Taxi Times DACH - Januar 2018
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SHARING<br />
Eine Hamburger <strong>Taxi</strong>zentrale<br />
geht in die <strong>Taxi</strong>-Sharing-<br />
Offensive.<br />
IN HAMBURG WIRD<br />
DAS TAXI GETEILT<br />
Im ungleichen und oft unfairen Konkurrenzkampf zwischen<br />
milliardenschweren Konzernen und örtlichen <strong>Taxi</strong>genossenschaften<br />
ist <strong>Taxi</strong> Sharing die nächste wichtige Herausforderung.<br />
FOTO: Hansa-Funk<br />
Die Hamburger Genossenschaft<br />
Hansa Funktaxi eG stellte Anfang<br />
Dezember ihr <strong>Taxi</strong>-Sharing über<br />
ihre App als neues Produkt vor und kam<br />
dem Konkurrenten mytaxi um nur einen<br />
Tag zuvor. Wer nun denkt, Car Pooling oder<br />
<strong>Taxi</strong> Sharing seien nur neue Schlagwörter<br />
für die alte Idee des Sammeltaxis, blendet<br />
die Gefahr aus.<br />
Wie Uber in den USA kämpft Daimlers<br />
mytaxi in Deutschland – und bald auch<br />
Volkswagens MOIA oder CleverShuttle – um<br />
Marktanteile. Dieser Kampf wird vor allem<br />
über den Preis geführt. Doch diese Preisersparnis<br />
durch das <strong>Taxi</strong>-Teilen hat selbst auch<br />
ihren Preis, denn die Umsetzung des Konzeptes,<br />
das neue Kunden mit einer Ersparnis<br />
werben soll, ist alles andere als trivial. Die<br />
technische Komplexität mag gelöst sein. Um<br />
das geteilte <strong>Taxi</strong> nun zu einem Erfolg werden<br />
zu lassen, ist jetzt die Mitarbeit von Unternehmern<br />
und Genossenschaften gefragt.<br />
Die Programmierer von mytaxi haben<br />
bereits Erfahrungen mit der Sharing-Option<br />
in Warschau sammeln können, FMS, die<br />
Software, die bei Hansa-Funk und damit<br />
auch bei der App taxi.eu eingesetzt wird,<br />
war vor Hamburg bereits in Wien getestet<br />
worden. Der jetzige Start in Hamburg dürfte<br />
sehr schnell auch für alle anderen FMS-Zentralen<br />
in Europa eine Option werden.<br />
Robert Abel, Mitglied der Geschäftsleitung<br />
von FMS, erklärte auf der Eurocab im<br />
Juni die Erfordernisse eines solchen Systems.<br />
Zunächst müsse der Kunde bereit<br />
sein, statt der sofortigen Fahrt ein Zeitfenster<br />
sowie eine abweichende Fahrtstrecke zu<br />
akzeptieren. Als Nächstes müsse die Strecke<br />
optimiert werden. So weit, so gut, aber was,<br />
wenn der zweite Kunde bestellt, aber nicht<br />
kommt? Natürlich können die Mehrkosten<br />
nicht dem ersten Kunden auferlegt werden.<br />
STORNOGEBÜHREN SIND NÖTIG<br />
Dafür werden Allgemeine Geschäftsbedingungen<br />
benötigt, in denen Stornogebühren<br />
vereinbart werden. So kann das System nur<br />
mit einer In-App-Bezahlung funktionieren,<br />
bei der die Beträge abgebucht werden können,<br />
wenn der Fahrgast nicht oder zu spät<br />
erscheint. Die Payment-Lösung funktioniert<br />
bei taxi.eu mittlerweile.<br />
Jetzt ist Initiative bei den Unternehmen<br />
und Genossenschaften gefragt, wenn es um<br />
die Schulung der Fahrer und Ausrüstung<br />
der Fahrzeuge geht. Das Konzept sieht vor,<br />
dass der Fahrer Ein- und Ausstiege der einzelnen<br />
Fahrgäste einer Sammelfahrt dem<br />
System meldet, von dem dann automatisiert<br />
der anteilige Fahrpreis errechnet wird. Dieser<br />
wird dann vom Fahrer entweder in bar<br />
oder über Payment abgerechnet.<br />
Besonders wichtig sei aber, so Abel, dass<br />
die örtlichen Tarifbestimmungen eine Teilbarkeit<br />
der Grundgebühr zulassen. Auch<br />
hier sind wieder die Verbände und Unternehmen<br />
gefragt, ihren Tarif zu überprüfen.<br />
Lässt die örtliche Tarifordnung ein Teilen<br />
des Fahrpreises oder <strong>Taxi</strong>s nicht zu, müssen<br />
die Akteure vor Ort mit der Politik verhandeln.<br />
Ob mytaxi das für seine einzeln angeschlossenen<br />
<strong>Taxi</strong>unternehmen übernimmt?<br />
Darüber schweigt sich das Unternehmen in<br />
seiner Ankündigung aus.<br />
VERSTECKTE RABATT-AKTION<br />
Stattdessen hat man schon konkrete Pläne,<br />
wie man „mytaxi match“, so nennt die<br />
Daimler-Tochter das geteilte <strong>Taxi</strong>, für weitere<br />
versteckte Rabatt-Aktionen missbrauchen<br />
kann. Man bietet den Kunden eine<br />
„Garantie“, dass sie in jedem Fall 50 Prozent<br />
des Fahrpreises sparen können, wenn<br />
sie die Option des <strong>Taxi</strong>-Teilens bei der<br />
Bestellung wählen – auch für den Fall, dass<br />
keine Sammelfahrt zustande kommt. Der<br />
versteckte Rabatt wird in Form eines elektronischen<br />
Gutscheins für künftige Bestellungen<br />
gewährt.<br />
mytaxi verstößt mit dieser aggressiven<br />
Taktik bewusst gegen eine Vielzahl gerichtlicher<br />
Entscheidungen, in denen ähnliche<br />
Rabattaktionen verboten wurden. Doch<br />
das müssen Zentralen wahrscheinlich<br />
wieder durch neue, abermalige Gerichtsverfahren<br />
klären lassen, aber wie sagte<br />
Bertolt Brecht: „Wer kämpft, kann verlieren.<br />
Wer nicht kämpft, hat schon verloren.“<br />
<br />
jh, prh<br />
TAXI NOVEMBER / 2017<br />
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