Top100 Kufstein_2017
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ECHO: Wie kann man auf dem<br />
Weg des Bestbieterprinzips lokale<br />
Wertschöpfung forcieren?<br />
Schöpf: Durch die Festlegung entsprechender<br />
Qualitätskriterien, die<br />
durch „Lohn- und Sozialdumper“<br />
nicht erfüllt werden können oder<br />
durch Kriterien, die die Technologieführerschaft<br />
stärker gewichten,<br />
können Aufträge europarechtskonform,<br />
aber dennoch lokal verstärkt<br />
vergeben werden. Lokale Präferenzen<br />
können auch durch ökologische<br />
Kriterien, beispielsweise<br />
durch höhere Gewichtung kürzerer<br />
Transportstrecken, stärker berücksichtigt<br />
werden.<br />
ECHO: Kann man mit einer guten<br />
qualitativen Ausschreibung die<br />
meist massiven Baukostenüberschreitungen<br />
eindämmen, die bei<br />
öffentlichen Aufträgen an der Tagesordnung<br />
zu stehen scheinen?<br />
Schöpf: Unvorhersehbare Kostenüberschreitungen<br />
sollte es im<br />
Zuge einer Auftragsabwicklung<br />
überhaupt nicht geben. Allfällige<br />
Nachträge dürften sich auch nur in<br />
den vorab einkalkulierten Reserven<br />
bewegen. Bei Planungsleistungen<br />
gibt es ÖNORM-definierte Schätzungsgenauigkeiten.<br />
Wesentlich<br />
ist, dass der Auftraggeber seine<br />
Ausschreibung von Anfang an klar<br />
strukturiert und Angebote einer<br />
fachkundigen Plausibilitätsprüfung<br />
unterzieht. Abhängig vom<br />
Ausschreibungsgegenstand kann<br />
der Auftraggeber auch eine verbindliche<br />
Kostenobergrenze oder<br />
einen Pauschalfestpreis festlegen.<br />
Wesentlich ist, dass sich der Auftraggeber<br />
bereits bei der Vergabe<br />
auf fachlicher Augenhöhe der Bieter<br />
bewegt.<br />
ECHO: Besteht die Gefahr, dass<br />
„Beim Bestbieterprinzip<br />
erhält das technisch und<br />
wirtschaftlich günstigste<br />
Angebot den Zuschlag.“<br />
Herbert Schöpf,<br />
Rechtsanwalt<br />
Qualitätskriterien nur alibimäßig<br />
formuliert werden?<br />
Schöpf: Der Ermessensspielraum<br />
des Auftraggebers bei der Festlegung<br />
der Gewichtung ist nur insofern<br />
beschränkt, als die Zuschlagskriterien<br />
in Verbindung mit ihrer<br />
Gewichtung eine eindeutige und<br />
nachvollziehbare Ermittlung des<br />
wirtschaftlich günstigsten Angebots<br />
ermöglichen müssen. Beim Bestbieterprinzip<br />
müssen die Zuschlagskriterien<br />
im Verhältnis zueinander so<br />
gewichtet sein, dass die Besser- oder<br />
Schlechter-Erfüllung der einzelnen<br />
Kriterien einen realistischen Einfluss<br />
auf die Bestbieterermittlung<br />
haben kann. Die Rechtsprechung<br />
sieht z. B. bei einer Gewichtung<br />
des Preises mit 98 Prozent allein<br />
den Preis für die Ermittlung des<br />
Zuschlags ausschlaggebend, sodass<br />
dadurch das Bestbieterprinzip verletzt<br />
wird.<br />
ECHO: Ich würde gern einen Exkurs<br />
in die Raumordnung machen,<br />
eine umstrittene Materie. Ist die<br />
Raumordnungskompetenz bei Gemeinderäten<br />
und Bürgermeistern in<br />
den richtigen Händen?<br />
Schöpf: Raumordnungsrechtliche<br />
Belange wie z. B. die Flächenwidmung<br />
sind eine Kernkompetenz<br />
der Gemeinde. Die Gemeinde<br />
weiß selbst am besten, wie sich ihr<br />
Ort entwickeln soll. Wesentlich ist<br />
jedoch, dass die Entscheidungen<br />
der Gemeinde fachlich fundiert und<br />
sachlich nachvollziehbar sind.<br />
ECHO: Welche rechtlichen Konsequenzen<br />
kann es für Bürgermeister<br />
und Gemeinderäte geben, die<br />
diese Kompetenzen zu ihrem persönlichen<br />
Vorteil ausnutzen?<br />
Schöpf: Bürgermeister und Mitglieder<br />
eines Gemeinderats sind<br />
Beamte im strafrechtlichen Sinn.<br />
So kann z. B. der Beschluss eines<br />
Bebauungsplans den Missbrauch<br />
der Amtsgewalt erfüllen. Wenn jemand<br />
seine rechtlich eingeräumte<br />
Verfügungsmacht wissentlich missbraucht<br />
und dadurch ein Vermögensnachteil<br />
zugefügt wird bzw. der<br />
Täter sich einen Vermögensvorteil<br />
zuwendet, begeht er den Tatbestand<br />
der Untreue. So kann z. B. die<br />
Mitwirkung des Bürgermeisters an<br />
der Beschlussfassung des Kollegialorgans<br />
Gemeinderat über seinen<br />
eigenen Antrag rechtlich einen<br />
Befugnismissbrauch im Sinne des<br />
Strafgesetzbuchs darstellen.<br />
<br />
Interview: Marian Kröll<br />
ECHO TOP 100 UNTERNEHMEN IM BEZIRK KUFSTEIN <strong>2017</strong><br />
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