24.11.2017 Aufrufe

Alnatura Magazin - Dezember 2017

Alnatura: Ihr kostenloses, monatliches Kundenmagazin der Alnatura Super Natur Märkte.

Alnatura: Ihr kostenloses, monatliches Kundenmagazin der Alnatura Super Natur Märkte.

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

KOLUMNE<br />

Darf ’s ein bisschen weniger sein?<br />

Seit dem Sommer lassen mich die Gedanken zu<br />

einem bestimmten Thema nicht mehr los: Auf<br />

dem Campingplatz schnappte ich auf, wie eine Frau<br />

zu ihrem Mann sinngemäß sagte, dass man allein schon<br />

deshalb keine Flüchtlinge mehr reinlassen dürfe, weil dies<br />

zur Konsequenz hätte, dass man hier in Deutschland den<br />

Lebensstandard herunterschrauben müsse. Und das ginge<br />

ja mal gar nicht!<br />

Wenn man sich in der Welt mal umschaut, müssten wir<br />

eigentlich jeden Morgen mit einem tiefen Gefühl der Dankbarkeit<br />

für unsere privilegierte Situation aufwachen. Und ich<br />

spreche da noch nicht einmal von dem Vergleich zu Staaten,<br />

deren Bevölkerung in richtiger Armut lebt: Auch in Relation zu<br />

anderen europäischen oder »westlichen« Ländern geht es<br />

uns nämlich in Deutschland ziemlich gut: Wir haben niedrige<br />

Lebens haltungskosten, ein verhältnismäßig gutes Gesund heits -<br />

system, eine freie Presse und viele andere Vorteile, die wir als<br />

selbst ver ständlich wahrnehmen. Die meisten von uns können ihr<br />

Leben frei gestalten und sich regelmäßig kleine Träume erfüllen.<br />

Dass wir von diesem Standard zugunsten der Gemeinschaft<br />

lieber nichts abgeben wollen, ist für mich ein befremdlicher<br />

Gedanke. Denn schließlich möchten wir weiterhin Dinge behalten<br />

und erneuern, die gar nicht aus Deutschland kommen,<br />

sondern oft billig in anderen Ländern hergestellt werden. Profitieren<br />

wollen wir wohl von der Globalisierung. Aber die<br />

Schattenseiten sollen uns möglichst nicht die Sonne verdecken.<br />

Schauen wir uns beispielhaft die immer knapper werdenden<br />

landwirtschaftlichen Nutzflächen unseres Planeten an:<br />

Es stehen jedem Menschen auf der Erde rein rechnerisch 2 000<br />

Quadratmeter Anbaufläche zur Verfügung. Der durchschnittliche<br />

Europäer benötigt mit seinem derzeitigen Essverhalten<br />

aber ein Äquivalent von 2 700 Quadratmetern.<br />

Und auch außerhalb unserer Ernährungsgewohnheiten<br />

leben wir über die Verhältnisse hinaus. Dass wir uns das finanziell<br />

leisten können, bedeutet nicht, dass es auch in Ordnung<br />

ist. Unser eigenes Bankkonto mag am Ende des Monats ausgeglichen<br />

sein. Das Konto der Erde müsste aber ins Minus gehen.<br />

Da dies nicht möglich ist und die Ressourcen begrenzt sind,<br />

zahlt jemand anders den fehlenden Teil unserer Rechnung<br />

durch geringere Löhne, weniger Essen oder eben nur alle paar<br />

Jahre ein neues Paar Schuhe. Die günstigen Preise der Güter<br />

sagen nichts mehr über ihren wahren Wert aus.<br />

Wenn wir mit steigender Weltbevölkerung in Frieden leben<br />

wollen, werden wir uns an den Gedanken gewöhnen müssen,<br />

weniger zu konsumieren, weniger zu besitzen und mehr zu<br />

teilen. Wachstum ist begrenzt und Ressourcen müssen sinnvoller<br />

genutzt werden.<br />

Wir können schon<br />

viel durch den Einkauf bei<br />

den richtigen Quellen erreichen:<br />

Bio-Lebensmittel, nachhaltige Kleidung<br />

et cetera – dies ist möglich, ohne dass man dafür einen<br />

großen Umweg machen müsste. Den Durchbruch aber<br />

wird es erst geben, wenn wir verstehen, dass es auf Dauer<br />

nur mit »weniger für alle« funktioniert.<br />

Wie schlimm sind denn die kleinen Löcher in den<br />

Socken oder Flecken auf einem Unterhemd wirklich?<br />

Muss es alle zwei Jahre ein neues Handy sein? Wenn wir<br />

die Anschaffung von neuen Dingen nur ein wenig<br />

hinauszögern, erreichen wir schon viel.<br />

Gesellschaftlich bedarf es einer Veränderung der Wahrnehmung,<br />

die bei uns selbst anfängt. Das könnte dann<br />

so klingen: »Oje, musstest du schon wieder shoppen?<br />

Ja, ich verstehe, dass es dir so schlecht geht, das ist auch<br />

wirklich schlimm! Und bei den neuen Klamotten sieht<br />

man es auch sofort, du Armer!« Oder: »Wow, schau mal,<br />

die Frau da drüben! Die Jacke muss doch schon locker<br />

fünfzehn Jahre alt sein. Ich bin ganz neidisch, dass sie es<br />

schafft, sie so lange zu nutzen …«<br />

Klingt surreal, nicht wahr? Aber man wird ja wohl<br />

noch träumen dürfen.<br />

››› Julian Stock, 35, ist Sortiments manager bei <strong>Alnatura</strong>.<br />

Er befasst sich mit den Entwick lungen und Trends bei den<br />

Ernährungsgewohnheiten und<br />

setzt sich für eine nach haltige<br />

Le bensweise ein. Seine Artikel<br />

finden Sie auch online unter<br />

alnatura.de/kolumne<br />

Schreiben Sie ihm, wenn Sie<br />

möch ten:<br />

julian.stock@alnatura.de

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!