Taxi Times DACH - Januar 2018
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GASTKOMMENTAR<br />
JAAA NEIN<br />
ALLES EINE UNENDLICHE<br />
GESCHICHTE, ODER WAS?<br />
Eine Stadt in Rheinland-Pfalz verwirrt mit höchst unterschiedlichen<br />
Ankündigungen das dortige <strong>Taxi</strong>gewerbe.<br />
FOTOS: Fotolia/ pathdoc, <strong>Taxi</strong> <strong>Times</strong><br />
Ludwigshafen am Rhein ist eine Industriestadt<br />
mit Rheinblick, großem Chemiewerk<br />
und rühriger Verwaltung<br />
im Bereich des Personenbeförderungsrechts.<br />
Jahrelang wurden dort Prozesse und<br />
Gerichtsverfahren über zusätzliche <strong>Taxi</strong>genehmigungen<br />
geführt, Gutachten beauftragt<br />
und zuletzt sogar strenge Plausibilitätsprüfungen<br />
und die Durchsetzung insika-abhängiger<br />
Taxameterlösungen angekündigt. Streit<br />
und Diskussionen mit dem Gewerbe sind<br />
sozusagen dort Programm.<br />
Dabei erschien Ludwigshafen, von außen<br />
aus der Sichtweise eines <strong>Taxi</strong>unternehmers<br />
betrachtet, als zumindest paradiesähnlicher<br />
<strong>Taxi</strong>standort: Umsatzvolumina weit über<br />
Bundesdurchschnitt, völlig plausible Datenangaben<br />
durch die Unternehmen im Verfahren<br />
der Datenerhebung, aber auch eine gute<br />
Auslastung der Betriebe, die ein Auskommen<br />
erlaubt, das in weiten Teilen der Republik<br />
seinesgleichen suchte.<br />
Nun aber soll alles anders werden: Riet das<br />
Gutachterunternehmen noch im Dezember<br />
2016 von der Freigabe der höchstzulässigen<br />
Genehmigungsanzahl von 81 Konzessionen<br />
ab, so ist nun der Paradigmenwechsel seitens<br />
der Behörde vollzogen worden.<br />
Just jene Verwaltung, die noch im Dezember<br />
2016 für den Erhalt der Höchstanzahl<br />
an <strong>Taxi</strong>s i. S. v. § 13 Abs. 4 PBefG vor dem<br />
Oberverwaltungsgericht heftig stritt, geht<br />
nun „zurück auf Los“ und verkündet stolz,<br />
es nunmehr nach dem „Hamburger Modell“<br />
versuchen zu wollen. Die Begründung hierzu<br />
klingt geradezu bestechend simpel, schließlich<br />
diskutiere man ja Gesetzesänderungen,<br />
die den strengen Ordnungsrahmen des<br />
PBefG aufheben sollen. Der Protest der örtlichen<br />
<strong>Taxi</strong>betriebe gegen diese Vorgehensweise<br />
war noch nicht verhallt, da gab es die<br />
nächste Kehrtwende: Zwar werde das Gutachter-Unternehmen<br />
künftig, sozusagen als<br />
Verwaltungshelfer, im Rahmen der Verlängerung<br />
oder Erneuerung der Genehmigung<br />
die Plausibilität prüfen, eine Freigabe der<br />
Konzessionen insgesamt wolle man jedoch<br />
nicht in Aussicht stellen.<br />
UMKEHR VON DER KEHRTWENDE<br />
Also wieder eine Kehrtwende, oder wie?<br />
Genau zwei Wochen später – anlässlich eines<br />
weiteren Rechtsstreits der Verwaltungsbehörde<br />
– die erneute Umkehr: Auf die Frage<br />
des Gerichts, ob künftig an einer Begrenzung<br />
der Höchstanzahl festgehalten werde oder<br />
nicht, wurde seitens der städtischen Rechtsvertreterin<br />
die Freigabe der Höchstanzahl<br />
der Konzessionen mitgeteilt. In öffentlicher<br />
Verhandlung vor dem zuständigen Verwaltungsgericht<br />
Neustadt (Az.: 3 K 307/16).<br />
Warum veröffentlicht dann aber zwei<br />
Tage später die Stadtverwaltung eine Pressemitteilung,<br />
die gerade diesen Umstand<br />
negierte? Dass man da leicht den Überblick<br />
verlieren kann, ist mehr als verständlich.<br />
Dass <strong>Taxi</strong>unternehmen sich zu Recht über<br />
solcherlei Vorgehen empören, ist ebenfalls<br />
mehr als verständlich, und ob dies Rechtsfrieden<br />
schafft, mehr als fraglich. Unternehmen<br />
brauchen vor allem verlässliche<br />
Bedingungen. Um Planungssicherheit zu<br />
erlangen, ihre Disposition in finanzieller Hinsicht<br />
vorherzusehen und ihren Mitarbeitern<br />
verlässlicher Arbeitgeber zu sein. Auch um<br />
plausible Betriebsergebnisse zu produzieren<br />
und vor allem, um den gesetzlichen Auftrag<br />
als Ergänzung zum ÖPNV zu erfüllen.<br />
Da ist der Versuch als Methode grundsätzlich<br />
unangebracht, ständiges Hin und<br />
Her fehl am Platz und ein Spekulieren über<br />
eine geänderte Gesetzeslage in der Zukunft<br />
falsch. Verlässliches Verwaltungshandeln<br />
setzt die Umsetzung geltender Vorschriften<br />
voraus, nicht aber einen vorauseilenden<br />
Gehorsam.<br />
Ansonsten wird die „Prozessgeschichte“<br />
in Ludwigshafen tatsächlich zur unendlichen<br />
Geschichte. <br />
au<br />
Axel Ulmer ist ausgebildeter Volljurist mit Schwerpunkt<br />
Verwaltungsrecht/PBefG und fungiert als<br />
Unternehmensberater für die Ulmer Consulting<br />
UG in Kaiserslautern.<br />
TAXI DEZEMBER 2017 / JANUAR <strong>2018</strong><br />
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