Alnatura Magazin - Dezember 2017
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HERSTELLER-INTERVIEW<br />
Fisch fair handeln<br />
<strong>Alnatura</strong> im Gespräch mit Jürg Knoll, Geschäftsführer von followfish,<br />
zum ersten Fair-Trade-Dosenthunfisch auf dem deutschen Markt.<br />
Kennen Sie die Fischer und Verarbeiter persönlich?<br />
2010 war ich das erste Mal bei den maledivischen Fischern<br />
und gleich begeistert. Die Fischerei ist für die Menschen dort<br />
alles und zwar seit vielen Generationen. Sie prägt nicht nur<br />
das Essverhalten mit einem Verzehr von 130 Kilogramm Fisch<br />
pro Kopf und Jahr*, auch in Kunst und Musik ist das Motiv<br />
Fischerei immer präsent. Wir hatten von Anfang an eine enge<br />
Verbindung mit der Fischerei »Horizon Fisheries« und faire,<br />
ausgewogene Handelsverträge sind uns seit jeher eine Selbstverständlichkeit.<br />
»Meine Vision ist es, die Angelruten-Fischerei der Malediven zu<br />
retten und dazu beizutragen, dass sie völlig unabhängig und<br />
mit der kompletten Wertschöpfungskette vor Ort agieren kann.«<br />
Jürg Knoll, Geschäftsführer followfish<br />
Redaktion: followfish hat im Februar dieses Jahres<br />
den ersten Fair-Trade-Dosenthunfisch auf den Markt<br />
gebracht. Wie kam es dazu?<br />
Jürg Knoll: Unsere Entscheidung für die Fair-Trade-Zertifizierung<br />
steht im engen Zusammenhang mit unserer Gründungsvision.<br />
Wir wollten mit followfish ein Gegenmodell zum<br />
konventionellen Fischfang etablieren, der insbesondere bei der<br />
Thunfischfischerei katastrophale Methoden anwendet. Die<br />
Folgen der Überfischung und des Beifangs sind bekannt. Wir<br />
waren auf der Suche nach einer ökologisch unbedenklichen<br />
Fangmethode und durch den Austausch mit Greenpeace sind<br />
wir auf die traditionelle Angelruten-Fischerei auf den Malediven<br />
aufmerksam geworden. Hier wird selektiv und somit nachhaltig<br />
gefischt. Nachhaltigkeit verstehen wir als ganzheitliches<br />
Konzept. Um das ökologische Gleichgewicht des Meeres zu<br />
schützen, muss auch die Lebensgrundlage der Menschen vor<br />
Ort gesichert sein. Sie sind schließlich diejenigen, die nachhaltigen<br />
Fischfang hier erst möglich machen.<br />
Weshalb ist Ihres Erachtens ein Fair-Trade-Siegel für ein<br />
Fischprodukt sinnvoll? In der Fischerei bestehen große Probleme,<br />
gleichzeitig wird mehr Fisch verkauft als irgendein anderes<br />
Lebensmittel. Küstenschiffer kämpfen um ihre Existenz und<br />
gegen riesige Fabrikschiffe, aber wie sollen sie gewinnen, wenn<br />
beispielsweise afrikanische Staaten Fischereirechte an die EU verkaufen?<br />
In manchen Ländern werden Menschenrechte missachtet<br />
– laut der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) herrschen<br />
in der Fischindustrie Zwangsarbeit, Kinderarbeit und Gewalt.<br />
Mit der Initiative und Unterstützung von Blueyou, einer<br />
Schweizer Beratungsfirma für nachhaltigen Fischfang, haben<br />
wir die Fair-Trade-Zertifizierung angestoßen, um auf die Missstände<br />
hinzuweisen und um den Unterschied zum konventionellen<br />
Fischfang zu unterstreichen. Wir wollen nicht nur in<br />
ökologischer, sondern auch in sozialer Hinsicht nachhaltig hergestellten<br />
Fisch auf den Markt bringen.<br />
Welche Ziele sollen mit Fair Trade erreicht werden? Mit<br />
Fair Trade soll das Handwerk in Entwicklungsländern unterstützt<br />
werden, um die Lebensgrundlage und Perspektiven der<br />
Menschen vor Ort zu sichern. Die Kriterien für die Arbeitsbedingungen<br />
sind zum Beispiel Arbeitssicherheit und Arbeitsverträge,<br />
in denen Mitbestimmung, Gleichberechtigung sowie<br />
eine faire Bezahlung verankert sind.<br />
Was bewirkt Fair Trade konkret vor Ort? Mit dem Fair-Trade-<br />
Zertifikat wird ein Aufpreis von acht Prozent pro Kilo Thunfisch<br />
gezahlt. Die Mehreinnahmen werden vor Ort in Projekte investiert,<br />
die der ganzen Bevölkerung zugutekommen. Das Fair-Trade-<br />
Komitee, vertreten durch gewählte Mitarbeiter, entscheidet<br />
über die Investitionen. Jüngst waren dies ein Bildungsprojekt<br />
für Kinder aus armen Familien und eine Wasserpumpe, die<br />
wegen des Versalzungsproblems auf der Insel installiert wurde.<br />
26 <strong>Alnatura</strong> <strong>Magazin</strong> 12.<strong>2017</strong><br />
* Zum Vergleich: In Deutschland liegt der Pro-Kopf-Verbrauch bei 13 Kilogramm im Jahr.