
zur gleichen<br />
Qualifikation kommen<br />
wie jemand,<br />
der eine fünfjährige<br />
HTL abgeschlossen<br />
hat.“<br />
Gibt es für Spätberufenere eine Möglichkeit, zu einem<br />
HTL-Abschluss zu kommen?<br />
Ja, die gibt es. Einerseits haben wir für AHS-Maturanten<br />
die verschiedenen Kollegformen. Da sind wir in<br />
Tirol nicht extrem breit aufgestellt. Jemand, der noch<br />
keine Reifeprüfung hat, kann über Aufbaulehrgänge<br />
zu einer entsprechenden fachlichen Qualifkation kommen.<br />
Wer sich mit 14 Jahren noch nicht den Anforderungen<br />
einer HTL gewachsen sieht, sich aber für die<br />
Materie interessiert und eine facheinschlägige Lehre<br />
oder eine berufsbildende mittlere Schule absolviert hat,<br />
kann über einen Aufbaulehrgang zur gleichen Qualifikation<br />
kommen wie jemand, der eine fünfjährige HTL<br />
abgeschlossen hat.<br />
Fachhochschule oder Lehre plus Aufbaulehrgang ist<br />
folglich ein gangbarer Weg zum HTL-Abschluss?<br />
Das ist ein absolut gangbarer Weg, um zu einer Höherqualifizierung<br />
zu kommen.<br />
Gibt es Statistiken darüber, welchen Weg die HTL-Abgänger<br />
nach ihrem Abschluss einschlagen?<br />
Leider haben wir dazu keine verlässlichen Aufzeichnungen.<br />
Das ist auch von Branche zu Branche sehr unterschiedlich.<br />
Je stärker die Ausbildung im Kreativbereich<br />
zu verorten ist, desto breiter ist der Abgang nach<br />
hinten, je enger die Disziplin, desto höher der Anteil<br />
derer, die im unmittelbaren Branchenumfeld bleiben.<br />
Natürlich ist es nicht auszuschließen, dass der Maschinenbauer<br />
Jus studiert oder etwas völlig anderes macht.<br />
Meine Erwartungshaltung ist, dass rund zwei Drittel<br />
in der Branche bleiben, für die sie ausgebildet wurden.<br />
Welche Veranlagungen und Interessen muss man – abgesehen<br />
von Fleiß und Interesse – als Schüler in eine HTL<br />
mitbringen, um bestehen zu können?<br />
Das setze ich voraus. Es braucht die Bereitschaft,<br />
etwas zu tun. Immerhin gibt es in der HTL 36 bis<br />
38 Wochenstunden. Das ist allein die Präsenzphase.<br />
Der Trend geht zusätzlich zur verkürzten Woche. An<br />
gewissen Schulen wird es heute schon schwierig, am<br />
Freitagnachmittag zu unterrichten, weil Eltern und<br />
Schüler ins Wochenende drängen. Das bedeutet, dass<br />
es unter der Woche keinen freien Nachmittag gibt.<br />
Außerdem braucht es eine gewisse technische Affinität<br />
und Fähigkeit, dreidimensional und abstrakt<br />
zu denken. Ganz entscheidend ist es aber, wie fast<br />
überall im Leben, eine aggressive kreative Neugier zu<br />
besitzen, die sich nicht darin erschöpfen darf, was es<br />
gibt, sondern das Warum und Wie ergründen will.<br />
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Interview: Marian Kröll<br />
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