Taxi Times DACH - Januar 2018
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WETTBEWERB<br />
GOLIATH MYTAXI:<br />
DIE WAHREN ZIELE UNTER DAIMLERS STERN<br />
Für wen fahren und<br />
werben wir da eigentlich?<br />
David gegen Goliath, Teil 1:<br />
Warum drängt Daimler auf den Markt der <strong>Taxi</strong>-Vermittlung, wenn<br />
der Verkauf von <strong>Taxi</strong>s mit dem Stern auf der Haube jahrzehntelang<br />
ein sicheres Geschäft war? Die Antwort sollte wachrütteln.<br />
Wenn jemand ein Interview gibt,<br />
so ist es üblich, das fertige<br />
Interview vor der Veröffentlichung<br />
von Zitaten dem Urheber zur Kon trolle<br />
vorzulegen. Manchmal streicht auch die Presseabteilung<br />
eines Konzerns Passagen, denn<br />
es geht hier um viel Geld. Doch das Magazin<br />
„t3n“ machte das nicht, nachdem es mytaxi-<br />
Geschäftsführer Andrew Pinnington interviewt<br />
hatte. Die Aussagen des Briten sind also<br />
„ungeschönt“ und deshalb umso bemerkenswerter.<br />
Das Ergebnis lässt aufhorchen.<br />
In erster Linie gehe es der Konzernmutter<br />
Daimler vor allem um das strategisch<br />
wichtige Ziel, sich Marktanteile beim Autonomen<br />
Fahren und die Bindung von Kunden<br />
an die Fahrroboter der Zukunft zu sichern.<br />
Insgesamt sei man mit mytaxi im „Investitions-Modus“,<br />
in dem Profitabilität hinter<br />
dem Wachstum zurückstehen müsste.<br />
Dabei müsse man besonders im außereuropäischen<br />
Ausland aggressiv wachsen.<br />
Deutschland hingegen sei wie Großbritannien<br />
ein „reifer“ Markt, der auch aufgrund<br />
seiner Regulierungen nur langsames<br />
Wachstum zulasse. Hier werde man weniger<br />
aggressiv vorgehen als zum Beispiel in<br />
Polen, wo mytaxi auch bereits das geteilte<br />
<strong>Taxi</strong> (Pooling) anbietet. Bis man in Deutschland<br />
das Pooling anbieten könne, würde es<br />
noch ein bisschen dauern, stellte Pinnington<br />
Mitte November fest. Keine zwei<br />
Wochen später gab das Unternehmen den<br />
Pooling-Start in Hamburg bekannt (siehe<br />
Seite 18), gekoppelt mit dem Versprechen,<br />
dass man den Kunden auch dann 50 Prozent<br />
Nachlass gewähre, wenn keine geteilte<br />
Fahrt zustande käme. Rabattaktionen im<br />
Kampf um den Kunden seien in Deutschland<br />
„relativ teuer“, gibt Pinnington gegenüber<br />
„t3n“ zu Protokoll.<br />
»Noch setzen<br />
wir auf die gute<br />
Zusammenarbeit<br />
mit dem <strong>Taxi</strong>.«<br />
Andrew Pinnington<br />
Bislang sei mytaxi hauptsächlich in Ballungsräumen<br />
vertreten und Pinnington<br />
erwartet, dass sich das nur langsam ändern<br />
wird, wenn Robotertaxis sich ausbreiten und<br />
kostengünstiger sind. Das sei eher in 20 als<br />
in 10 Jahren der Fall, schätzt der Brite ein.<br />
Er weicht damit von der Ankündigung aus<br />
der Konzernzentrale, <strong>Taxi</strong>fahrer schon in<br />
wenigen Jahren ersetzen zu können, ab. Bis<br />
dahin setze man noch auf die Zusammenarbeit<br />
mit dem „traditionellen <strong>Taxi</strong>“, das<br />
einen guten Job mache.<br />
KAMPF UM MARKTANTEILE IM<br />
AUSLAND<br />
Der Daimler-Konzern strebt seit Längerem<br />
ganz offiziell an, der weltweit führende<br />
Anbieter sogenannter „Mobilitätsdienstleistungen“<br />
zu werden. Solche Bestrebungen<br />
sind erst der Anfang der Reise zum Autonomen<br />
Fahren. Wachstumsmärkte seien<br />
Singapur, aber auch Nord- und Südamerika,<br />
wo mytaxi – laut Aussage Pinningtons –<br />
bereits durch Beteiligungen präsent sei.<br />
Dort, auf weniger regulierten Märkten,<br />
würden sich Car-Pooling und Robotertaxis<br />
eher durchsetzen als in Deutschland.<br />
Aber damit nicht genug. Mit Dutzenden<br />
Beteiligungen an Start-ups und Technologie-Schmieden<br />
geht es ganz klar in Richtung<br />
Automatisierung des Transportwesens.<br />
Ob sich die Beschäftigten im <strong>Taxi</strong>gewerbe<br />
wegen den Robotertaxis Sorgen machen<br />
müssen? Andrew Pinnington antwortet<br />
geschickt: „Ich glaube, es wird immer noch<br />
eine Menge Beschäftigung geben, wenn es<br />
so weit ist. Die Art des Jobs wird sich nur<br />
verändern.“ Seiner Meinung nach wird es<br />
einen Bedarf geben an Servicekräften, die<br />
die Fahrten begleiten und optional buchbar<br />
sind. <br />
prh<br />
FOTOS: <strong>Taxi</strong> <strong>Times</strong>, Fotolia / leremy<br />
4 DEZEMBER 2017 / JANUAR <strong>2018</strong> TAXI