Top100 Kufstein_2017
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top 100 KUFSTEIN | interview<br />
Fachliche Augenhöhe<br />
Rechtsanwalt. Herbert Schöpf ist Experte für Vergaberecht. Er führt aus,<br />
was das Bestbieterprinzip leisten kann und worauf es bei der Ausschreibung<br />
ankommt. Die Raumordnung sieht er in Gemeindehänden gut aufgehoben.<br />
ECHO: Sie sind einer der führenden<br />
Vergaberechtsexperten in Tirol.<br />
Ab welchen Schwellenwerten ist eine<br />
Ausschreibung notwendig, wann<br />
muss international ausgeschrieben<br />
werden?<br />
Herbert Schöpf: Bei der Berechnung<br />
von Schwellenwerten<br />
ist primär zwischen öffentlichen<br />
Ausschreibungen im sogenannten<br />
„klassischen Bereich“ und im „Sektorenbereich“<br />
– Beschaffung in den<br />
Bereichen Verkehr, Energie, Wasser<br />
und Post – zu unterscheiden. Die<br />
EU-Kommission hat im klassischen<br />
Bereich die Schwellenwerte für Bauaufträge<br />
und Baukonzessionsverträge<br />
mit 5.225.000 Euro und für<br />
Liefer- und Dienstleistungsaufträge<br />
mit 209.000 Euro festgelegt. Diese<br />
Schwellenwerte gelten bis Ende<br />
<strong>2017</strong> und sind Ausschreibungen,<br />
die über diesen Schwellenwerten<br />
liegen, europaweit bekannt zu machen.<br />
ECHO: Mit der Vergaberechtsnovelle<br />
wird das Bestbieterprinzip etabliert.<br />
Was kann dieses gegenüber<br />
dem Billigstbieterprinzip leisten?<br />
Schöpf: Beim Billigstbieterprinzip<br />
ist das einzige Zuschlagskriterium<br />
für die Wahl des Angebots<br />
der niedrigste Preis. Beim Bestbieterprinzip<br />
erhält das technisch und<br />
wirtschaftlich günstigste Angebot<br />
den Zuschlag. Vor allem bei öffentlichen<br />
Bauausschreiben treten<br />
bei Billigstbieterausschreibungen<br />
häufig Missstände wie Scheinfirmen,<br />
Lohn- und Sozialdumping,<br />
Kettenbeauftragungen und ein oft<br />
ruinöser Preiskampf auf. In den<br />
Gesetzesmaterialien werden als<br />
Zuschlagskriterien für das Bestbieterprinzip<br />
neben dem Preis exemplarisch<br />
aufgezählt: Qualität,<br />
technischer Wert, Ästhetik, Zweckmäßigkeit,<br />
Umwelteigenschaften,<br />
Betriebskosten, Rentabilität, Kundendienst<br />
und technische Hilfe,<br />
Lieferzeitpunkt und Lieferungsbzw.<br />
Ausführungsfrist. Bei Bestbieterausschreibungen<br />
können auch<br />
umwelt- und sozialpolitische Belange<br />
– sogenannte vergabefremde<br />
Zuschlagskriterien – berücksichtigt<br />
werden. Durch ökologische Zuschlagskriterien<br />
soll dem im Vergaberecht<br />
allgemein verankerten<br />
Grundsatz der Umweltgerechtheit<br />
der Leistung Rechnung getragen<br />
werden. Durch sozialpolitische Zuschlagskriterien<br />
soll insbesondere<br />
auf die Beschäftigung von Frauen,<br />
von Personen im Ausbildungsverhältnis,<br />
von Langzeitarbeitslosen,<br />
von Behinderten und älteren Arbeitnehmern<br />
Bedacht genommen<br />
werden.<br />
Fotos: Kröll<br />
80 ECHO TOP 100 UNTERNEHMEN IM BEZIRK KUFSTEIN <strong>2017</strong>